Genre: Romantik
Seiten: 224
Verlag: Robert Hale
ASIN: B0078XFWYG
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternchen
Dieser Roman war wieder einmal ein günstiger ebook-Fund, zu dessen Handlung es nicht viel zu sagen gibt: Er erzählt die Ereignisse aus „Pride and Prejudice“, die ja vermutlich allen hinlänglich bekannt sind, aus der Sicht von Mr Darcy.
Normalerweise bin ich kein großer Fan davon, wenn ein bekannter Roman von einer anderen Schriftstellerin aus einem neuen Blickwinkel erzählt wird. Aber mir war gerade so nach leicht-flockiger Lektüre, bei der ich weiß, was mich erwartet.
Und bekommen habe ich dann auch das, was ich erwarte habe, im positiven wie im negativen Sinn. Das Gedankenspiel, wie „Pride and Prejudice“ aus Darcys Sicht aussehen könnte, fand ich prinzipiell recht reizvoll, da es zwischen Darcy und Elizabeth ja doch so einige Missverständnisse gibt und sie vieles falsch interpretieren. Es war durchaus amüsant, die ganze Geschichte einmal aus Darcys Blickwinkel zu betrachten und insgesamt hatte ich auch das Gefühl, dass Amanda Grange diesen auch recht überzeugend schildern konnte. Absolut köstlich war der erste missglückte Antrag, bei dem Darcy auch hinterher felsenfest der Überzeugung ist, er hätte sich wie ein wahrer Gentleman verhalten – bis Fitzwilliam ihm ein wenig auf die Sprünge hilft.
Sehr schön war auch das Verhältnis zwischen Georgiana und Darcy geschildert, da spürt man zwischen den Zeilen richtig die geschwisterliche Liebe.
Allerdings gab es auch einige Szenen, vor allem in der zweiten Hälfte, die auf mich sehr „out of character“ wirkten. Vor allem, wenn Darcy ständig jede Regung von Elizabeth, jedes Lächeln und jeden Gesichtsausdruck beobachtet und analysiert, wird es etwas zuviel des guten. Jaja, er ist verliebt, aber das fand ich doch übertrieben. Auch die Tagebuchform fand ich nicht immer gelungen umgesetzt. Die Einträge setzen ein mit der Georgiana-Wickham-Sache, sind also ganz klar kein reines Ventil für Darcys unerwartete Gefühle Elizabeth gegenüber. Dennoch geht es ab einem bestimmten Punkt nur noch um sie und es scheint, als hätte Darcy daneben praktisch kein Leben mehr.
Und es stellt sich natürlich die prinzipielle Frage, ob jemand wie Darcy überhaupt ein Tagebuch führen würde.
Dass man bereits die ganze Handlung des Romans im Vorfeld kennt, ist stellenweise natürlich auch ein wenig problematisch, da man viele Dialoge so eben logischerweise schon kennt. Dennoch hatte das Buch eine gewisse Sogwirkung und ich konnte stellenweise kaum aufhören zu lesen. Oft aus Vorfreude auf bestimmte Szenen oder oft auch aus reiner Neugierde, wie Grange diese oder jene Szene wohl aus Darcys Sicht darstellen würde.
Insgesamt kann ich sagen, dass der Roman sehr nett zu lesen war und es Spaß gemacht hat, mal aus diesem Blickwinkel in die altbekannte Handlung einzusteigen. Leider fühlte sich die Tagebuchform manchmal allzu gezwungen an und auch die Art der Einträge klang für mich einige Male nicht nach Darcy, sondern nach Fangirl.
Dennoch überlege ich jetzt beinahe, ob ich es noch mit einem weiteren Roman dieser Art von Amanda Grange probieren soll – die Autorin hat nämlich noch ein paar weitere Tagebücher aus der Sicht von Austen-Männern geschrieben.