Meine erste Etappe auf der Via Sacra war mit 23 km und knapp 600 Höhenmetern nicht direkt ein sanfter Einstieg, aber auch nicht allzu schwierig. Vom recht intensiven Aufstieg nach Holzschlag am Ende der Etappe mal abgesehen ging es sonst vor allem gemütlich in der Ebene, mit kurzen Auf- und Abstiegen dahin. Landschaftlich hatte diese Etappe nicht so viel zu bieten wie die folgenden, dafür kulturell um so mehr.
Nach einer eher unruhigen und kurzen Nacht ging es morgens mit Schnellbahn und Bus nach Hinterbrühl, wo ich meine fünftägige Wanderung auf der Via Sacra startete. Zunächst ging es ein kurzes Stück auf der Straße entlang, wo es schon um 9 Uhr erstaunlich heiß war, ehe mich der Weg beim Versöhnungsbaum in den schattigen Wald führte.
Aus dem angenehmen Waldweg wurde aber bald die reinste Wildnis. Ich kämpfte mich durch Dickicht und hohes Gras und dachte mir ein paarmal „Das kann ja wohl nicht euer Ernst sein!“ Aber doch, ich war noch immer auf dem richtigen Weg.
Zum Glück konnte ich dieses Dickicht schließlich hinter mir lassen und pflückte gleich mal vier herumwandernde Zecken von meinen Beinen. Dann ging es auf deutlich angenehmeren Wegen und durch idyllische Wälder weiter nach Gaaden, wo ich die Kirche besichtigte.
Vor der Kirche gab es außerdem einen interessanten Wegweiser, der wohl oft als Fotomotiv herhalten muss:
Als ich den Ort verließ, bestieg ich noch kurz den „Ölberg von Gaaden“ mit Skulpturen von Giovanni Giuliani, ehe ich an einem kleinen Teich meine erste Pause machte.
Nach der Pause ging es mit neuem Schwung weiter in Richtung Heiligenkreuz – zuerst durch Felder in der Sonne, später wieder durch schattigen Wald. Da ein paar Wolken aufgezogen waren und es etwas windig war, waren die heißen Temperaturen jetzt auch gut zu ertragen. Ich wanderte also ein paar Kilometer sehr gemütlich und ruhig dahin; da sonst keine Menschenseele zu sehen war, vertrieb ich mir die Zeit mit Singen (Lieder wie The Animals Went in Two By Two haben mich schließlich schon am Jungscharlager beim Wandern vorangetrieben, die passen wohl auch fürs Pilgern).
Am frühen Nachmittag erreichte ich dann über einen Kreuzweg das Stift Heiligenkreuz, bei dem ich eine Kaffeepause machte.
Inzwischen hatte ich etwa zwei Drittel des Weges geschafft und hätte auch noch Zeit gehabt mir das Stift anzuschauen, aber ich habe das schon einmal bei einem Kurzurlaub vor ein paar Jahren besichtigt. Daher machte ich mich nach der Pause wieder auf und wanderte über Wiesen, durch Wälder und auf Straßen nach Mayerling. Hier könnte man sich im Schloss die Ausstellung über den Tod von Kronzprinz Rudolf und Mary Vetsera ansehen, aber auch diese kannte ich schon von besagtem Kurzurlaub.
Statt also Kulturprogramm in meinen ersten Tag einzuflechten, ließ ich Mayerling flott hinter mir und wanderte weiter nach Maria Raisenmarkt – nun hauptsächlich in der Sonne, die ordentlich auf mich herabbrannte. Gerade, als ich mich schon sehr nach einer kleinen Erholung im Schatten sehnte, tauchte vor mir wie gerufen eine Bank unter einem Baum auf, wo ich mich kurz erholte.
Diese kleine Verschnaufpause war auch bitter notwendig, denn kurz nach Maria Raisenmarkt führte der Weg zwar wieder in kühlen Wald, aber hier ging es nun als großes Finale eine gute halbe Stunde lang steil bergauf.
Dieser letzte Wegabschnitt hatte es in sich – schließlich hatte ich zu dem Zeitpunkt auch schon einige Kilometer in den Beinen. Aber das Wissen, dass ich es danach für heute geschafft hätte, trieb mich voran. Ziemlich müde und verschwitzt kam ich um kurz nach halb fünf beim Gasthof am Holzschlag, meiner ersten Unterkunft für die Nacht, an. Hier entwickelte ich gleich einmal meine tägliche Abendroutine: duschen, Wanderkleidung waschen, mit meiner Mutter telefonieren (ja, die alleinwandernde Tochter lebt noch), essen und noch kurz spazieren gehen, um die Beine zu lockern, die nach dem ersten längeren Sitzen immer fürchterlich steif waren.
Diesen äußerst lauschigen Balkon teilte ich mir mit meinen Zimmernachbarn, die mit zwei Hunden ebenfalls auf der Via Sacra unterwegs waren. Wir unterhielten uns eine Weile über die bisherige Strecke (die beiden hatten auch über die Hinterbrühler Wildnis am Beginn geflucht) und unsere weiteren geplanten Etappen, ehe ich dann den restlichen Abend mit Lesen verbrachte.
Und so hatte ich also den ersten Tag gut bewältigt – und mich zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit beim Wandern kein einziges Mal verlaufen. Der Weg war auf dieser Etappe aber auch wirklich gut ausgeschildert, was man für die nächste Etappe nicht behaupten konnte. Fortsetzung folgt! 😉
Danke, dass Du die Erfahrung mit uns teilst! Gefällt mir wirklich gut. Wenn ich nur was fürs Wandern übrig hätte …
Bin schon gespannt, wie es weitergeht.
Freut mich, dass es dir gefällt! Ich war früher auch nicht gern wandern, habe es dann vor einigen Jahren für mich entdeckt und war dann dazwischen wieder lange Zeit gar nicht. Ich muss also anscheinend auch in der „richtigen Phase“ sein.
😀 Die Vorstellung, wie du singend durch die Gegend wanderst, finde ich wirklich herzallerliebst! 😀
Die Wege waren ja echt ganz schön zugewachsen … Das stresst mich immer ein bisschen, weil ich mich dann die ganze Zeit frage, ob ich auch WIRKLICH richtig bin. Und das „Problem“, dass die richtig steilen Wege auf Fotos oft gar nicht so steil aussehen kenne ich.
Ich glaube, diesen krassen Anstieg hätte ich nicht geschafft. Wahnsinn!
Ich war auch kein großer Fan dieser zugewachsenen Wege. Es war allerdings trotzdem erkennbar, dass es noch ein Weg war und da dieser wie in der Karte verzeichnet parallel zur Straße verlief, war es relativ klar, dass ich richtig war.
Der Anstieg am Ende war ziemlich fies, aber das Wissen, dass ich danach das Etappenziel erreicht hätte, war ein sehr guter Ansporn. 😉
Mein erster Gedanke beim dem Dickichtfoto war „Zecken!“ und prompt schriebst du davon, dass du welche absammeln musstest. *schüttel* Es ist etwas schade (wenn auch vermutlich unter den aktuellen Umständen verständlich), dass die Wege stellenweise so ungepflegt sind, aber insgesamt klingt es nach einer schönen und abwechslungsreichen Strecke. Als du erwähntest, dass du beim Wandern singst, musste ich etwas schmunzeln, aber nett, dass es dich so gut hat durchhalten lassen! 🙂
Ich habe schon bei einem Erfahrungsbericht von vor ein paar Jahren von zugewachsenen Wegen gelesen, insofern dürfte es mit den aktuellen Umständen nicht zusammenhängen. Wenn ich allerdings bei anderen Temperaturen mit langer Hose und Jacke unterwegs gewesen wäre, hätte es mich nicht sonderlich gestört. Aber dafür war es einfach viel zu heiß.