Genre: Historischer Roman
Seiten: 544
Verlag: Heyne
ISBN: 9783453001589
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen
Historien-Challenge (Römisches Reich)
Bei diesem Roman (der übrigens im Original den viel passenderen Titel „Lustrum“ trägt), handelt es sich um den 2. Teil von Harris‘ großer Trilogie über Cicero. Ich denke aber, man kann den Roman auch ohne den 1. Teil gut lesen.
Während „Imperium“, der 1. Teil, Ciceros politischen Aufstieg bis hin zur Wahl als Konsul darstellt, geht es hier nun um das Konsulat und die darauffolgende Zeit.
Wer bereits ganz oben ist, kann eigentlich nur noch absinken, könnte man in diesem Fall sagen. Mit dem Aufdecken der Catilina-Verschwörung machte Cicero sich unsterblich, doch schon auf diesem Höhepunkt seiner Macht ist sein Stern bereits wieder im Sinken. Caesar, Pompeius und schließlich Clodius machen ihm das Leben schwer, und zusammen mit der Republik steuert auch Cicero seinem Untergang entgegen.
Der Roman ist aus der Sicht von Ciceros Sklaven Tiro geschrieben, als eine fiktive Biografie. Man weiß, dass Tiro tatsächlich eine solche Biografie schrieb, aber leider ist sie nicht überliefert. Während man sich bei dem Roman „Ich, Claudius, Kaiser und Gott“ von Robert Ranke-Graves tatsächlich vorstellen kann, dass eine Biografie von Claudius so ausgesehen haben könnte, ist das hier nicht unbedingt der Fall. Zwar begeht Harris nicht den Fehler, seine Figuren allzu neuzeitlich denken zu lassen, aber dennoch liest sich der Roman insgesamt eher „modern“.
Das sehe ich aber nicht negativ, denn wie schon „Imperium“ ist auch „Titan“ sehr spannend und versteht es, die doch recht verworrene Politik der späten Republik verständlich darzustellen.
Die wirkliche Stärke des Romans liegt aber in der Zeichung der Figuren. Tiro selbst bleibt zwar eher blass (was wohl auch so beabsichtigt ist, da er sich als Biograph zurücknimmt), aber sämtliche historische Persönlichkeiten werden sehr glaubhaft, lebendig und differenziert dargestellt. Cicero hat seine Fehler, ebenso wie seine Freunde; umgekehrt haben aber auch seine Gegner ihre guten Seiten. Die Motive von allen sind gut nachvollziehbar – die der „guten“ ebenso wie die der „bösen“. Wobei diese Bezeichnungen natürlich nicht sehr passend sind; auch wenn ich als Leserin meistens auf Ciceros Seite (und somit der Seite des Senats) stand, lagen meine Sympathien einige Male auch eher auf der Seite der Gegner.
Durch die Nähe zu den Figuren ist es wirklich schmerzhaft, zum Ende hin allmählich den Untergang der Republik mitzuerleben. Ich wusste ja bereits, dass alles so kommen würde, aber trotzdem habe ich manchmal dennoch wie besessen weitergelesen und gehofft, es möge sich doch alles zum Guten wenden. Wie bei „Romeo und Julia“, wenn man sich wider besseres Wissen wünscht, Julia möge rechtzeitig erwachen. 😉
Mein einziger Kritikpunkt ist, dass man stellenweise vielleicht etwas mehr hätte kürzen können. Es gibt Passagen, die sich ein wenig ziehen – wobei das auch daran liegen könnte, dass ich über Ciceros Leben sehr gut Bescheid weiß und wüsste, was als nächstes kommen würde.
Historische Fehler sind mir keine aufgefallen, wobei ich mich nun auch wieder nicht so gut in der Epoche auskenne, dass ich diese unbedingt wahrnehmen würde. Soweit ich es also beurteilen kann, ist der Roman sorgfältig recherchiert und wirkt authentisch.
Nun warte ich gespannt auf den 3. Band, der für Cicero nur in der Katastrophe gipfeln kann. Trotzdem freue ich mich darauf, ein letztes Mal in Harris‘ fesselnde Darstellung eines der größten Redner der Antike eintauchen zu können.
Hallo Neyasha,
Sehr schöne Rezension! Du bringst mir mit deinen Worten die Geschichte näher, schilderst sie spannend und lebendig, so dass du in mir die Neugier auf das Buch geweckt hast.
Und das will was heissen, denn es ist absolut nicht mein Genre 😉
Ich werde mir gleich ein Mal den Titel in mein Notizbuch kritzeln.
Wünsche dir einen schönen Wochenanfang,
lg mirjam
Oh, vielen Dank! 🙂
Ich denke ja schon, dass man ein gewisses Interesse für Antike und die Politik der späten Republik haben muss, um an dem Buch seine Freude zu haben. Aber wenn man dieses Interesse hat, dann kann ich das Buch wirklich empfehlen!
Ich würde nur doch eher mit dem 1. Band beginnen, auch wenn ich denke, dass man ihn nicht zwingend vorher gelesen haben muss.
Dir auch einen schönen Wochenenfang!
LG Neyasha
Hallo Neyasha,
um "Imperium" und "Titan" schleiche ich schon länger als Hörbuch herum, bisher hat mich immer die Tatsache davon abgehalten, dass es sich um gekürzte Lesungen handelt. Aber vielleicht ist das in diesem Fall gar nicht so schlecht, und es entschlackt die Passagen, die sich – wie du schreibst – etwas ziehen. Deine Rezension hat jedenfalls Lust auf das Buch gemacht, sehr vielversprechend.
Viele Grüße
Thari
PS: Danke für den Kommentar – habe inzwischen "Alles geben die Götter" von Paul Waters für die "Der Geschichte auf der Spur"-Challenge zu Ende gelesen – und das hat mir sehr gut gefallen. Also ein Erfolg nach den ersten beiden "Pleiten" 😉