Farn Lendech ist eine Figur aus meinem Roman „Die Göttersteine“, die eine deutlich „dunklere“ Entwicklung genommen hat als ursprünglich geplant.
Farn ist Mitte zwanzig und der Sohn eines skonländischen Fürsten. Er geht mit Königin Bergund eine politische Ehe ein, wobei von Farns Seite ehrliche Gefühle mit im Spiel sind, die von Bergund nicht erwidert werden. Damit hat er schwer zu kämpfen – er ist ein warmherziger, offener und mitfühlender Mann, der keine Ehe ohne gegenseitige Zuneigung führen möchte. Lange versucht er sich deshalb einzureden, dass Bergund einfach noch etwas mehr Zeit braucht, aber die Situation frustriert ihn zunehmend.
Zusammen mit verletztem Stolz, wachsender Ungeduld und einer Verkettung unglücklicher Umstände ergibt das schließlich eine explosive Mischung, die ihn einiges tun lässt, was er später bereut.
Dabei bekommt Farn von anderer Seite durchaus Rückendeckung. Seine freundliche, aufgeschlossene Art macht ihn vor allem beim einfachen Volk sehr beliebt und auch mit Bergunds Geschwistern versteht er sich gut. Er hat aber immer ein wenig damit zu kämpfen, dass er in seiner Familie nie die Anerkennung bekam, die er sich gewünscht hätte und sich nun auch Bergund stets unterlegen fühlt. Noch dazu bringen ihn seine Neugierde und Unvorsichtigkeit in gewaltige Schwierigkeiten und setzen einige Ereignisse in Gang, die die Handlung erst so richtig in Fahrt bringen.
Farn ist eine Figur, die recht einfach zu schreiben ist. Anfangs hatte ich noch ein wenig damit zu kämpfen, dass er mir „zu gut, um wahr zu sein“ vorkam, aber das Problem hat sich im Laufe des Romans praktisch von selbst gelöst. Eher muss ich inzwischen des Gegenteil befürchten: nämlich, dass Farn im Laufe der Zeit alle Lesersympathien einbüßen könnte.
Es tut mir leid, dass ich als Autorin ganz und gar nicht nett zu ihm bin und ihn somit auch in eine Abwärtsspirale aus Gewalt und Schuld treibe. Dabei würde er noch nicht einmal so große Forderungen an das Leben stellen: Eine Ehefrau, die ihn liebt, Kinder und ganz allgemein ein harmonisches Familienleben würden ihm schon reichen. Würde ich ihm diese Wünsche erfüllen, hätte ich eine glückliche, äußerst liebenswerte Figur – aber leider keinen interessanten Roman.
Die folgende Szene zeigt Farn bei einem Gespräch mit Bergunds jüngstem Bruder Rungar. Sie stammt ziemlich vom Anfang des Romans, als Farn und Bergund noch in der Phase ihres vorehelichen Zusammenlebens (eine skonländische Tradition) sind:
Rungar sah verlegen zu Boden. “Ich war noch nie bei einem Essen außerhalb des Familienkreises dabei. Was, wenn ich mich blamiere?”
“Wieso solltest du dich blamieren?”
“Ich weiß es nicht. Vielleicht mache ich ja irgendetwas falsch und dann …” Rungar brach ab und sah vorsichtig zu Farn.
Er hatte plötzlich Mitleid mit dem Jungen, zumal er sich auch selbst nicht unbedingt auf das Bankett heute Abend freute. Und wie sollte er Rungar sagen, dass er nicht fehlerlos sein musste, wenn er doch eine Schwester hatte, die weder sich noch anderen Fehler verzieh?
“Es wird alles gutgehen”, versuchte Farn ihn dennoch zu beruhigen. “Bergund weiß, dass es dein erstes Abendessen in größerer Gesellschaft ist, und selbst wenn du etwas falsch machen solltest, ist das nicht so schlimm. Ich mache auch ständig Fehler und noch wurde ich nicht aus dem Palast geschmissen.”
Rungar lachte nervös auf, flüsterte ein rasches “Danke” und lief mit raschen Schritten den Gang hinunter.
Nachdem er verschwunden war, schien sich ein Knoten in Farns Magen zu legen. Der Junge hatte seine Worte für einen Scherz gehalten und das hatten sie auch sein sollen, aber ihm wurde bewusst, dass sie eine beängstigende Wahrheit enthielten. Manchmal hatte er tatsächlich das Gefühl, dass Bergund ihn lieber aus dem Palast werfen würde als ihn zu heiraten.
“Wieso solltest du dich blamieren?”
“Ich weiß es nicht. Vielleicht mache ich ja irgendetwas falsch und dann …” Rungar brach ab und sah vorsichtig zu Farn.
Er hatte plötzlich Mitleid mit dem Jungen, zumal er sich auch selbst nicht unbedingt auf das Bankett heute Abend freute. Und wie sollte er Rungar sagen, dass er nicht fehlerlos sein musste, wenn er doch eine Schwester hatte, die weder sich noch anderen Fehler verzieh?
“Es wird alles gutgehen”, versuchte Farn ihn dennoch zu beruhigen. “Bergund weiß, dass es dein erstes Abendessen in größerer Gesellschaft ist, und selbst wenn du etwas falsch machen solltest, ist das nicht so schlimm. Ich mache auch ständig Fehler und noch wurde ich nicht aus dem Palast geschmissen.”
Rungar lachte nervös auf, flüsterte ein rasches “Danke” und lief mit raschen Schritten den Gang hinunter.
Nachdem er verschwunden war, schien sich ein Knoten in Farns Magen zu legen. Der Junge hatte seine Worte für einen Scherz gehalten und das hatten sie auch sein sollen, aber ihm wurde bewusst, dass sie eine beängstigende Wahrheit enthielten. Manchmal hatte er tatsächlich das Gefühl, dass Bergund ihn lieber aus dem Palast werfen würde als ihn zu heiraten.
Dass sie sich in letzter Zeit immer mehr von ihm zurückzog, war ihm nicht entgangen. Aber wie wenig sie sich auf die Hochzeit freute, war ihm erst bei dem Gespräch gestern klar geworden. Es tat immer noch weh und es kratzte auch an seinem Stolz, wie er sich eingestehen musste. Hatte er sich immer nur etwas vorgemacht, wenn er früher das Gefühl gehabt hatte, dass Bergund ihn mochte? Oder hatte sie sich verändert, seitdem ihr so unerwartet früh die Bürde des Regierens aufgelegt worden war?
Es würde besser werden, sagte Farn sich. Sie würden mit der Zeit enger zusammenwachsen und Bergund würde ihre Verbissenheit verlieren, wenn sie sich erst einmal an ihre Stellung als Königin gewöhnt hätte. Und er würde sich nicht anmerken lassen, wie unsicher er sich mit einemmal in ihrer Gegenwart fühlte.
Es würde besser werden, sagte Farn sich. Sie würden mit der Zeit enger zusammenwachsen und Bergund würde ihre Verbissenheit verlieren, wenn sie sich erst einmal an ihre Stellung als Königin gewöhnt hätte. Und er würde sich nicht anmerken lassen, wie unsicher er sich mit einemmal in ihrer Gegenwart fühlte.
Als er in sein Zimmer trat, trug er seinem Leibdiener auf, ihm Wein zu holen. Er brauchte ein paar Schlucke zum Trinken, um sich den Staub von dem Übungsplatz aus der Kehle zu spülen.
Nun … um den Abend heute zu überstehen, wäre wohl mehr notwendig als nur ein paar Schlucke.
Also, ich finde diese Charakterbeschreibung ja sehr interessant! 🙂 Und ich muss sagen, dass ich nicht denke, dass Farn Lesersympathien einbußt – immerhin wäre es "zu nett" ja doch ziemlich farblos, wie du ja selbst schon gesagt hast. Ich denke, diese Entwicklung ins "dunklere" macht ihn für den Leser erst interessanter, und könnte ihm sogar Sympathien einbringen. Und wenn nicht, auch nicht schlimm – in Büchern braucht man auch Figuren, die man nicht mag. Wobei ich von der ersten Bschreibung eher sagen muss, dass mir Farn durchaus sympathisch erscheint. Der Leser kann ja nachvollziehen, warum Farn so wird, wie er wird. Da ist die Sympathie noch einmal anders, als wenn jemand grundlos böse ist…
Danke. 🙂
Ich denke auch, dass seine Entwicklung ihn interessanter macht, schätze aber, dass es manche Sachen gibt, die für einige Leser einfach ein "no-go" bei einem Sympathieträger sind. Andererseits muss einem ja eine Figur nicht immer sympathisch sein, damit man sie als Romanfigur dennoch "mag".
Da schliesse ich mich BücherFähes Kommentar gleich an. Deine Beschreibung liest sich sehr interessant – ich würde gerne mehr über Farn erfahren. Und ich finde den Namen schon sehr schön.
Vielen Dank für diesen Beitrag. Ein Bild hast du noch nicht von ihm?
*hüstel*
Der Grund, weshalb ich jetzt so ewig keine Figurenvorstellung gepostet habe, ist, dass ich warten wollte, bis ich von Farn ein Bild habe. Leider sehe ich mich in der nächsten Zeit keine Porträts zeichnen, daher ist es jetzt doch eine bildlose Vorstellung geworden. Ich hoffe, dass ich irgendwann eins nachreichen kann.
^_^. Ich habs mir fast gedacht, dass dies ein Grund sein könnte. Aber eigentlich kein Problem. Diese kleine Szene ist genau so viel wert.
Mach dir nicht allzu viel Sorgen über ein Bild von Farn oder den nachfolgenden Helden und Schurken. Ich freu mich schon so über die Vorstellung deiner Charas.
Liebe Grüsse
Mach dir mal keine Sorgen Neyasha, ich glaube das wichtige für eine Figur ist, dass sie nachvollziehbar ist. Ich finde es nicht schön, wenn Autoren sich beim Schreiben zu sehr von ihren Lesern lenken lassen und nicht auch ein bisschen eigene Entscheidungen treffen.
Manche Autoren richten ihre Fahne meiner Meinung nach viel zu sehr nach dem Wind und achten gar nicht mehr darauf, auch ein bisschen Eigenständigkeit einfließen zu lassen (Ein Grund, warum es meiner Meinung nach so viele Bücher gibt, die das 0815 ihres Genres darstellen: weil sich so etwas einfach verkaufen lässt. Auch wenn es nicht überragend ist…)
Das stimmt, aber ich sehe einen Unterschied darin, ob man sich beim Schreiben von Lesern oder vom Markt lenken lässt. Das ist für mich nicht deckungsgleich: Man kann etwas schreiben, das völlig am Markt vorbeigeht und dabei trotzdem für Leser schreiben, Stichwort: der "ideale" Leser, also quasi der Leser, den man beim Schreiben im Kopf hat.
Hey,
ach es ist so unglaublich spannend deine Schreibarbeit zu verfolgen.
Ich glaube auch nicht, dass er Sympathien einbußt. Viel mehr ist es doch so, dass man nicht weiß, ob man ihm böse sein soll oder Mitleid mit ihm haben soll. Er wünscht sich nicht viel und trotzdem gehen seine Wünsche nicht in Erfüllung. Das lässt ihn verbittern und auch ein bisschen gemein gegenüber anderen werden. Ein Lebenswandel, der einfach "echt" ist und Farn Tiefe verleiht.
Was du dringend noch tun solltest: Schneller schreiben!! Ich werde dein Buch ganz sicher kaufen!!
Liebe Grüße Nanni
Ja, das hast du sehr treffend in Worte gefasst. Und ich mag es auch einfach, wenn Figuren sich wandeln und entwickeln – und manchmal kann das auch mal eine negative Entwicklung sein.