Genre: Gothic Romance
Seiten: 312
Verlag: Doubleday
ISBN: 978-0385065887
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternchen
English-Challenge (April)
Als eine Archäologin bei Ausgrabungen spurlos verschwindet, versucht ihre Schwester Caroline Verlaine herauszufinden, was mit ihr passiert ist. Erst kürzlich verwitwet nimmt sie eine Stelle als Klavierlehrerin auf Lovat Stacy, unweit der Ausgrabungsstätte an. Hier lernt sie Napier Stacy kennen, der vor Jahren seinen Bruder unabsichtlich erschoss, daraufhin verbannt wurde und nun zurückgekehrt ist, um Edith, das Mündel der Familie, zu heiraten. Caroline wird immer tiefer in dunkle Familiengeheimnisse verstrickt, die mit dem Verschwinden ihrer Schwester in Verbindung zu stehen scheinen.
Hach. HACH! Ich weiß jetzt wieder, warum ich die Romane von Victoria Holt vor Jahren so gern gelesen habe. „The Shivering Sands“ ist ein stellenweise wirklich unheimlicher Roman in der besten Tradition von Wilkie Collins und Daphne du Maurier. Dazu gibt es eine gute Portion Romantik und eine dunkle Vergangenheit, die nach und nach ans Licht gelangt.
Die Romane von Victoria Holt klingen zunächst nach typischem Kitsch mit klischeehaften Figuren, aber das trifft nur teilweise zu.
Caroline ist eine eher untypische Heldin, kein ganz junges Mädchen mehr und bereits verwitwet. Ihre Ehe mit einem gefeierten Konzertpianisten, demzuliebe sie ihre eigene Musik aufgegeben hat, hat sie in vielen Punkten desillusioniert und ein wenig verbittert zurückgelassen. Es scheint, als könne sie auch nach seinem Tod nicht aus dem Schatten ihres berühmten Mannes hervortreten, zumal sie ihre Erinnerungen im Nachhinein immer mehr verklärt.
Auch Napier Stacy hat mit Dämonen der Vergangenheit zu kämpfen, da er wiederum immer noch im Schatten seines verstorbenen und beliebten Bruders zu stehen scheint.
Es ist also nicht verwunderlich, dass sich zwischen den beiden bald Gefühle entwickeln, obwohl Caroline von dem unhöflichen Napier anfangs keineswegs begeistert ist. Die Beziehung zwischen den beiden beginnt also in bester Manier erst einmal mit Abneigung, ehe sie sich allmählich besser kennenlernen. Das Schöne ist, dass man dieses Kennenlernen als Leser genau mitverfolgen und auch gut nachvollziehen kann, weshalb zwischen ihnen bald ein tiefes Verständnis herrscht. Es gibt einige ganz wunderbare Dialoge (anfangs eher ein Schlagabtausch) zwischen den beiden.
Auch die anderen Figuren sind glaubwürdig gezeichnet, wenn auch manche ein wenig übertrieben scheinen (so etwa die nervige Mrs Rendall oder die verrückte Miss Stacy). Aber jede von ihnen ist auf ihre Weise einzigartig, und so entsteht rund um Lovat Stacy eine Art Mikrokosmos mit einer ganz eigenen Dynamik zwischen den Figuren.
Sehr schön ist auch die dezent unheimliche Stimmung, die mich manches Mal wirklich schaudern ließ. Gerade Kleinigkeiten erzeugen hier eine ganz besondere Atmosphäre, und wenn man allmählich merkt, was hinter scheinbar harmlosen Aussagen oder Begebenheiten steckt, bekommt man wirklich eine Gänsehaut.
Dass ich doch recht bald geahnt habe, worunter sich das tatsächlich „Böse“ verbirgt, war in diesem Fall nicht so schlimm, da mir doch die Zusammenhänge erst spät klar wurden und ich mir auch lange nicht sicher war, ob ich mich auf der richtigen Fährte befand.
Spannend blieb es auf alle Fälle bis zum Ende.
Der Roman hat zwar auch einige Schwächen, so etwa die eine oder andere Länge im Mittelteil und dann ein etwas überstürztes Ende. Auch hatte ich das Gefühl, als würden die Figuren nicht immer zeitgemäß denken und handeln, aber dennoch habe ich das Lesen sehr genossen und hatte Spaß daran, wieder einmal einen solchen Roman zu lesen.
Die vernünftige Caroline war mir durchwegs sympathisch, und es war schön, die vorsichtige Annäherung zwischen ihr und Napier mitzuerleben. Dazu noch eine unheimliche Grundstimmung und so manche rätselhafte Vorgänge. Ein perfekter Roman, um bis spät in die Nacht hinein ins Bett gekuschelt zu lesen, sich dabei wohlig zu gruseln und doch das beruhigende Wissen zu haben, dass es am Ende gut ausgehen wird.
Gibt von mir endlich wieder einmal überzeugte 5 Sternchen!
Dann werd ich mir die Buddenbrooks jetzt auch mal besorgen.
Würde sie auch eher lieber so nebenher lesen…Wollen wir uns dann, wenn ich das Exemplar da habe noch mal absprechen, ob wir das Buch in Abschnitte einteilen, die wir innerhalb gewisser Zeit zu lesen haben, um dann auch darüber zu reden, oder möchtest du deinen Leserhythmus lieber frei gestalten?
LG und einen schönen Wochenstart 🙂
Hab dir dazu eine Mail geschrieben. 🙂