Beschreibung: Bahnwanderweg
Startpunkt: Bahnhof Semmering
Endpunkt: Bahnhof Gloggnitz
Länge: 23 km
Gehzeit: ca. 6,5 Stunden
Die Semmeringbahn, die von Gloggnitz über den Semmering nach Mürzzuschlag führt, wurde von Carl von Ghega geplant und 1854 als erste normalspurige Gebirgsbahn Europas eröffnet. Seit 1998 gehört sie zum UNESCO-Weltkulturerbe. An der Bahnstrecke entlang führt ein Wanderweg in zwei Abschnitten – der steirische Bahnwanderweg von Mürzzuschlag bis Semmering und der niederösterreichische Bahnwanderweg, der von Semmering bis Payerbach-Reichenau oder Gloggnitz führt. Ich habe die niederösterreichische Variante bis Gloggnitz gewählt und die hatte es in sich, denn es waren nicht nur 23 Kilometer (bei mir waren es dank geplanter und ungeplanter Umwege aber mind. 25), sondern auch etwa 500 Höhenmeter zu überwinden. Die Anstrengung hat sich aber zumindest auf der ersten Hälfte der Strecke mehr als gelohnt!
Die Wanderung startete bei wolkigem Himmel und angenehmen Temperaturen am Bahnhof Semmering. Entlang der Bahn ging es bergauf und bergab durch kühle Wälder vorbei am alten Kurhaus Semmering zur Station Wolfsbergkogel.
Vom Wolfsbergkogel ging ein Abstecher zur Doppelreiterwarte, von der aus man einen tollen Rundumblick hat – so toll, dass ich danach eine falsche Abzweigung nahm und gleich ein zweites Mal an der Doppelreiterwarte vorbeikam …
Kurz nach der Doppelreiterwarte kam ich zu einem weiteren Highlight, dem „20-Schilling-Blick“, der Ansicht, die auf dem alten 20-Schilling-Schein abgebildet war (wenn auch von einem etwas anderen Blickpunkt aus).
Durch schattige Waldwege ging es weiter, bis sich der Blick zum Viadukt über den unteren Adlitzgraben öffnete.
Mit solchen Ausblicken flogen diese ersten Kilometer nur so an mir vorüber, obwohl es auch einige Male bergauf ging. Die Informationstafeln zur Geschichte der Semmeringbahn, die es in regelmäßigen Abständen gab, ließen die Zeit umso schneller vergehen. Ich machte kurz Rast, um meinen mitgebrachten Apfel und einige Nüsse zu essen und gönnte mir beim Ghega-Museum (das ich aus Zeitgründen nicht besuchte) einen Kaffee, entschied mich aber dagegen, hier bereits eine längere Mittagspause einzulegen, obwohl es inzwischen schon nach 12 Uhr war. Länger pausieren und etwas essen wollte ich erst, wenn ich zumindest die Hälfte des Weges geschafft hätte – ein Fehler, wie sich dann später herausstellen sollte. 😉
Vorerst lief aber noch alles perfekt und ich bestaunte die beeindruckenden Ausblicke zuerst über das Viadukt über den Adlitzgraben von oben und dann auf das nächste Viadukt Kalte Rinne – das ist jenes, das ich vorher aus der Ferne vom 20-Schilling-Blick gesehen hatte.
Nach meiner kleinen Kaffeepause ging es unter dem Viadukt Kalte Rinne hindurch und nun gab es zwei Wegvarianten: Eine führte geradewegs an der Straße entlang nach Klamm, die andere verlief auf einem kleinen Wanderweg oberhalb der Straße und bot die Möglichkeit, einen Arbeitsstollen in den Pollereswand-Tunnel zu betreten. Ich wählte diese zweite Wegvariante, die zwar etwas länger war und teilweise steil bergauf und bergab verlief, aber da sie nicht nur den Blick in den Stollen ermöglichte, sondern auch unmittelbar neben dem Krausel-Klause-Viadukt hinunterführte, lohnte sich der kleine Abstecher auf jeden Fall.
Anschließend mündete der Weg wieder in der Straße und es ging an dieser entlang nach Breitenstein, wo man mit dem Zug zurück nach Semmering bzw. weiter nach Payerbach-Reichenau fahren könnte. Die meisten machten das offensichtlich, denn ab hier traf ich nur noch sehr vereinzelt andere Wanderer. Von Semmering nach Breitenstein waren es 10 Kilometer – das ist also eine Wanderung von angenehmer Länge und wirklich beeindruckenden Ausblicken. Ich aber hatte noch nicht einmal die Hälfte des Weges geschafft und so marschierte ich weiter entlang der Bahnlinie Richtung Klamm.
Auf diesem Wegabschnitt hatte ich nun viel „Spaß“ mit der Beschilderung – leider habe ich das Chaos nicht fotografisch festgehalten: In Breitenstein verkündete ein Schild, dass die Gehzeit bis Klamm 1,5 Stunden wären. Eine halbe Stunde später waren es angeblich noch immer 1,5 Stunden. Keine Viertelstunde später waren es auf einmal nur noch 40 Minuten, ehe kurz darauf ein Schild verkündete, es wären noch 50 Minuten. Alles klar …
Als wäre diese schlechte Beschilderung noch nicht genug, benötigte ich dringend eine Pause, ein (spätes) Mittagessen und Wasser, um meine Flasche wieder aufzufüllen. Laut Wanderbroschüre, die ich am Morgen von der Information am Bahnhof mitgenommen hatte, sollte es kurz vor Klamm einen Mostbauern geben. Dieser war ein paarmal auch ausgeschildert, aber erst, als die Schilder verschwanden und er weit und breit nicht in Sicht war, wurde mir bewusst, dass dieser auf der anderen Seite der Bahngleise war. Ich machte ein paar Umwege auf der Suche nach einem Übergang, gab aber schließlich auf, als ich auch beim nächsten Viadukt keinen Weg hinüber fand.
In Klamm gab es dann einen Übergang, und da hier der Mostbauer mit etwa 15 Minuten Gehzeit angeschrieben war, beschloss ich dorthin zurückzugehen, auch wenn der Weg auf der Straße bergauf und in der Sonne nicht sehr einladend wirkte. Es war in der Tat eine schweißtreibende Viertelstunde und am Ende fand ich noch nicht einmal einen Mostbauern vor. Ich probierte also die in der Broschüre angegebenen Telefonnummern: Bei der Festnetznummer meldete sich niemand, bei der Handynummer erklärte mir eine ziemlich genervte Frau, dass es den Mostbauern schon seit etwa zwei Jahren nicht mehr geben würde. Ratet mal, wer noch genervt war!
Da stand ich also nun, vor mir noch gut zwei Stunden Wegstrecke, hungrig, müde und ohne weitere Wasservorräte, und zu allem Überfluss hatte ich nun auch einen Umweg gemacht, der mich insgesamt eine weitere halbe Stunde gekostet hatte. Zu diesem Zeitpunkt zog ich in Erwägung, zumindest bis zur nächsten Haltestelle Eichberg mit dem Zug zu fahren, aber eine kurze Recherche ergab, dass ich gerade einen Zug verpasst hatte und der nächste erst in zwei Stunden fahren würde. Also marschierte ich weiter, hielt bei Bauernhöfen Ausschau nach Bewohnern, die mir meine Wasserflasche auffüllen könnten, wurde aber nur mehrmals von Hunden verbellt. Eine knappe Stunde später stieß ich dann auf ein Häuschen an der Bahn, wo ich eine Frau antraf. Dort gab es zwar keinen Trinkwasseranschluss, aber die Frau war so nett mir meine Flasche mit Mineralwasser zu füllen, wofür ich ihr sehr dankbar war.
Diese Erleichterung für die letzten Kilometer nach Gloggnitz war auch bitter nötig, denn der Weg verlief nun bergab in der Sonne an der Straße entlang. In Gloggnitz widmete ich dem Schloss nur einen kurzen Blick, ehe ich mir etwas zu essen und zu trinken kaufte und um 19:00 zurück in den Zug nach Wien stieg.
Als Fazit bleibt mir zu sagen, dass der erste Abschnitt dieser Wanderung unglaublich schön und sehr empfehlenswert ist! Die Blicke auf die Semmeringbahn und die Informationen, die man dazu lesen kann, lohnen sich auf jeden Fall. Ab Breitenstein oder Klamm würde ich aber den Zug nehmen, denn besonders der letzte Wegabschnitt nach Gloggnitz ist mühsam und hat noch nicht einmal allzu schöne Ausblicke zu bieten. Ich bin auch auf dem gesamten Weg von Klamm nach Gloggnitz keinem einzigen anderen Wanderer begegnet. Möglicherweise ist die Variante nach Payerbach besser.
Alles in allem eine beeindruckende, aber auch sehr herausfordernde Tour. Rückblickend würde ich auch sagen, dass eine Strecke von einer solchen Länge zuviel ist, wenn man noch jeweils knapp zwei Stunden An- und Abreise am selben Tag bewältigen muss. Aber trotz diverser Widrigkeiten habe ich es letztendlich gut bewältigt und war danach um einige Erfahrungen reicher.
😀 Die Doppelreiterwarte heißt ja auch nicht umsonst DOPPELreiterwarte. Die musstest du ja quasi zwei Mal sehen. 😉
Oh Mann, du Arme. Das mit dem Mostbauern tut mir total leid! Dass die Frau dann auch noch genervt reagiert, finde ich ganz schön frech. Gut, dass du trotzdem noch dein Wasser bekommen hast.
Ich habe beim Lesen wirklich mit dir mitgelitten. Die Bilder sind aber wieder wunderschön. <3
Haha, genau, ich hab es als einzige richtig gemacht mit der Doppelreiterwarte. 😉
Bei der Mostbauern-Sache war ich sehr frustriert – und hab mich auch über mich geärgert, dass ich nicht gleich vor dem Umweg angerufen und mich erkundigt habe. Aber nichtsdestotrotz war es eine sehr schöne Wanderung!
Wow, du hast da wirklich ein paar wunderschöne und beeindruckende Ausblicke eingefangen! Das Viadukt sieht toll aus und es ist bestimmt noch faszinierender, wenn man danebensteht und hinaufschaut. 🙂
Dass die Wirtschaft immer noch (teilweise) ausgeschildert und überhaupt die Beschilderung so bescheiden war, ist wirklich verflixt ärgerlich! Ich weiß, dass das in Deutschland (und vermutlich auch in Österreich?) vor allem von Wandervereinen gemacht wird, aber gerade die sollten doch wissen wie wichtig eine korrekte und relativ aktuelle Beschilderung ist. Umso schöner ist es, dass du am Ende doch ein positives Fazit deiner Wanderung schließen konntest. Und ich bin mir sicher, das war ein gutes Training für kommende Strecken. 🙂
Ja, die Viadukte waren ziemlich beeindruckend!
Die Beschilderung und die Sache mit dem Wirtshaus waren in der Tat nervig. Ich wollte da ohnehin noch hinschreiben, da ich so den Verdacht hatte, dass die Strecke nach Breitenstein (und erst recht die nach Klamm) so wenig bewandert wird, dass es nur wenigen auffällt. Meine Mutter meinte allerdings, dass sie dieses Problem der widersprüchlichen Zeit-/Streckenangaben bei ihren Wanderungen auch ab und zu mal hat. Ich bin ja sowieso ein Fan von Kilometerangaben, da die Dauer für mich nur wenig aussagekräftig ist (jeder hat schließlich sein eigenes Gehtempo).
Ich finde solche Angaben in Kilometern auch besser – auch wenn es da je nach Steigung ja auch sehr schwankendes Gehtempo gibt. 😉