Rezensionen Science Fiction

Andy Weir – Der Marsianer

Genre: Science Fiction
Seiten: 513
Verlag: Heyne
ASIN: B00KG5VKK8
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternchen

Als die Marsmission „Ares 3“ wegen eines heftigen Sturms überstürzt abgebrochen werden muss, wird Mark Watney aufgrund eines Unfalls für tot gehalten und auf dem Mars zurückgelassen. Seine einzige Hoffnung ist es, bis zur nächsten geplanten Mission „Ares 4“ zu überleben. Der verbleibende Proviant kann allerdings niemals so lange reichen und die Ausrüstung erlaubt es ihm kaum, bis zum Landeplatz von Ares 4 zu gelangen. Mark Watney braucht also einen Plan, um das Unmögliche zu schaffen: vier Jahre alleine auf dem Mars zu überleben.
Ich habe schon seit meiner Kindheit eine gewisse Schwäche für Astronomie und Raumfahrt und habe etwa den Film „Apollo 13“ bereits zigmal gesehen. In Buchform habe ich mich allerdings noch kaum an das Thema gewagt und zum Teil hat mir „Der Marsianer“ bestätigt, weshalb nicht.
Mark Watney braucht all sein Wissen und seinen Erfindungsreichtum, um sich in der ersten Zeit auf dem Mars einzurichten und sich sein weiteres Überleben zu sichern. Wie er das schafft, schildert er in aller Ausführlichkeit. Das ist einerseits zwar spannend, andererseits hatte ich aber oft massive Probleme, das alles nachvollziehen zu können. Bei einem Film hat man hier den Vorteil, dass man das alles direkt sieht. Im Buch hat man dagegen nur die Beschreibungen und wenn man sich dann manches schlichtweg nicht vorstellen kann, wird die Sache schnell anstrengend zu lesen.
Dabei ist es nicht prinzipiell uninteressant zu lesen, wie Mark in bester McGyver-Manier die Probleme angeht und sich mit dem, was ihm zur Verfügung steht, alles mögliche zusammenbastelt. Trotzdem gab es für mich vor allem am Anfang und dann auch zwischendurch noch einmal einige Durchhänger, bei denen ich schon eher das Gefühl hatte, eine Bedienungsanleitung zu lesen als einen Roman.
„Der Marsianer“ ist großteils wie ein Logbuch geschrieben, also aus der Sicht von Mark, auch wenn bei einigen Kapiteln kurz zur NASA und den restlichen Astronauten von Ares 3 gesprungen wird.
Was mich an dem Buch besonders interessiert hat, war die Frage, wie ein Mensch psychisch mit so einer Situation umgeht – und leider fällt der Roman in diesem Punkt völlig durch. Die extreme Situation, die Einsamkeit, die ständige Gefahr, das alles wirkt sich auf Mark offensichtlich gar nicht aus. Er macht keine Entwicklung durch, er scheint nie zu verzweifeln (oder hält das zumindest nicht im Logbuch fest) und behält bis zum Ende einen flapsigen, ironischen Stil bei. An Familie, Freunde oder andere Personen, die er zuhause zurückgelassen hat, werden praktisch keine Gedanken verschwendet. Dadurch wirkte Mark für mich nicht wie ein greifbarer Mensch, sondern wie ein (sehr amerikanischer) Superheld und ein reines Mittel zum Zweck: eine unglaublich flache, oft auch nicht besonders sympathische Figur, die nur dazu da ist zu zeigen, was mit Erfindungsgeist und Hartnäckigkeit alles möglich ist.
Ich muss also ehrlich sagen, dass „Der Marsianer“ auf einer emotionalen Ebene vollkommen uninteressant ist. Trotzdem ist der Roman inhaltlich spannend, wenn auch äußerst geradlinig (ein Problem entsteht und wird gelöst, das nächste entsteht und wird gelöst, usw.) und er hat mich stellenweise auch sehr gefesselt. Ob das, was Mark da so alles anstellt, auch technisch wirklich möglich ist und wie realistisch die Bedingungen auf dem Mars dargestellt werden, kann ich nicht genau beurteilen, aber man hat beim Lesen durchaus den Eindruck, dass der Autor sorgfältig recherchiert hat (auch wenn mir die Ausgangssituation mit dem Sturm in einigen Punkten etwas löchrig vorkam).
Das Buch wird übrigens von Ridley Scott und mit Matt Damon in der Hauptrolle verfilmt. Ich kann es mir als Film richtig gut vorstellen und erwarte mir davon sogar etwas mehr als vom Buch, weil vermutlich die Hauptkritikpunkte darin weniger zum Tragen kommen.

9 thoughts on “Andy Weir – Der Marsianer

  1. Ich habe das Buch als engl. Hörbuch gehört und hatte dabei einige Vokabel-Schwierigkeiten, lach. Ob die Lösungen auf dem Mars so funktionieren (wird) oder nicht, weiß ich ebenfalls nicht, aber es hörte u. fühlte sich wissenschaftlich fundiert an und vor diesem Hintergrund war dieser Aspekt für mich o.K.
    Was Du zu dem psychologischen/emotionalen Bereich schreibst, ist mir beim Hören gar nicht so aufgefallen. Jetzt, wo Du es ansprichst, Du hast recht. In dieser Beziehung gab es mehr in Bezug auf die Mitglieder der Schiffs-Crew zu erfahren. Hm, ich kann nur vermuten, dass durch meine Faszination von Plot und der Wechsel zwischen Mars, Erde u. Schiff eine "Überlagerung" stattfand.

    1. Wenn ich mir meinen Kommentar oben anschaue, dass ist die deutsche Grammatik offensichtlich für mich auch immer wieder eine Herausforderung, lach.

  2. Greeting outa spring. Neyasha.
    Ich kann mir Deine kritischen Punkte durchaus vodrstellen, pflegen die Menschen in den Staaten doch gern ihre (kurze) Staatshistorie auch als Pionier-Event. Fruchtbare Landschaften besiedelt*, mit einem Ochsen & einem Bullen riesige Viehherden gezüchtet oder eigenhändig jeden Sumpf trocken gelegt, der bei 3 nicht auf den Bäumen war. Personifizierte Tatkraft.
    Wobei 'Apollo 13' in puncto Pathos & Weihrauch jetzt auch keine Gelegenheit ausläßt. 🙂
    Gut möglich, daß Dir die "nüchterner" angelegte Miniserie "Race To Mars" (Kanada, 2007) nicht weniger gefallen könnte. Hat all das was Dir am obigen Roman abgängig war. Mögbar.

    Charakterzeichnung & deren Weiterentwicklung ist ein altes Manko des Genres; zumal wenn von Wissenschaftlern, Ingenieuren & anderen "Eierköpfen" geschrieben. Ist aber auch schon lange nicht mehr die Regel.
    Erwähnte ich schon James Tiptree jr im Zusammenhang!?

    Offensichtlich kommt die menschliche Verzweiflung aber nicht an die eines Sam Bell heran (Duncan Jones' 'Moon'). Ob Ridley Scott hier noch etwas zu reißen vermag?! Immerhin ist seine eigene Weiterführung der 'Alien'-Story zur puren Enttäuschung geraten.

    Sorry – ich bin wieder filmlastig geworden… 😉

    bonté

    * die alteingeseßenen Bewohner gerne einmsl ausblendend

    1. "Apollo 13" liebe ich völlig unkritisch, allem Pathos zum Trotz. Vielleicht, weil da auch viel nostalgischer Blick mit dabei ist (ich habe den Film zum ersten Mal gesehen, als ich 13 Jahre alt war) und vielleicht auch deshalb, weil das Scheitern der Mission an sich für ein gewisses Gleichgewicht sorgt. Und zumindest könnte ich mich da nicht drüber beschweren, dass die Emotionen fehlen. 😉
      "Race to Mars" werd ich mir mal merken, danke für den Tipp.

      Ich bezweifle, dass Ridley Scott in punkto Charakterentwicklung das Ruder rumreißen wird, aber zumindest das "Gebrauchsanweisung"-Problem sollte sich bei einem Film erübrigen. Und wenn man einen Menschen von außen betrachtet, kann man vielleicht auch eher über ein etwas … karges … Innenleben hinwegsehen als wenn man das ganze aus dessen Sicht liest.

  3. Ich stecke immer noch in dem Roman fest… Dieser Mark ist mir inzwischen echt unsympahisch. Das ist so ein Typ, dem ich im echten Leben aus dem Weg gehen würde. Daher bin ich nicht so sehr an der Geschichte interessiert, wie das mit einer interessanten, vielleicht gar symoathischen Figur der Fall wäre. Übrigens habe ich auch Probleme, mir Matt Damon in dieser Rolle vorzustellen.

  4. Oh, mit Matt Damon? 😀 Das wusste ich noch nicht.
    Ich hab mir eine Leseprobe zu dem Roman besorgt, weil so viel davon geschwaermt wird. Bin aber noch nicht ueberzeugt..

  5. Schade, dass dich das Buch nicht überzeugen konnte. Ich möchte aber behaupten, dass nicht alle Science Fiction Bücher voller technischer Beschreibungen sind 😉 persönlich hatte ich schon viele gute Erfahrungen in dem Bereich.
    Ich hoffe, du findest auch noch ein gutes Buch mit dem Thema für dich.

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