In diesem Auftakt zu einer längeren Buchreihe
beginnt Lady Trent ihre Memoiren aufzuschreiben. Sie erzählt davon, wie sie schon als Kind mit ihrer nicht sehr damenhaften Liebe zu Drachen und Naturwissenschaften ihre Mutter zur Verzweiflung trieb und schließlich als junge Frau erstmals an einer Expedition teilnahm.
Es handelt sich hier um einen sehr charmanten, phantastischen Roman, dessen Setting sehr an das viktorianische England erinnert. Drachen sind hier keine magischen Wesen, sondern normale Tiere, wenn sie auch über spezielle Fähigkeiten verfügen. Die Heldin ist sehr stimmig gezeichnet mit ihrem sehr logisch-naturwissenschaftlichen Denken und es wird auch die Erzählstruktur in Form von Memoiren sehr überzeugend umgesetzt. Manches fand ich leider etwas vorhersehbar und im Mittelteil hat sich der Roman ein wenig gezogen, aber ansonsten hat mir dieser Reihenauftakt sehr gut gefallen. Sehr schön sind auch die Bleistiftzeichnungen von Todd Lockwood, die sich perfekt in die Handlung einfügen.
Die nächsten Bände haben bereits in Form eines verfrühten Weihnachtsgeschenkes ihren Weg zu mir gefunden und ich freue mich darauf, sie zu lesen.
Leonore Pothast – Das letzte Spiel
Auf dieses ebook bin ich voriges Jahr im Rahmen einer Aktion aufmerksam geworden. Es geht darin um den Tagelöhner Serdid, der sich immer wieder als Auftragsdieb verdingt, um sich und seine Familie über die Runden zu bringen.
Die Zutaten haben interessant und originell geklungen: ein orientalisches Setting und eine schon etwas ältere Hauptfigur von ganz unten in der Gesellschaft. Leider hat mich der Roman dennoch nicht überzeugt. Ich fand die Beschreibungen oft verworren und beinahe schon zu detailliert, ohne dass sie jedoch tatsächlich Bilder vor meine Augen gerufen hätten. Serdid als Figur war an sich interessant, oft aber nicht sehr konsistent gezeichnet (so ist er oft im einen Moment von einer Verletzung so geschwächt, dass er sich kaum alleine anziehen kann, um im nächsten Moment in bester Heldenmanier zu kämpfen und zu klettern). Ich hatte außerdem ein massives Problem mit seiner Vergangenheit bzw. damit, wie damit umgegangen wurde, kann hier aber nicht weiter ins Detail gehen, da das zuviel verraten würde.
Auch rundherum gibt es immer wieder Kleinigkeiten, die nicht recht zusammenpassen, zum Ende hin eine zunehmend verworrene Handlung und oft auch recht schräge Metaphern, die keinen rechten Sinn ergeben.
Der Roman ist für ein selbstpubliziertes Buch bemerkenswert fehlerfrei und auch in Satz und Gestaltung perfekt, aber was ihm anscheinend gefehlt hat, ist ein vernünftiges inhaltliches Lektorat. Die Handlung funktioniert zwar über weite Strecken, hätte aber meiner Meinung nach doch noch einmal kräftig überarbeitet gehört.
Ali Shaw – Das Mädchen mit den gläsernen Füßen
Ida Maclairds Füße verwandeln sich allmählich in Glas und sie erhofft sich Hilfe von einem seltsamen Mann, dem sie einst auf St. Hauda’s Land begegnet war. Auf der Suche nach ihm begegnet sie dem verschlossenen Fotografen Midas, für den sie bald mehr empfindet als nur Freundschaft.
Ich habe vor ein paar Monaten versucht, dieses Buch auf Englisch zu lesen, aber ich hatte den Eindruck, einiges nicht zu verstehen. Schließlich habe ich das ebook auf Deutsch aus der Onleihe ausgeliehen und musste feststellen, dass gar nicht so sehr mein Sprachverständnis das Problem war, sondern dass der Roman schlichtweg sehr rätselhaft ist.
Es gibt einige seltsame, phantastische Elemente, die man einfach so hinnehmen muss, da sie nie erklärt werden. Ich habe leider vergeblich darauf gewartet zu erfahren, was es mit den Ochsenmotten oder dem Wesen, dessen Blick alles in weiß verwandelt, auf sich hat und weshalb der Name Ida in dem Namen Midas enthalten ist. Man muss also bei diesem Roman imstande sein, sich einfach auf die Rätsel einzulassen, ohne nach ihrer Erklärung zu fragen, damit er funktioniert.
Man muss auch bereit sein, ausführlich in die Vergangenheit beinahe aller handelnden Figuren einzutauchen und dort einer gescheiterten Existenz nach der anderen zu begegnen – in diesem Buch gibt es fast niemanden, der nicht emotional völlig verkorkst ist.
Schließlich konnte ich auch mit der Liebesgeschichte nicht sehr viel anfangen. Das bedeutet nicht, dass mir der Roman gar nicht gefallen hat. Sprachlich ist er auf jeden Fall gelungen, das Setting wird sehr atmosphärisch beschrieben und einzelne Szenen fand ich auch sehr spannend. Alles in allem war das aber doch nicht das richtige Buch für mich.
Deine Meinung bestätigt mich darin, dass "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" nichts für mich wäre.
Bei Lady Trent kann ich dir nur zustimmen. Ich freu mich auch schon auf die beiden nächsten Romane und habe gerade zu meiner Freude festgestellt, dass der vierte Band schon im April erscheint. 🙂
Hast du eigentlich eine Ahnung, wieviele Bände es werden sollen?
Vielleicht muss man für "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" auch einfach in der richtigen Stimmung sein und ich war es nicht, aber ich habe mir wirklich um einiges mehr erwartet.
Nein, keine Ahnung! Es ist auf jeden Fall schon ein fünfter Band in Arbeit, wenn ich nach der Autoren-Homepage gehen kann, bei der der – noch titellos – schon erwähnt wird.
Hoi, Neyasha.
Hoffe, daß sich Deine Gesundheit zwischenzeitlich an die Protokole zur Einleitung der zügigen Rekonvaleszens gehalten hat; ich könnte auch entschnörkelter fragen, ob es Dir wieder besser geht… 🙂
Viktorianische Phantastik weckt immer wieder ihren Reiz. Dies zumal, wenn das Agieren selbstbewußter Frauen darin seine Rolle trägt. Ohne ein Engagement der realen Persönlichkeiten jener Zeit, wären wir in puncto Selbsberechtigung noch da, wo ein Neo-Reaktionärismus die Gesellschaft wieder gern sähe; in der unhinterfragten Testikel-Herrschaft. 😉
Meine spontane Vermutung zum nicht erläuterten Rätselhaften, in Ali Shaws Roman, wäre, daß es hier um die eigenständige Magie von Unerklärtem ginge. Der Kosmos bietet für jede Antwort auch gern den Satz neuer Fragen an. Rein spekulativ, jetzt.
Du hast Deinen "weniger perfekt gewachsenen" Christbaum geschmückt!?
Immerhin gilt die Weisheit, daß jeder Baum durch gekonntes schmücken etwas herzumachen versteht.
Dir, hyvää joulua!
bonté
Noch keine Besserung in Sicht, leider. 🙁
Ich denke auch, dass in "Das Mädchen mit den gläsernen Füßen" die Magie in dem Rätselhaften, Unerklärtem liegen soll. So etwas funktioniert sonst auch oft für mich, aber diesmal leider nicht. Es ist wohl einfach der Funke nicht übergesprungen.
Mein Bäumchen ist geschmückt und sieht gar nicht mehr so krumm und schief auf mit Schmuck. 🙂