Lesegeplauder

Eine glühende Verteidigung der Fantasy

Während ich in London war, wurden die Bücherblogs offensichtlich von einem großen Thema überrollt: die „Qualität“ von Blogs, Rezensionen und Büchern/Genres ganz allgemein. Ich wollte dazu ursprünglich nichts schreiben, zumal mich das hier auf meinem Blog eh kaum berührt. Ich selbst lese ohnehin quer durchs Gemüsebeet, kümmere mich wenig um Klickzahlen, solange ich nur weiterhin meine wunderbare, treue kleine Leserschar habe und nach einer kleinen Lesekrise zu Beginn meines Literaturstudiums (ich hatte auf einmal das Gefühl, ich müsste mich dafür schämen, gern Krimis und Fantasy zu lesen) ist es mir inzwischen ziemlich egal, was andere von meiner Buchauswahl halten.
Dann habe ich aber zuerst einen elendslangen Kommentar bei Soleil begonnen, hatte dann das Gefühl, dass dieser eigentlich besser unter den Artikel von Thomas Brasch passen würde. Dort wurde der Kommentar länger und länger und passte irgendwann nur noch am Rande zum Thema, also entschied ich mich dazu, stattdessen einen eigenen Beitrag hier zu schreiben.
Es gäbe zu dem Artikel einiges zu diskutieren – von seinem Abwatschen der Booktuberin Sara Bow (deren Videso mich übrigens zum Fremdschämen bringen, um ehrlich zu sein) angefangen bis hin zu dem Satz „Wer mit 16 Jahren Fantasy-Fiction und sonstige eskapistische Trivialliteratur liest, wird sich nicht Jahre später der Indie-Literatur hinwenden oder begeistert Virginia Wolff, Juli Zeh, Albert Camus, Thomas Bernhard, Reinald Goetz etc. lesen.“
Das einzige, das ich hier aber diskutieren möchte, ist die „Qualität“ von Fantasybüchern.
Ich weiß nicht, weshalb immer wieder Fantasy als das Paradebeispiel eines minderwertigen Genres herhalten muss. Ich möchte dazu vorausschicken, dass ich durchaus der Meinung bin, dass Bücher in ihrem Anspruch unterschiedlich sind. Das hat für mich nichts damit zu tun, dass ich hier in gute oder schlechte Literatur unterscheiden möchte oder es irgendwie verwerflich finde, wenn Bücher „nur“ Unterhaltung sind. Trotzdem braucht man, glaube ich, nicht darüber diskutieren, dass es sich etwa bei Bernhards „Heldenplatz“ um ein anspruchsvolleres Werk handelt als bei „Harry Potter“ – was letzteres nicht im Geringsten abwerten soll.
Man kann wohl jeglicher Genreliteratur vorwerfen, dass sie ja „nur“ der Unterhaltung diene (selbst wenn – warum ist das negativ?), aber dennoch schießen sich die meisten immer auf Fantasy ein. Schon bei meinem Studium hatte ich das Gefühl, dass der absurdeste blutrünstige Thriller oder der kitschigste Liebesroman noch eher als Lektüre einer Literaturstudentin geduldet wird als ein Fantasyroman. Denn fällt die Bezeichnung Fantasy, ist meist der Eskapismus-Vorwurf nicht weit. Ganz so, als könnte einem Fantasy nichts über unsere Welt lehren, als würden nicht manche phantastische Romane aktuelle Themen ansprechen und unserer Gesellschaft einen Spiegel vorhalten.
Wenn dann einmal anerkannt wird, dass Fantasy auch genau das sein kann, dann ist die Schlussfolgerung meistens, dieses Buch wäre nicht wirklich Fantasy. Stellvertretend dafür die Aussagen des Goldmann-Verlages zur Neuinszenierung der Pratchett-Romane vor einigen Jahren. Da sagt etwa die Lektorin Vera Thielenhaus: „Nichts gegen Fantasy, aber Pratchett wird unter Wert verkauft. Er ist viel mehr als ein Genreautor, weil er so wunderbar bissig-witzig und intelligent erzählen kann. Seine Romane spielen zwar in einer magischen Welt, doch die entpuppt sich schnell als Spiegelbild unserer Gesellschaft.“
Und danach legt der Artikel noch eins drauf: „Auch auf der Insel war der heute 62-Jährige viele Jahre auf fantastische Literatur festgelegt, doch längst gilt er als brillanter Satiriker und scharfsinniger Gesellschaftsporträtist, dem die Queen 2008 wegen seiner Verdienste um die Literatur sogar die Ritterwürde verliehen hat.“
Die Aussage dahinter? Nicht etwa, dass Fantasyromane auch intelligent und scharfsinnig und satirisch sein können. Nein, wenn sie intelligent, scharfsinnig und satirisch sind, wird ihnen die Bezeichnung Fantasy nicht mehr gerecht. Das ist, als würde ich sagen, dass Fisch fürchterlich schmeckt, aber da Lachs gut schmeckt, kann es sich dabei wohl nicht um einen richtigen Fisch handeln.
Dabei haben die, die so gegen Fantasy hetzen, meist nicht viel Ahnung von dem Genre, oder – um bei meinem Vergleich zu bleiben – sie haben noch nicht sehr viel Fisch gegessen.
Auch Thomas Brasch räumt in den Kommentaren ein, dass ihm durchaus bewusst sei, dass es auch anspruchsvollere Fantasy gäbe, denn er würde gerade selbst seinem Kind Harry Potter vorlesen ….
Also nichts gegen Harry Potter – ich habe selbst die Bücher verschlungen, liebe sie heiß und innig, finde sie handwerklich auch sehr gut und bin gerade vor einer Woche mit einem Kloß im Hals in den Filmstudios vor dem großen Hogwarts-Modell gestanden, aber das ist doch kein Beispiel für anspruchsvolle Fantasy.
Bei anspruchsvoller phantastischer Literatur denke ich an Mervyn Peake, Hans Bemmann, Jorge Luis Borges oder Evangeline Walton; wenn man die Genregrenzen in Richtung Science Fiction ausweitet auch Doris Lessing und Margaret Atwood. Und was die sprachliche Qualität betrifft, brauchen sich Tolkien, Rothfuss, McKillip oder Kay nicht hinter Zeh und Co verstecken. Von all den Büchern, die heutzutage als Klassiker gelten und eindeutig in das phantastische Genre fallen, mal ganz zu schweigen.
Das mag so jetzt nicht auf den Hauptanteil der phantastischen Literatur zutreffen, aber ein bisschen ist das auch eine self-fulfilling prophecy: Gerade im deutschen Sprachraum sind die Vorurteile gegenüber Fantasy dermaßen groß, dass anspruchsvolleren und originelleren Werken umso weniger Chance gegeben wird (das ist ja dann nicht das, was Leser von dem Genre erwarten). Diejenigen, die dagegen nach so etwas suchen, werden bei der Fantasy nur wenig fündig – und so entsteht ein gewisser Teufelskreis.
Im englischen Sprachraum kommt mir das Genre mutiger und vielfältiger vor, was wohl sicher auch daran liegt, dass es sich da um einen deutlich größeren Buchmarkt handelt, aber das alleine wird wohl nicht der Grund sein. Es ist wohl auch bezeichnend, dass die Gewinner des World Fantasy Awards (zu denen übrigens auch Haruki Murakami mit „Kafka am Strand“ zählt) in den letzten Jahren häufig gar nicht erst auf Deutsch übersetzt wurden. Bei den Preisträgern handelt es sich durchwegs um eher anspruchsvolle und oft auch recht ungewöhnliche Fantasyromane.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Genrebezeichnung Fantasy bzw. Phantastik sagt erst einmal nichts über den Anspruch eines Werkes aus. Fantasyromane können reine Unterhaltung sein (wogegen überhaupt nichts spricht) oder unbequeme Wahrheiten vermitteln; sie können simpel sein oder komplex; sie können sprachlich einfach oder herausfordernd sein; sie können Konventionen folgen oder aber Experimente wagen und neue Wege gehen.
Ich persönlich mag die gesamte Bandbreite des Genres, würde mir aber wünschen, dass vor allem die deutsche Fantasy wieder etwas mutiger wird und ihren Lesern auch mal mehr zutraut. Und von allen, die auf dieses Genre schimpfen und es naserümpfend betrachten, würde ich mir wünschen, dass sie sich einmal genauer damit auseinandersetzen, was Fantasy alles sein kann.

17 thoughts on “Eine glühende Verteidigung der Fantasy

  1. Liebe Neyasha,

    das hast du sehr treffend geschrieben. Ich finde die Abwertung des Lese- und Blogverhaltens, die sich derzeit in verschiedenen Artikeln breit macht, echt zum K***en. Meistens stellt sich heraus, es ist eine kleine Gruppe arroganter Schnösel, die den Eindruck vermitteln zum Lachen in den Keller zu gehen. Menschen, deren Meinung mich eigentlich nicht interessiert. Ich hasse aber einfach diese Intoleranz, die sie zum Teil an den Tag legen.
    Dass es dabei so häufig das Genre Fantasy trifft, ist mir auch schon aufgefallen. Bücher, die teilweise sprachlich wie inhaltlich so anspruchsvoll sind, dass sie kaum zu bewältigen sind. Und wie du schon sagst werden die Aussagen meist von Lesern getroffen, die noch nie einen Fantasyroman gelesen haben.
    Lesen und lesen lassen, denke ich mir. Ich kommentiere Artikel und Rezensionen, die ich mag, und gehe nicht diejenigen, die mir nicht gefallen. Schlussendlich bleibt es jedem selbst überlassen was er liest und worüber er schreibt. Wir sprechen von wenig Menschlichkeit, wenn Randgruppen, Mitmenschen mit Migrationshintergrund etc diskriminiert werden und machen um unsere eigene Haustür einen großen Bogen. Für mich eine sehr kontroverse Denkweise.
    Letztendlich dient lesen nun auch in erster Linie der Unterhaltung. Und das ist auch gut so!
    Liebe Grüße Nanni

    1. Ich weiß noch nicht einmal, weshalb das derzeit so ein großes Thema ist und da die Fronten so aneinander geraten. Mich nervt auch die Intoleranz, wobei diese durchaus bei beiden Seiten zu finden ist.

      Ich habe ja den Eindruck, dass sich hier zweierlei Dinge vermischen: einerseits ist es die Diskussion, wieviel reine Unterhaltungsliteratur "wert" ist und ob es schlecht ist, nur zur Unterhaltung zu lesen.
      Nun bin ich ja eine, die gern allen nahelegt, auch mal über den Tellerrand zu schauen und beim Lesen auch aus der Komfortzone herauszutreten, aber trotzdem reden wir hier von einem Hobby. Inwiefern soll es denn verwerflich sein, wenn man "nur" zur Unterhaltung liest?

      Das andere ist diese Diskussion um Genres und deren Anspruch und die Vorurteile, die es da gibt. Warum da ausgerechnet Fantasy immer besonders unter Beschuss genommen wird, ist mir auch überhaupt nicht klar. Und wenn dann so Stichwörter fallen wie "Eskapismus" oder "unrealistisch" oder "weltfremd", sollte man sich vielleicht mal in Erinnerung rufen, dass es sich auch bei den meisten anderen Genres um fiktive Literatur handelt. Wenn man es ausgerechnet bei Fantasy nicht schafft, die Themen auf unsere Gesellschaft umzulegen, dann zeugt das meiner Meinung nach in erster Linie von der eigenen geringen Fantasie und einem mangelnden Abstraktionsvermögen.

      Letztendlich bleibt wirklich nur zu sagen: Lesen und lesen lassen. Und ich würde mir wirklich mal wünschen, ich würde bei manchen Leuten nicht immer ein Naserümpfen als Reaktion bekommen, wenn ich auf die Frage, was ich selbst denn schreibe, mit "phantastische Romane" antworte.

  2. Ya' at' eeh', Neyasha.
    Eigentlich umarmt ja der hehre Begriff "Literatur" so ziemlich alles, was der Mensch niederschreibt; ausnähmlich jetzt Listen, Bürokratietexte oder Meldungen schäbiger Zeitungen… 🙂
    Von daher halte ich das rythmisch aufkommende Elitärgeplustere einschlägiger Gralshüter für bestenfalls amüsierend. Allein wichtig bleibt mir – bei der Einschätzung eines Textes – Aussage, Credo & Herzblut dahinter. Und ich habe mir die Fähigkeit bewahrt einen Perry Rhodan mit anderen Sichtweisen zu lesen, als Franz Kafka. Beide Literatur bringt mich allerdings zu Denken & Lesen.
    Was jetzt übrigens kritische Anmerkungen nicht ausschließt. Mir erschließt sich nur nicht der Elfenbeingestus der Propagandisten "heiliger Literatur".

    Dem Grobschnitt-Urteil von Thomas kann ich solide widersprechen: Man/frau wird nicht irreversibel in der Jugend geprägt, was die literarischen Vorlieben angeht.

    Über Science Fiction oder Horror wird auch immer wieder gern ein Eimer gerümpfter Nasen ausgeleert. Düster erinnere ich mich an eine der "Ingeborg-Bachmann-Preis"-Leserunden, als sich der Autor Christian Mähr quasi dafür rechtfertigen sollte, ein SF-Element in seinem Text vorgebracht zu haben. Manche der Juroren schienen auch grundsätzliche Verständnisprobleme damit gehabt zu haben. Anspruch & Science Fiction scheint für manche ein no go zu sein!

    Zur Rechtfertigung der zitierten Goldmann-Lektorin könnte man/frau vielleicht anmerken, daß es sich hierbei um verordnetes Marketing-Geschwurbele handelt. Denn ein Armutszeugnis ist diese krampfige Zurechtbiegerei schon: Pratchett hat(!) Fantasy geschrieben…
    Und w a s schreibt Neil Gaiman nochmal?!! 🙂

    Wenn ich auf den Nymbus all der englischsprachigen Alt-Klassiker – denen hierzulande sofortigst das Sicherheits-Label "Märchen" aufgepappt wird – denke, dann wird offensichtlich, daß die Angelsachsen hier keine sonderlichen Berührungsängste mit Alice, Dorothy oder Peter pflegen.
    Oder muß ich noch die Generationen übergreifende Liebe zum Doctor erwähnen!?

    Völlig ins schwimmen gerät das Bollwerk der Abschottungsargumentation bei Merlin oder Beowulf – und hier ist das Notargument "Sagen" lediglich Zeugnis der eigenen Armut. Phantasie ist zeitlos!
    Merci fürs anlegen der Farben von Mylady Fantasy… 🙂

    bonté

    1. Ja, das stimmt, Science Fiction wird meistens genauso wenig ernst genommen wie Fantasy. Allerdings habe ich hier recht wenig Erfahrung mit dem Genre, deshalb kann ich dazu auch gar nicht viel schreiben. Aber die Argumentation gegen das Genre ist wohl auch dieselbe, nämlich unrealistisch, weltfremd und solcherlei Dinge.
      Eigentlich absurd, dass manche bei gewissen Texten interpretieren wie verrückt, bei den phantastischen Genres aber anscheinend nur das sehen (möchten), was direkt im Text steht.

      Phantastische Literatur im weiteren Sinne gehört ja im Grunde zu den ältesten Genres überhaupt. Und da muss man noch nicht mal in Richtung Sagen blicken – in der Odyssee findet sich handfeste Zauberei, in Lukians "Verae historiae" gehts auf den Mond und in den mittelalterlichen Ritterromanen wimmelt es nur so von phantastischen Orten, Zauberern und magischen Gegenständen.

  3. Hallo!
    Also zum Thema "Inhalte von Fantasybüchern" kann ich zugegeben nicht viel sagen – ich lese sie nicht und kann die daher nicht beurteilen. Aber mich nervt dieses ständige Rumgehacke auf anderen Leser auch total. Meistens sind es ja die Blogger, die dumm gemacht werden, heute sind es nun speziell Fantasybücher-Leser. Was soll das? Kann denn nicht jeder lesen, was er will und worauf er Lust hat? Wieso muss man sich dafür rechtfertigen, wenn man nun mal gern dem "schnöden Alltag" entfliehen will und sich deswegen eine fantastische Geschichte schnappt? Ja, das ist ausgedacht, und ja, das wird es so in der Realität nicht geben; Menschen mit Elfenohren sehe ich tatsächlich höchstens zum Fasching oder zur Buchmesse. Na und?! Wer legt denn fest, welche Literatur gut ist und welche nicht? Es gibt ja nicht umsonst so viele verschiedene Genres und Untergenres und Unter-Untergenres, dass wirklich JEDER etwas findet, was er gern liest.

    Ich glaube, was ich so lese, sehen andere auch nur als Trivialliteratur an. Aber es ist mir eigentlich so schnurzpiepegal. Ich lese ja nur für mich, nicht für jemandem, der sonst nur Hermann Hesse liest. (Und so jemand tut mir übrigens sehr leid…)

    Ich glaube, das Problem der meisten Menschen, die so etwas sagen und die die Fantasybücher dieser Welt verurteilen, ist, dass sie gar nicht wissen, was da so drin steht. Gut, ich auch nicht, aber ich wiederum argumentiere ja auch nicht, dass alle Fantasyleser ihre Zeit damit vergeuden und niemals "wertvolle" Lektüre zu sich nehmen. Ich weiß, dass es nicht mein Genre ist und daher lese ich es auch nicht. Ich würde aber nie auf die Idee kommen, andere schlecht zu machen oder abzuwerten, nur weil sie gern Bücher lesen, die fantastische Elemente beinhalten. Ich glaube, manche dieser Möchte-Gern-Kritiker denken wahrscheinlich wirklich, in solchen Büchern geht es nur um weiß-rosa fliegende Einhörner und sprechende Trolle…

    1. Also ich muss dazu sagen, dass der verlinkte Artikel sich ja vor allem auf Sara Bow bezieht und zwar vor allem deshalb, weil sie als Booktuberin so erfolgreich ist, auch ganz gut damit verdient und das, obwohl ihre Rezensionen nun nicht wirklich Hand und Fuß haben. Ich fand das beim Reinschauen selbst ziemlich erschreckend, wenn sie z.B. noch nicht mal ein Buch zusammfassen kann (da kommen sie Aussagen wie "ich glaube, es ging da um ein paar Länder" o.ä.).
      Das finde ich selbst schon auch ein wenig befremdlich, wenn man damit dann soviel Erfolg hat.
      Aber warum das dann so ein Rundumschlag gegen manche Genres und gegen Jugendliche, die einfach zur Unterhaltung lesen, werden musste …

      Dass man ein Genre gar nicht gut kennt und dann darüber wettert, als wüsste man ganz genau, wovon man spricht, ist auch das, was mich so ärgert – jetzt mal gar nicht unbedingt auf den einen Artikel bezogen, sondern ganz allgemein, da sowas ja immer wieder kommt.
      Da müssen dann auch wichtige, literarische Werke, möglichst weit weg von der Fantasy in das Subgenre "Magischer Realismus" einsortiert werden, damit man nur ja nicht zugeben muss, dass phantastische Literatur auch so etwas sein kann. Oder wie Terry Pratchett es formulierte: “a polite way of saying you write fantasy”. 😉

  4. Liebe Neyasha,

    die Fantasy mal außen vor gelassen (dieses Genre hat wie jedes Andere seine Daseinsberechtigung, ich "werte" da überhaupt nicht, Jeder hat seine persönlichen Vorlieben) werden in den von Dir verlinkten Beiträgen so viele Konfrontationspunkte befeuert und im gegenseitigen Austausch nicht wirklich abgearbeitet (Stichwort: Toleranz), daß ich Dir nur dazu gratulieren kann, daß Du das Problem so gelöst hast, das, was Du sagen möchtest, HIER zu sagen. Und ich bin selber froh, daß ich in den letzten fünf Jahren -auch bedingt durch das Leiten eines Internet-Forums im künstlerischen Bereich,wo Menschentypen verschiedenster Ausprägung virtuell aufeinander prallen- ein richtig dickes Fell bekommen habe. Früher haben mich solche Beiträge, wie von Dir verlinkt, furchtbar aufgeregt und ich hätte mir auch die Finger wund getippt. Heute lese ich das, grinse kopfschüttelnd und verziehe mich wieder in mein virtuelles Wohnzimmer oder zu Leuten, bei denen ich entspannt was über BÜCHER lesen kann und wo es nicht um Selbstdarstellung, Überbewertung der eigenen Meinung, Ansprüche, Vorurteile und Abwertung anderer Blogger geht. Die Zeit, die ich mit dem Verfassen epischer Antworten an derartige Leute heutzutage nicht mehr vergeude, bleibt mir für ein gutes Buch. Oder auch ein schlechtes. 😉 Oder ein extrem Gutes oder extrem Schlechtes…wer weiß das schon so genau ;-).

    Die Leute nehmen sich einfach zu wichtig. Ich fühle mich nicht als Teil einer wie auch immer gearteten "Bloggergemeinde", ich bin ein Einzelindividuum mit Blog. Und dort schreibe ich, was ich will, wie ich will und ohne irgendwem Rechenschaft abzulegen, ob ich das Buch gekauft habe, geliehen habe, ein Rezensionsexemplar bekommen habe oder auf der Straße gefunden habe (ich sag nur:bookcrossing). Das ist für meine Meinung nicht wichtig, auch wenn andere das gerne so sehen möchten, das ist aber deren Problem. Und der ganze andere hochstilisierte Quatsch auch.

    Und wer weiß: vielleicht hilft mir die Lektüre deines Blogs ja auch, irgendwann noch mal den Fantasy-Bereich zu betreten, ich schließe das nicht aus. Und ich hoffe, Du fühlst Dich jetzt besser, weil Du gesagt hast, was Dich nervt.

    PS. Sara Dingens kannte ich bis dato nicht, muss ich auch nicht. Es gibt ja nicht nur Booktuber, sondern auch "Vlogger", was für mich in etwas dasselbe ist. Da tummeln sich ein paar sehr "große" Namen der Buchbloggerszene und labern den Zuschauer im Sessel fläzend eine halbe Stunde mit einer "Rezension" zu, ungefähr 95% dieser Zeit wird extrem flacher smnalltalk, der mich nicht die Bohne interessiert, zelebriert. Unprofessionell in meinen Augen, sie nennen sich aber Profis. Von mir aus. Gibt sicher Leute, die das mögen. Die haben halt einen anderen Anspruch als ich 😉

    Lesen und lesen lassen, booktuben und vloggen lassen und weiter lesen.

    1. Normalerweise lass ich solche Diskussionen sonst auch an mir vorüberziehen. Allerdings lagen mir schon seit langem einige Worte zur phantastischen Literatur auf dem Herzen und das war nun einfach der Stein des Anstoßes, diese mal zu schreiben.
      Und ja, es hat sich gut angefühlt, das mal hier in Worte zu fassen. 🙂

      Ich finde es ja überhaupt nicht schlimm, dass manche nichts mit Fantasy anfangen können. Man muss ja nicht alle Genres mögen. Aber voller Vorurteile über ein Genre zu schreiben, während man daraus noch kaum etwas gelesen hat, das nervt mich.

      Persönlich lese ich auch lieber Blogs, als Vlogs zu schauen (zumindest, was Bücher betrifft), aber ich mag auch die eine oder andere Booktuberin ganz gern und schaue auch ab und zu deren Videos. Bislang sind das aber alles englischsprachige – deutsche habe ich bisher noch keine gefunden, die mich wirklich ansprechen.

  5. Ich finde deinen Artikel und die Diskussion hier (und auch anderswo) sehr interessant. Wie Sam, stimme ich dir zu und geh jetzt meinen ScienceFiction-Roman weiterlesen 😉

  6. Ich finde es auch erstaunlich, wie noch immer pauschal die Phantastik niedergemacht wird. Es gibt gute und schlechte Bücher in allen Genres. Bisher waren diese ganzen Diskussionen übrigens an mir vorbei gegangen. Habe mir das jetzt einiges dazu durchgelesen und werde es dabei belassen. Viel zu anstrengend.

  7. Ich möchte so eine Abwertung beim besten Willen nicht verteidigen, finde es aber spannend, dass solche Wertungen vor allem von Leuten getroffen werden, die nicht einmal eine Vorstellung davon haben, was "Fantasy" überhaupt ist. Ich weiß nicht, wie oft mir blankes Erstaunen entgegenschlug, wenn ich erwähnte, wie viele verschiedene Spielarten von "Fantasy" es überhaupt gibt.

    Bei SF habe ich das Gefühl, dass ein bisschen mehr Toleranz vorhanden ist, schließlich ist das ein "wissenschaftlicheres" Genre als Fantasy. Liebesromane hingegen werden auch nicht gerade geachtet, zählen die schließlich immer noch zur Kategorie "Hausfrauenbelustigung". Wenn nicht gerade ein Bestseller rundum im Gespräch ist, so dass es zumindest die Entschuldigung des "ich muss mich ja informieren" gibt, oder die Liebesgeschichte so erzählt wird, dass es eher um die Form als die Geschichte geht, wird darüber auch gern hergezogen.

    Oh, und ich habe schon das Gefühl, dass für Tolkien eine Ausnahme gemacht wird. Der hat zwar "nur" Fantasy geschrieben, aber diese immerhin mit dem Hintergrund eines Sprachwissenschaftlers und einem geradezu wissenschaftlichen Vorgehen.

    Ach, all diese Vorurteile sind nervig! (Weshalb ich mich bemühe meine Vorurteile bezüglich reinen "LITERATUR"-Lesern nicht öffentlich in Worte zu fassen. :D)

    1. Das mit den Liebesromanen stimmt und ich muss da auch immer aufpassen, dass ich nicht in dieses Verhaltensmuster falle, das ich bei anderen kritisiere. Wobei ich wiederum nichts gegen das Genre per se habe, es sind nur ein paar Bücher oder Handlungsmuster, die mich tendenziell die Augen verdrehen lassen. So, wie ich persönlich auch bei Fantasy z.B. nicht den hundertsten Tolkien-Aufguss lesen möchte.
      Aber es stimmt auf jeden Fall, dass es so einige Genres gibt, die gern belächelt werden. Ich habe ja das Gefühl, dass von der ganzen Genreliteratur Krimis und Thriller noch am ehesten ernst genommen werden, warum auch immer. Auch da gibt es ja solche und solche.

      Es mag sein, dass Tolkien allgemein eine Sonderstellung in der Fantasy hat (in meinem Herzen auch *g*), aber ich habe es in meiner Umgebung auch oft genug erlebt, dass gerade Tolkien auch gern als das Paradebeispiel für die Schwächen der Fantasy hergenommen wird.

      Ich hatte ja im Studium einen Professor (bezeichnenderweise aus der Älteren deutschen Literatur), der da etwas aufgeschlossener war. Der hat mir "Gormenghast" geliehen und auch mal den "Herr der Ringe" als Nachfolger der mittelalterlichen Heldenepik analysieren lassen (für mich eine der spannendsten Seminararbeiten, die ich während des Studiums schreiben musste).
      Und ich muss sagen, dass das mal richtig gutgetan hat, an der Uni auch so etwas zu erleben und nicht nur das verächtliche Naserümpfen.

    2. "Ich habe ja das Gefühl, dass von der ganzen Genreliteratur Krimis und Thriller noch am ehesten ernst genommen werden, warum auch immer."

      Weil dieses Genre dem Leser – zumindest wenn die Geschichte gut konstruiert ist – eine intellektuelle Herausforderung stellt. 😀

      Ich persönlich finde auch, dass Tolkien als Erzähler sehr große Schwächen hatte, was aber nicht bedeutet, dass ich den "Herrn der Ringe" nicht gern lese und die Leistung dahinter ungemein beeindruckend finde. 🙂

      Mein Mann wollte seine Doktorarbeit (als Germanist) über Comics schreiben, leider hatte die Frau seines Professors gerade ein ähnliches Thema an der gleichen Universität angemeldet, so dass ihm davon abgeraten wurden. Aber bei ihm gab es wohl nicht solche Dünkel an der Universität und er selber liest alles, was ihm interessant erscheint (und darunter ist eine Menge "Schund"). 🙂

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