Als ich vor zwei Wochen darüber geschrieben habe, wie ich mich von der Fülle an Büchern auf meiner Leseliste erschlagen fühle, habe ich in den Kommentaren mit Winterkatze darüber geschrieben, dass ich wohl mal einen Tag in der Bücherei verbringen müsste, um einige der Bücher anzulesen (und festzustellen, ob ich sie überhaupt lesen möchte).
Da heute kaltes, graues und stürmisches Wetter war, bin ich nach einem ausgedehnten Frühstück mit einer Freundin spontan noch weiter in die Bücherei gefahren, um genau das zu machen.
Ich habe mich zunächst mal mit einem Stapel Bücher eingedeckt und mir dann ein gemütliches Plätzchen gesucht, wo ich mich ein wenig in den Büchern vergraben und mir dazu Notizen gemacht habe.
Karnak-Café von Nagib Machfus, das zeitlich um den Sechstagekrieg herum angesiedelt ist, hat interessant begonnen und da es so ein schmales Büchlein ist, habe ich es auch direkt ausgeliehen.
Bis ans Ende der Meere von Lukas Hartmann schildert aus der Sicht des Malers John Webber die dritte Südseereise von James Cook. Der Einstieg ist mir nicht ganz einfach vorgekommen, aber das Buch scheint gut geschrieben zu sein und da mich auch das Thema interessiert, bleibt das Buch auf meiner Liste.
Vor dem Fest von Saša Stanišić war 2014 für den Deutschen Buchpreis nominiert und erhielt den Preis der Leipziger Buchmesse. Es beschreibt eine Nacht vor dem Fest im uckermärkischen Fürstenfelde. Beim Anlesen war mir der Roman etwas zu skurril und wirr. Ich glaube, das ist nicht wirklich mein Fall und fliegt daher von der Liste.
Auch Als wir unsterblich waren von Charlotte Roth wird wohl nicht auf der Liste bleiben. Der historische Roman erzählt in zwei Zeitebenen vom Mauerfall einerseits und dem Ersten Weltkrieg andererseits. Ich hatte beim Einstieg Probleme mit der Hauptfigur im Jahr 1989, die ich sehr unsympathisch fand und mit der Instant-Liebe, die dann auch gleich noch mit einem dunklen Familiengeheimnis verbunden ist. Ein wenig neugierig wäre ich auf das Geheimnis ja schon, aber zuhause habe ich dann noch herausgefunden, dass Charlotte Roth ein Pseudonym von Charlotte Lyne ist, deren „Die Glocken von Vineta“ überhaupt nicht mein Fall war.
Cocktails von Pamela Moore war in den 50er-Jahren ein Kultbuch in den USA. Die Autorin war damals erst 18 Jahre alt, nahm sich mit Mitte zwanzig das Leben und war danach (zumindest im deutschsprachigen Raum) weitgehend vergessen. Ich bin auf den Roman aufmerksam geworden, als er 2015 in einer neuen Übersetzung bei Piper veröffentlicht wurde. Der Anfang hat mir gefallen und somit bleibt er auf meiner Liste.
Bei Blauer Hibiskus von Chimamanda Ngozi Adichie hat mich schließlich ein wenig die Konzentration verlassen. Ich war mir daher beim Anlesen nicht so sicher, ob ich ihn lesen möchte – vorerst bleibt er auf jeden Fall auf der Liste.
Als ich mich eigentlich schon halb zum Gehen wandte, bat mich ein Herr, der während meiner Anleseaktion die ganze Zeit neben mir mit Deutschübungen beschäftigt gewesen war, um Rat bei einer Aufgabe. Ich muss ja sagen, dass ich selbst die Aufgabenstellung mehrmals lesen musste. Wenn man hier als eine Person mit deutscher Muttersprache, fertigem Germanistikstudium und viel Leseerfahrung erst einmal ein wenig stutzt, fragt man sich ja schon, wie das jemand bewältigen soll, der gerade erst die Sprache lernt.
Danach hatte ich dann doch noch einmal Lust für eine kleine Runde und habe mir noch einmal ein paar Bücher von der Liste gesucht:
Die andere Hälfte der Hoffnung von Mechthild Borrmann hat mir beim Anlesen so gut gefallen, dass der Roman gleich direkt mitkommen durfte.
Die Traumknüpfer von Carolin Wahl wurde dagegen von meiner Liste gestrichen. Ich habe einfach gemerkt, dass das wohl nicht so mein Fall von Fantasy ist.
Auch Herr des Lichts von Roger Zelazny habe ich von meiner Liste gestrichen. Der sehr mythisch-religiöse Einstieg war nicht so meins und auch mit den handelnden „Göttern“ konnte ich nicht so viel anfangen. Science-Fiction ist nicht mein bevorzugtes Genre und wenn ich Bücher daraus lese, müssen die mich einfach gleich packen, damit ich Lust darauf habe.
Neben den zwei genannten Büchern habe ich dann auch noch zwei Filme mitgenommen, wovon ich mir einen – die Verfilmung des Romans I Capture the Castle – gleich heute Abend angesehen habe. Wie der Roman hat mir auch der Film sehr gut gefallen. Ich finde die Besetzung sehr passend und die Stimmung des Buchs wurde gut eingefangen.
Da ich außerdem gerade so schön in Fahrt war, habe ich mir daheim auch noch ein paar Leseproben von Büchern der Liste auf meinen Reader geladen und auch noch angelesen:
Die Villa am Rande der Zeit des serbischen Autors Goran Petrović beginnt mit einem seltsamen Auftrag: Der Belgrader Student Adam soll ein bereits erschienenes Buch umschreiben. Der Roman wird mit Endes „Unendlicher Geschichte“ verglichen und da ich den Einstieg interessant fand, bleibt er auf meiner Liste.
Etwas unschlüssig bin ich dagegen bei dem Krimi Eisesgrab von Jenny Milchmann und dem Jugendbuch Wie mein Sommer in Flammen aufging von Jennifer Salvato Doktorski. Bei beiden Büchern konnten mich weder die Hauptfiguren noch die Ausgangssituation wirklich überzeugen.
Auch Windjäger von Jim Butcher wird wohl eher von meiner Liste gestrichen werden. Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Fantasyserie beginnen möchte, von der es bisher nur den ersten Band gibt. Zudem kam mir auch die Übersetzung etwas holprig vor. Mal sehen, was ich in der nächsten Zeit noch von dieser Reihe höre.
Die Flutwelle von Mikael Niemi verbleibt dagegen sicher auf meiner Liste. Der Einstieg in den Roman, der vom Bruch eines Staudamms in Schweden und der folgenden Katastrophe erzählt, hat mir gut gefallen.
Insgesamt habe ich heute also ganze 14 Bücher angelesen, von denen 4 sicher und 3 vermutlich von meiner Liste fliegen. Die restlichen Bücher haben mich mit ihrem Einstieg überzeugt und zwei davon habe ich auch direkt mitgenommen.
Das war heute doch einmal ein ganz interessantes Experiment. Ich habe damit nicht nur meine Liste ein klein wenig reduziert, sondern mir auch einige Bücher wieder besser ins Gedächtnis gerufen, deren Titel mir inzwischen gar nicht mehr viel gesagt haben. Die Schattenseite der Aktion ist, dass es nun eine ganze Reihe von Büchern gibt, die ich am liebsten alle gleichzeitig lesen möchte – aus dem Grund habe ich auch nur zwei der angelesenen Bücher ausgeliehen.
Mal sehen, ob ich das vielleicht in Zukunft nochmal wiederhole. Es war schon ein bisschen anstrengend, so viele Anfänge zu lesen, aber es hat auch Spaß gemacht!
Das hört sich ja nach einem tollen Tag an. So haben meine Freundin und ich früher oft unsere Ferien verbracht.
Schade, dass dir Charlotte Roth nicht gefallen hat. Ich mag ihre Bücher ja sehr gerne.
Wie schön, dass du "Die andere Hälfte der Hoffnung" mitgenommen hast. Das ist ja eins meiner Highlights aus 2016. Ich bin gespannt auf deine abschließende Meinung.
Ich hatte das Buch von Charlotte Roth schon ziemlich lange auf meiner Liste und dann nie wirklich Lust drauf. Deshalb hatte ich eh schon den Verdacht, dass das nicht so ganz meins ist.
Auf "Die andere Hälfte der Hoffnung" bin ich schon gespannt – der Einstieg hat mir gut gefallen.
Wow, das ist echt mal eine interessante Aktion. Ich glaube ich könnte das nicht, alles nur anzulesen. Wobei es natürlich eine gute Idee ist, um die Leseliste auszumisten. Dass du jetzt aber am liebsten alles weiter gelesen hättest, was dir gefallen hat, kann ich gut verstehen.
Mir hat "Als wir unsterblich waren" sehr gut gefallen. Die Eingangsszene fand ich aber auch nicht so gut, danach wird die Geschichte aber besser. Ich kann aber auch gut verstehen, dass das ein Grund ist das Buch wegzulegen.
Es war schon auch irgendwie eigenartig, so viele Bücher nur anzulesen. Aber es war auch mal ganz interessant und hat mir wieder einen besseren Überblick zumindest über ein paar Bücher auf der Liste verschafft.
Latha math, Neyasha.
Roger Zelaznys SF ist ähnlich verkünstelt geschrieben wie die von Samuel L. Delany oder Thomas Dish; viel Wortsalat hinter & unter dem sich möglichweise eine Idee blaue Flecken holt – oder auch keine. Zwar mit Genre-Preisen häufig bedacht, die aber ähnlich relevant oder nichts sagend sein können wie ein Oscar.
Auch ich als Fan des Genres bin durch keinen seiner Romane gekommen, von daher…
Zu Deinem Intermezzo mit Aufgaben zur Sprachübung kommt mir in den Sinn, dass die hiesige Sprache ja nicht von ungefähr zum gefürchteten Juristendeutsch zu mutieren versteht. Wenn Otto/Norma nur noch Bahnhof versteht, ist es ein Armutszeugnis für die Sprachpflege, denke ich.
Wobei die Gralshüter anspruchsvoller Literatur ähnlich abgehoben sein wollen. Gelegentlich.
bonté
Hm, von Delany habe ich auch noch etwas auf meiner Liste – vermutlich ist das dann auch nicht so ganz das richtige …
Was würdest du denn so an Science Fiction empfehlen, die schlicht/klar geschrieben ist und auch für "Anfänger" in diesem Genre geeignet ist?
Bislang weiß ich nur, dass Vonnegut, LeGuin und offensichtlich auch Zelazny nicht so mein Fall sind.
…John Brunner ist ein guter Einstieg, weil seine Romane von "klassischer" Space Opera ("Labyrinth der Sterne") bis hin zur Social Fition ("Der Schockwellenreiter") varieren.
Von Philip K. Dick (die 'Blade Runner'-Vorlage) "Träumen Androiden von elektrischen Schafen". Oder seine Shortstory-Sammlungen.
Harry Harrison hat mit seiner Stahlratte-Reihe gut lesbare Heist-Romane zwischen den Sternen im Angebot. Von ihm ist allerdings auch die Vorlage für den Filmklassiker 'Soylent Green'
Barry B. Longyear & seine farbenprächten "Zirkus für die Sterne"-Romane.
Walter M. Miller jr. arbeitet mit feinem Sprachstil in "Lobgesang auf Leibowitz" oder in seiner Kurzgeschichtensammlung.
Alles aus der Feder von James Tiptree jr. (alias Alice Sheldon).
Soweit ein Ausriß… 😉
bonté
Danke für die Empfehlungen! Ich werd mich mal über die genannten Namen informieren und schauen, was ich davon in der Bücherei finde. Das wäre vielleicht auch mal ein guter Anlass, um die "Villa Fantastica" aufzusuchen (eine Bibliothek für fantastische Literatur mit Schwerpunkt auf Science Fiction).
Klingt wirklich nach einem perfekten Tag bei schlechten Wetter! Und macht mir Lust, meine Wunschliste weiter zu dezimieren. Da ich ja mittlerweile zu 90% auf Englisch lese, ist da nicht allzu viel mit Bibliotheken.
Auf jedem Fall bin ich schwer dafür, dass du das bei Gelegenheit wiederholst 🙂
Ja, bei englischen Büchern ist das immer etwas schwierig mit dem Ausleihen, wobei die Büchereien Wien da erfreulicherweise auch ganz gut ausgestattet sind – umso mehr, seit es neben der Onleihe auch noch Overdrive mit vielen englischen ebooks gibt.
Da ich noch eine ganze Reihe von Titeln auf der Liste habe, bei denen ich mir auch nicht mehr sicher bin, ob ich die noch lesen möchte, wird es sicher mal eine Wiederholung geben.
Sehr cool, dass du das so schnell durchgezogen und sogar darüber gebloggt hast! Ich finde es sehr spannend, wie so dein erster Eindruck zu den jeweiligen Büchern war und welche Konsequenzen das für deine Liste hatte. 🙂
Lustigerweise habe ich gerade festgestellt, dass ich wohl an "Eisesgrab" auf deiner Liste Schuld war, weil ich mit einem "hm, der Titel kommt mir irgendwie bekannt vor, was war das noch"-Gedanken mal auf meinem Blog schaute und diese Rezension fand: http://winterkatzesbuchblog.blogspot.de/2015/02/jenny-milchman-eisesgrab.html
Wenn ich mich nach zwei Jahren so wenig an den Titel erinnern kann, dann fliegt er definitiv zu recht von deiner Liste. Dafür ist deine Zeit vermutlich zu schade. *g*
Normalerweise fälle ich ja nicht ganz so schnelle Urteile – ich gebe den meisten Büchern sehr lange Zeit, ehe ich sie abbreche. Aber wenn ich nicht will, dass meine Liste in die Unendlichkeit wächst, ist wohl auch mal ein schnelleres Urteil gefragt.
Ja, auf "Eisesgrab" bin ich durch dich aufmerksam geworden. Der Titel hat interessant geklungen, obwohl er für dich ja auch klare Schwächen hatte, aber beim Anlesen habe ich einfach gemerkt, dass der Funke nicht überspringt.
Ich glaube, so ein schnelles Urteil ist auch nicht das Schlechteste. Wenn du keine Lust auf ein Buch hast, bringt es auch nichts, wenn du es ausleihst oder kaufst. So hast du die Titel, die dich wirklich reizen, wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt, was doch viel angenehmer ist.
Ich bleibe dabei, wenn ich mich so wenig an ein Buch erinnere, dann musst du das definitiv nicht lesen. 🙂
Klingt wirklich nach einem gemütlichen Tag. 🙂 So ähnlich sahen einige meiner letzten Tage auch aus. Nur hatte ich mir nicht die Zeit genommen, reinzuschnuppern. Eher habe ich ausgiebig gestöbert. 🙂
Pamela Moore spricht mich sehr an. Ich habe noch nie etwas von ihr gehört (oder gelesen) und werde gleich mal Google anschmeißen.
Ich mache das ja auch selten, dass ich so ausgiebig in mehrere Bücher reinschnuppere. Aber es hat mir ziemlich Spaß gemacht.
Ich bin ja mal neugierig, ob du dann auch vielleicht etwas von Pamela Moore lesen wirst.
Das ist ja auch mal eine Art, seine Lektüre zu wählen 🙂
Sollte ich vielleicht auch mal versuchen, ich habe nämlich oft das Gefühl, alle meine Bücher gleichzeitig beginnen zu wollen; natürlich stellen sich dann auch einige als Misserfolge heraus.
Ich hoffe, du kannst mit deiner Auswahl noch einige schöne Lesestunden verbringen!
Bei mir ist es oft so, dass ich entweder auf gar kein Buch so recht Lust habe oder auf alle gleichzeitig. *g*
Es war aber gestern auch schon mal erhellend zu merken, bei welchen Büchern es mir schwer gefallen ist, sie beiseite zu legen und zum nächsten zu greifen.