Rezensionen

Robert Harris – Konklave

erschienen bei Random House Audio
ungekürztes Hörbuch gelesen von Frank Arnold

Nach dem Tod des Papstes treffen die Kardinäle aus aller Welt ein, um im Vatikan den Nachfolger zu wählen. Allianzen werden geschmiedet und Intrigen gesponnen und ein allen unbekannter Nachzügler trifft aus Bagdad ein. Im Zentrum all dessen steht Kardinal Lomeli, der das Konklave leitet, und sich unvermutet selbst als potenzieller Kandidat sieht, obwohl ihn eigentlich eine Glaubenskrise plagt.

Ich habe ein gewisses Faible für Romane mit einem in sich abgeschlossenen Schauplatz und so war mein Interesse gleich geweckt, als mir „Konklave“ unterkam. Ich habe von Robert Harris bisher nur historische Romane gelesen, aber mir hat auch dieser Roman mit modernem Setting sehr gut gefallen. Perspektiventräger ist Kardinal Lomeli, der mir gleich sympathisch war. Seine eigenen Zweifel und die Bereitwilligkeit zu Reformen machen ihn auch für nichtreligiöse Leser:innen wie mich sehr zugänglich, ohne dass dabei seine Ansichten zu modern für diesen Posten sind. Er hat auch hohe moralische Ansprüche an sich selbst und an das Papstamt, womit er nicht hinter dem Berg hält.

Die Handlung setzt mit dem Tod des aktuellen Papstes ein und nimmt schnell Fahrt auf. Dadurch war ich von Beginn an gefesselt, auch wenn ich am Anfang Schwierigkeiten hatte mir alle Namen zu merken. Dass der Sprecher Lomeli und O’Malley, den Sekretär des Kardinalskollegiums, nahezu gleich ausspricht, hat da auch nicht gerade geholfen. Aber mit der Zeit konnte ich doch die wichtigsten Personen ganz gut auseinandersortieren: Dem liberalen Reformer Bellini, der auch von Lomeli unterstützt wird, steht der konservative Patriarch von Venedig entgegen. Hohe Chancen gewählt zu werden haben auch der Camerlengo Tremblay und der Nigerianer Adeyemi, der als erster schwarzer Papst in die Geschichte eingehen könnte. Unerwartet sind hingegen Stimmen für Lomeli selbst, der sich mit einer leidenschaftlichen Predigt Respekt verschafft hat, und für Benítez, den von den Philippinen stammenden Erzbischof von Bagdad, der erst kürzlich zum Kardinal ernannt wurde.

Während sich bei den verschiedenen Wahlgängen die Stimmverteilungen immer wieder verschieben, drängen Geheimnisse an die Oberfläche, die einzelnen Kandidaten zum Verhängnis werden: von Fehltritten in der Vergangenheit bis zu Korruption und Bestechung. Durch diese Vorkommnisse und wechselnde Allianzen fesselte mich die Geschichte durchgehend, auch wenn der Ausgang der Wahl schon früh absehbar ist. Am Ende gibt es noch eine Wendung, die zwar vorab angedeutet wird und daher nicht ganz überraschend für mich kam, die ich aber dennoch als zu abrupt empfand. Die Idee dahinter fand ich nicht so schlecht, aber ich hatte das Gefühl, als wäre sie zu sehr für einen Schockeffekt eingesetzt worden, während für Fragen, die im Laufe des Romans zum verstorbenen Papst aufgeworfen werden (und die ich persönlich interessanter gefunden hätte), letztlich keine Zeit mehr bleibt. Daher kam mir leider das Ende nicht ganz rund vor.

Wer schließlich erwartet, dass hier mit der katholischen Kirche abgerechnet wird, wird eher enttäuscht werden. Es werden durchaus einige Missstände kritisch angesprochen und ein paar Dinge in Bewegung gesetzt, aber die Institution Kirche und das Papstamt werden nicht in Frage gestellt. Insgesamt merkt man, dass Harris eine möglichst breite Leserschaft ansprechen und den Roman für Katholiken wie auch Agnostiker oder Atheisten gleichermaßen attraktiv gestalten möchte.

Trotz mancher Kritikpunkte hat mir der Roman sehr gut gefallen. Es ist interessant, einen (zumindest fiktiven) Blick in die Vorgänge während eines Konklave werfen zu können, und die Intrigen und Gespräche rund um die Wahlgänge haben manchmal fast etwas von einem politischen Thriller. Durch diverse Wendungen und Ereignisse wird die Spannung gehalten, auch wenn es sich um einen sehr ruhig erzählten Roman handelt. Hat mir auf jeden Fall Lust darauf gemacht wieder mehr von Robert Harris zu lesen!

2 thoughts on “Robert Harris – Konklave

  1. Klingt ungewöhnlich und gut! Robert Harris steht ja eigentlich auch noch auf meiner nirgends notierten und darum durchbstetiges Vergessen immer wieder schwankenden Leseliste … Wobei ich tatsächlich eher die Cicero-Bücher im Auge hatte. Irgendwann. Wenn ich wieder richtig lese. *seufz*

    1. Bei einem entwer-oder würde ich auch mehr die Cicero-Bücher empfehlen. Ich habe leider selbst den 3. Teil noch immer nicht gelesen, aber den 1. fand ich ganz toll und den 2. ebenfalls sehr gut (wenn auch nicht ganz so wie den 1.).

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