Genre: Gesellschaftsroman
Seiten: 416
Verlag: dtv
ISBN: 978-3423124775
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen
Klassiker-Challenge (Österreich/Schweiz)
Themen-Challenge (Aufstieg/Fall)
Als der Soldat Joseph Trotta bei der Schlacht von Solferino dem Kaiser das Leben rettet, wird er daraufhin in den Adelsstand erhoben. Auch die weiteren Generationen profitieren von der Gunst des Kaisers, aber während Josephs Sohn noch ein erfolgreiches Leben als Bezirkshauptmann führt, findet der Enkel Carl Joseph nicht so recht seinen Platz im Leben. Aus Pflichterfüllung schlägt er eine militärische Laufbahn ein, die eigentlich vom Beginn an unter keinem guten Stern steht. Und so sieht parallel zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie auch die Familie Trotta ihrem Untergang entgegen.
Joseph Roth zeichnet in seinem wohl bekanntesten Roman anschaulich und mit leichter Melancholie das Bild einer Epoche, die mit dem 1. Weltkrieg ihr jähes Ende fand. In „Radetzkymarsch“ zeigt sich das sterbende Kaiserreich noch einmal in seiner ganzen Pracht, wenn der Autor von Fronleichnamsprozession und Militärparade, kaiserlichen Audienzen und dem Leben in fernen Grenzregionen schreibt.
Mit seinen Schilderungen schafft Joseph Roth eine unglaubliche Atmosphäre, der ich mich nicht entziehen konnte. Die heute gerade in Wien noch oft anzutreffende Verklärung des Hauses Habsburg wollte mir nie so recht einleuchten, aber beim Lesen dieses Romans konnte ich doch eine gewisse Trauer angesichts des Verfalls des Kaiserreiches nicht unterdrücken. Gerade das Kapitel, das für kurze Zeit dem Alltag des alternden Kaisers folgt, gehört für mich zu den stärksten des gesamten Romans.
Franz Joseph war für mich als Charakter in diesem einen Kapitel sogar greifbarer als Carl Joseph, der eigentliche Protagonist, in dem ganzen Buch.
Und das ist auch mein größter Kritikpunkt an dem Roman: Der junge Leutnant Trotta war für mich die ganze Zeit nicht so recht greifbar. Das liegt zum Teil natürlich daran, dass er keine besonders starke Persönlichkeit ist. Ziellos lässt er sich von den äußeren Umständen treiben und kann seinen Platz im Leben nicht finden. Dass er auch auf mich als Leserin eher blass wirkte, entsprach also durchaus seinem Charakter, aber dennoch hatte ich meine Probleme mit ihm. Sein Vater und eben auch Kaiser Franz Joseph haben mich beim Lesen viel mehr berührt und auch fasziniert.
Davon abgesehen gibt es für mich bei diesem Roman nichts zu nörgeln. Er liest sich flüssig und sprachlich sehr schön. Da gibt es keine Formulierungen, über die man stolpert. Alle Worte sind treffend gesetzt und wirken stets präzise gewählt. Und unter der sentimentalen Grundstimmung findet sich auch eine feine Ironie, die mich manchmal schmunzeln ließ.
Inhaltlich gibt es ein paar kaum nennenswerte Längen, die man aber spätestens mit der Hälfte des Romans hinter sich lässt.
Ein wirklich empfehlenswerter Roman, der ein äußerst anschauliches Bild der untergehenden k.u.k. Monarchie vor dem 1. Weltkrieg zeichnet.
Wow, das ist dann dein 10. Klassiker, oder? Da hast du meine Challenge ja als Erste bestanden! Glückwunsch 😀
Danke. 🙂
Ja, das war Nummer 10. Ist mir selbst erst irgendwann nachher bewusst geworden. *g* Aber ich würde ja gern die restlichen 6 auch noch schaffen.