erschienen bei rowohlt
Seit seiner Kindheit träumt Rudolph August Berns, Sohn eines Weinhändlers, davon El Dorado zu finden – die sagenumwobene goldene Stadt der Inka. Nach einer turbulenten Jugendzeit bricht er tatsächlich nach Peru auf, verdingt sich dort zuerst in der Armee, dann als Ingenieur bei der Eisenbahn und baut schließlich mit seinem amerikanischen Freund Harry Singer eine Sägemühle in der Cordillera Vilcabamba. Aber der Traum von El Dorado will ihn nicht loslassen.
Lange dachte man, der Archäologe Hiram Bingham hätte 1911 als Erster Machu Picchu wiederentdeckt. Erst vor einigen Jahren wurde bekannt, dass offensichtlich ein Deutscher namens August Berns bereits in den 60er oder 70er Jahren des 19. Jahrhunderts die legendäre Stadt der Inka gefunden hatte. Die Schriftstellerin Sabrina Janesch begann daraufhin zu recherchieren und konstruierte aus zahlreichen Dokumenten, die sie sowohl in Deutschland als auch Peru fand, die mögliche Lebensgeschichte diesese Mannes.
Tatsächlich ist „Die goldene Stadt“ wie eine Biografie aufgebaut: Der Roman folgt August Berns von seiner Geburt 1842 bis ins Jahr 1887, als sich seine Spuren verlieren (und im Epilog sogar darüber hinaus). Er beschreibt auch, wie sich aus der anfänglichen Leidenschaft für die Kultur der Inka eine Besessenheit entwickelte, die Berns schließlich sogar zum Trickbetrüger machte. Denn er hat kein archäologisches Interesse an der vergessenen Stadt; es geht ihm um die Entdeckung der Goldstadt El Dorado. So träumt er von ungeahnten Schätzen und vergoldeten Häusern – und hört auch nach der Entdeckung von Machu Picchu nicht auf, nach dem vermuteten Gold zu suchen.
Der Roman ist sehr fesselnd zu lesen, auch wenn es auf den etwa letzten 100 Seiten einen leichten Spannungsabfall gibt. Das ist auch etwa der Punkt, an dem in einem „klassischen“ historischen Roman der Spannungsbogen zum Ende kommen würde: mit der Entdeckung der gesuchten Stadt. Aber „Die goldene Stadt“ geht eben über diesen Punkt hinaus – einerseits aufgrund des biografischen Charakters, andererseits aber auch, weil sich natürlich die Frage stellt, weshalb August Berns nicht als Entdecker von Machu Picchu bekannt wurde.
Mir hat der Roman trotz der kleinen Längen zum Ende hin sehr gut gefallen. Mich hat einerseits fasziniert, wo es August Berns überall hin verschlug (zwischenzeitlich sogar nach Amerika und zu den Anfängen des Panamakanalbaus) und andererseits, wie überzeugend Sabrina Janesch seine Persönlichkeit und seine Charakterentwicklung schildert.
„Die goldene Stadt“ reiht sich vom Genre her irgendwo zwischen historischem Roman, Abenteuerroman und Biografie ein und ich kann das Buch allen empfehlen, die gern über Entdecker lesen oder sich bei historischen Romanen lieber abseits der üblichen Pfade bewegen.