Rezensionen Sachbuch

Philipp Fuge – Kein Schritt umsonst. Zu Fuß von Berlin zum Nordkap

Self-Publishing; unter der ISBN 978-3-7460-8717-7 sowohl als Taschenbuch als auch als E-Book im Buchhandel erhältlich

2016 hat der Arzt Philipp Fuge einige Monate Auszeit, ehe sein neuer Job beginnt. Diese will er nutzen, um seine seit langer Zeit geplante Wanderung von Berlin zum Nordkap anzutreten. Im März bricht er auf – mit 25 kg auf dem Rücken und mehr als 3000 km vor sich. 150 Tage ist er insgesamt unterwegs und lernt dabei Deutschland, Skandinavien und sich selbst ganz neu kennen.

Ich lese sehr gern Erfahrungsberichte über Weitwanderungen und schwanke dabei meistens zwischen „Ich würde das auch so gern machen“ und „So etwas könnte ich niemals machen“. So ging es mir auch mit dem Buch von Philipp Fuge, das seine wirklich bemerkenswerte Wanderung dokumentiert. Obwohl er besonders zu Beginn immer wieder zweifelt und sich erst einmal mit dem schweren Rucksack, dem langen Gehen und den Nächten im Zelt zurechtfinden muss, lässt er sich doch nicht beirren und geht Schritt für Schritt weiter: bei Schnee, Regen, Sonne, Sturm, Hagel, Gewitter und Hitze.

Dabei sucht er ganz bewusst die Einsamkeit und auch Einfachheit. Er übernachtet praktisch nie in Hotels oder Herbergen und kehrt nicht in Restaurants ein, sondern versorgt sich in Supermärkten, was auch bedeutet, dass er manchmal Proviant für eine Woche oder mehr tragen muss. Das fand ich sehr bewundernswert, auch wenn ich es ab und zu schade fand, dass er Einladungen zu Übernachtungen und kurzen Mitfahrgelegenheiten stets ausschlug. Ich könnte mir vorstellen, dass sich dabei interessante Gespräche ergeben hätten, aber Philipp Fuge möchte diesen Weg alleine schaffen und das zieht er auch durch. Lediglich am Ende der Reise, als er zu Fuß durch den Nordkaptunnel geht, empfand ich das als unnötige Sturheit. Bei meiner Norwegenreise vor vielen Jahren bin ich im Bus durch den Tunnel gefahren und bei der Vorstellung, dort zu Fuß durchzugehen, läuft es mir kalt den Rücken hinunter. Die Beschreibung dieser Passage liest sich dann auch entsprechend ungemütlich und gefährlich.

Der Erfahrungsbericht ist als Tagebuch angelegt und so erlebt man tatsächlich jeden Tag der Wanderung hautnah mit. Ich könnte mir vorstellen, dass das manchen zu lang oder repetitiv ist, aber ich persönlich fand gerade das interessant. Auf diese Weise erlebt man wirklich den Alltag auf dieser Reise, die wechselnden Landschaften, das Wetter, alle Hochs und Tiefs und die Gedanken, die dem Autor dabei durch den Kopf gehen, mit. Immer wieder tauchen die Fragen auf, wieviel Luxus oder materielle Dinge man eigentlich benötigt um glücklich zu sein und ob der Mensch sich in der Welt nicht viel zu wichtig nimmt. Bei diesen Passagen kommt Philipp Fuge sehr bescheiden und sympathisch rüber, auch wenn es ein paar Momente gibt, die ich als etwas überheblich bzw. vorurteilsbehaftet empfunden habe (z.B. als er einer Gruppe Survival-Typen begegnet).

Abgesehen davon habe ich das Buch sehr genossen und es auch schade gefunden, als die Reise dann am Nordkap zu Ende war. Weiterempfehlen kann ich „Kein Schritt umsonst“ trotzdem nur bedingt, da ich denke, dass die Tagebuchform und die Ausführlichkeit der Beschreibungen nicht jedermanns Sache ist. Philipp Fuges neues Buch „Der Weg ist mein Zuhause“, das von einer noch längeren Wanderung von Gibraltar bis zum Nordkap berichtet, aber etwas verdichteter geschrieben ist, ist vermutlich besser für ein breites Publikum geeignet.

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