Genre: Jugendroman
Seiten: 343
Verlag: Vintage Digital
ISBN: 9781448139903
Meine Bewertung: 4,5 von 5 Sternchen
„Bücher, die man gelesen haben muss“-Challenge
Die 17jährige Cassandra lebt mit ihrer bunt gemischten Familie in einem allmählich verfallenden Schloss, das ihr Vater nach dem Erfolg seines ersten Buches gemietet hat. Nun hat er seit Jahren nicht mehr geschrieben und es an Geld selbst für die kleinsten Annehmlichkeiten.
Cassandras ältere Schwester Rose reich zu verheiraten, scheint die einzige Möglichkeit zu sein, der Armut zu entkommen, doch woher einen geeigneten Heiratskandidaten nehmen? Als in das nahegelene Herrenhaus eine reiche amerikanische Familie einzieht, sehen sie ihre große Chance gekommen.
Als ich Anfang dieses Jahres die BBC-Liste der 100 Bücher durchgegangen bin, ist dieser Roman sofort auf meiner Wunschliste gelandet. Zwar hatte ich weder von dem Roman noch von der Autorin je etwas gehört noch klingt eine Zusammenfassung allzu spannend, aber ein paar Rezensionen und wenige Seiten Leseprobe haben mich sofort neugierig gemacht. Und das zu recht!
Es ist nicht so sehr die Handlung, die diesen Roman zu einem wahren Juwel macht, sondern vor allem die Figuren. Dodie Smith erweckt sie alle so meisterhaft zum Leben, dass ich im Laufe des Romans beinahe das Gefühl hatte, ich müsste sie alle persönlich kennen. Da ist die Ich-Erzählerin Cassandra, die mit einer wunderbaren Beobachtungsgabe und einem gewissen Sarkasmus ihre Erlebnisse in ein Tagebuch schreibt. Cassandras Vater, der schon seit Jahren unter einer Schreibblockade leidet und sich die meiste Zeit in Krimis vergräbt. Die exzentrische Stiefmutter, die trotz ihrer Marotten einfach nur ungemein sympathisch wirkt. Die schöne ältere Schwester, die besonders unter der Armut leidet, und der freche, kleine Bruder. Und schließlich Stephen, der Sohn der früheren Haushälterin, der Cassandra verehrt und ohne den im Grunde die ganze Familie aufgeschmissen wäre.
Diese Familie und die anderen Menschen in Cassandras Umgebung kennenzulernen, ist beinahe das schönste an dem Roman. Auch das Setting – das ländliche England der 30er Jahre und das baufällige Schloss – ist so wunderbar beschrieben, dass es mir vorkam, als befände ich mich mittendrin.
Aber auch die Handlung ist interessanter und überraschender als es der Klappentext vermuten lässt. Es gibt eine solche Fülle an spannenden, lustigen, unerwarteten, romantischen, schrägen und auch traurigen Ereignissen, dass es ein wahres Vergnügen ist.
Und ganz nebenbei wird Cassandra auch noch erwachsen, entwickelt sich weiter, lernt sich selbst besser kennen.
Das einzige, was mich an dem Roman gestört hat, ist die völlige Antriebslosigkeit, die anfangs in der Familie herrscht. Das sind schließlich alles erwachsene oder fast erwachsene Menschen, die aber keine Möglichkeit sehen, etwas zum Lebensunterhalt beizutragen. Trotzdem sind alle am jammern, weil kein Geld da ist. Das hat mich beim Lesen tatsächlich genervt und ich hätte gern alle mal gründlich durchgeschüttelt, um sie aus ihrer anfänglichen Passivität zu rütteln.
Im Vergleich dazu, was ich an dem Roman alles großartig fand, ist das aber wirklich nur ein kleiner Kritikpunkt. Abgesehen davon ist „I Capture the Castle“ wunderschön zu lesen und ich war wirklich traurig, als ich am Ende all die liebgewonnen Figuren verlassen musste.
Schön, dass dir das Buch gefallen hat! 🙂 Ich muss zugeben, dass mich die Antriebslosigkeit mehr gestört hätte, wenn sie nicht mit dieser desillusionierten Sicht auf sich selbst gekoppelt gewesen wäre. Jede Tätigkeit, die als Geldverdienstmöglichkeit ins Auge gefasst wird, fällt letztendlich aus, weil sie entweder Fähigkeiten voraussetzt, die man nicht hat, oder nicht standesgemäß wäre. Keine praktischen Fähigkeiten zu haben, muss unfassbar entmutigend sein. 😉
Das stimmt schon, aber ich fand jegliche Überlegungen und Versuche nur sehr halbherzig – es werden ein paar Tätigkeiten zur Sprache gebracht und sogleich abgewunken und das wars dann auch schon.
Ich will jetzt auch gar nicht mal sagen, dass es angesichts der Zeit und der Umstände unrealistisch ist, es hat mich aber trotzdem beim Lesen genervt. 😉
Ich will das jetzt auch lesen!!! Bei euch kommt ja jedes mal die pure Begeisterung dabei heraus, das kann ja nicht schief gehen. 🙂
Ich hab’s jetzt aaaaauch gelesen! Endlich endlich endlich. Ich bin ganz verliebt. Ich hab mich genauso gefühlt wie du, als würd ich alle persönlich kennen. Und dann wollte ich eure verlinkten Challenge Reis endlich lesen, und fast alle Blogs sind gar nicht mehr da. Wuäh.
Da wartet man mal kurz sieben Jahre, um ein Buch zu lesen, und schon verändert sich das Internet. Was soll denn das.
Schön von dir zu lesen! 🙂 Das freut mich, dass du nun das Buch auch gelesen hast und es ebenso gern mochtest wie ich! Nimmst du dein 100-Bücher-Vorhaben wieder auf?
Ja, leider sind seit der Challenge sehr viele Blogs verschwunden, die ich auch Jahre später noch immer schmerzlich vermisse.
Jaaaa, ich nehm’s wieder auf :)) Bin schon ganz aufgeregt. Und es macht so einen Spaß, endlich wieder so richtig klassisch britische Bücher zu lesen. Vielleicht trau ich mich ja auch mal irgendwann wieder, eine Challenge zu veranstalten – nur kenn ich mich in der Bücherbloggerwelt überhaupt nicht mehr aus. Glaub ich muss mal meine alte Blogroll checken, wer da noch aktiv von ist.