Rezensionen

Angela Lehner – 2001

erschienen bei Hanser Berlin

Mit 2001 bricht für die 15jährige Julia ein weiteres ödes Jahr im „Tal“ nahe der der italienischen Grenze an. Während Touristen sich an der Alpenidylle erfreuen, sieht Julia hier keinerlei Perspektive für sich. Da sie in der Hauptschule ohnehin als hoffnungsloser „Restmüll“ gilt, schaltet sie auf Durchzug und konzentriert ihre Energie lieber auf Hip-Hop und ihre Freunde. Bis ihr Geschichtslehrer ein politisches Gedankenspiel startet und damit das bisherige Klassengefüge durcheinanderwirbelt.

Für ihren ersten Roman „Vater unser“ erhielt Angela Lehner 2019 den Österreichischen Buchpreis für das beste Romandebüt. In ihrem neuen Werk „2001“ schreibt sie über Jugendliche am Rande der Gesellschaft, die von ihren Eltern und Lehrern bereits aufgegeben wurden. Ich war 2001 17/18 Jahre alt, also fast im selben Alter als Julia, bin aber mit ganz anderen Zukunftsperspektiven aufgewachsen. Dadurch kam mir die geschilderte Jugendwelt im Roman einerseits vertraut, andererseits auch völlig fremd vor. Umso interessanter fand ich es in Julias Gedankenwelt einzutauchen. Angela Lehner schildert sehr eindrücklich, wie schnell Julia und ihre Freunde von außen als Störenfriede und nutzlose Jugendliche abgestempelt werden, während die Innensicht zeigt, wie hoffnungs- und perspektivenlos sie sich fühlen. Das wird auch deutlich, als Julia doch einmal versucht für die Schule zu lernen und dabei so überfordert ist, dass ihr Kopf einfach dichtmacht und sie frustriert wieder aufgibt.

Obwohl der Grundtun des Buches also nicht gerade optimistisch ist, gibt es auch viele humorvolle und warmherzige Szenen rund um Julias Freundesgruppe, ihre „Crew“. Durch ein Schulprojekt in Geschichte, bei dem sich alle in eine politische Figur hineindenken und überzeugend deren Ansichten vertreten müssen, werden allerdings die bisherigen Beziehungsgeflechte durcheinandergebracht. Und das war auch der Punkt, an dem mich der Roman wenig überzeugt hat. Ich fand sowohl den Lehrer als auch die Auswirkungen des Projektes ziemlich aufgesetzt, was umso mehr aufällt, da der Roman sonst so realistisch wirkt. Manches hat Anklänge an „Die Welle“, auch wenn die Folgen in „2001“ bei weitem nicht so drastisch sind.

Trotz dieser Kritikpunkte habe ich den Roman insgesamt gern gelesen und fand ihn auch fesselnd, obwohl auf der Handlungsebene oft gar nicht so viel passiert.

Zuletzt wollte ich eigentlich noch die Frage der Vermarktung und Zielgruppe ansprechen, da „2001“ alle Kriterien eines Jugendromans erfüllt, er aber eindeutig nicht als Jugendbuch vermarktet wird. Da meine Überlegungen dazu aber diese Rezension sprengen würden, werde ich diese in einen eigenen Beitrag auslagern – und lasse hier nur diesen Hinweis auf die meiner Meinung nach fragliche Einordnung von „2001“ stehen.

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