Rezensionen Sachbuch

Bärbel Arenz, Gisela Lipsky – Mit Kompass und Korsett. Reisende Entdeckerinnen

Genre: Sachbuch
Seiten: 176
Verlag: ars vivendi
ISBN: 978-3897164185
Meine Bewertung: 3,5 von 5 Sternchen

Sachbuch-Challenge

 

Die beiden Autorinnen stellen in diesem Buch 16 weitgereiste Frauen aus dem 18. bis frühen 20. Jahrhundert vor, die aus unterschiedlichsten Gründen in die Ferne aufgebrochen sind. Es sind sehr faszinierende Frauen, die hier porträtiert werden und die sich meist über zahlreiche Konventionen hinwegsetzten.
Von den wenigstens hatte ich zuvor jemals gehört, aber nun sind so einige von ihnen verfasste Reiseberichte auf meinem Wunschzettel gelandet.
Da wäre etwa die abenteuerlustige Wienerin Ida Pfeiffer, die als erste weiße Frau zu den Kopfjägern auf Borneo reist und dessen Gastfreundschaft preist, oder Amelia Edwards, die sich leidenschaftlich für den Erhalt archäologischer Altertümer in Ägypten engagiert; die britische Krankenschwester Kate Marsden, die Leprakranke in Sibirien behandelt und dafür in ihrer Heimat allerortens nur Kritik erntet und Isabelle Eberhardt, die ein freies, unkonventionelles Leben führen möchte und von tiefster Einsamkeit getrieben durch Nordafrika reist.
Die Porträts sind zwar recht kurz, zeichnen aber doch anschauliche Bilder der so unterschiedlichen Frauen. Viele von ihnen wirken erstaunlich modern und äußern trotz zeitbedingter Vorurteile schärfste Kritik am Kolonialismus und Sklavenhandel. So etwa die Niederländerin Alexandrine Tinné, die auf ihren Reisen zahlreiche Menschen aus der Sklaverei freikauft.
Das Buch ist genau das richtige für alle Fernsüchtigen, auch wenn man manche Reisen wohl nicht unbedingt nachmachen möchte, so beschwerlich und strapaziös klingen diese. Umso mehr sind die Frauen zu bewundern, die alle Strapazen und Gefahren bewältigen, oft gegen den Widerstand von Männern oder der ganzen Gesellschaft.
Doch obwohl sich das Buch schön lesen lässt und von sehr faszinierenden Persönlichkeiten erzählt, war ich von der Aufmachung des Sachbuches nur mäßig begeistert. Auf der jeweils ersten Doppelseite findet sich stets ein kleines Porträt der jeweiligen Frau sowie eine Überblickskarte, auf der die (meisten) bereisten Orte eingezeichnet sind.

 

Soweit ist das alles noch schön gestaltet, aber was die weiteren Abbildungen in dem Buch betrifft, sind diese eine große Enttäuschung: Obwohl viele der Frauen Zeichnungen oder Fotografien auf den Reisen angefertigt haben, gibt es in dem Buch lediglich moderne, nichtssagende Fotos, wie man sie auch in jedem beliebigen Reiseführer finden würde:

 

Das fand ich wirklich enttäuschend, da ich mir gewünscht hätte, dass darin Abbildungen aus der jeweiligen Zeit zu finden sein würden. In den jeweiligen Wikipedia-Einträgen gibt es dagegen fast immer wunderschöne Abbildungen von den Frauen auf ihren Reisen – genau so etwas hätte ich mir in dem Buch gewünscht.
Und ganz ehrlich: Viel ausführlicher als die Wikipedia-Artikel sind die Biografien in dem Buch auch nicht, am ehesten können sie noch durch die zahlreichen Zitate aus den Reiseberichten der porträtierten Frauen punkten.
Alles in allem also ein interessantes Buch, das aber leider nicht sehr in die Tiefe geht und nur dürftig ausgestattet ist. Ich hatte es glücklicherweise nur aus der Bücherei ausgeliehen, denn der stolze Preis ist in diesem Fall wirklich nicht gerechtfertigt.

5 thoughts on “Bärbel Arenz, Gisela Lipsky – Mit Kompass und Korsett. Reisende Entdeckerinnen

  1. Hallo Neyasha.
    Vom Hügel der Vorteile aus betrachtet, eignet sich das Band mehr als Wegweiser zu den interessanten Büchern der jeweiligen Frauen. Soweit erhältlich, was ja nicht selbstverständlich ist.

    In dieser Weise eigenständige Frauen erschienen dem Gros der Mannen wie die Manifestation eines Drogenrausches – nicht von ihrer Welt. Dezent schizoid übrigens, wenn einerseits die "Schwachheit des Weibes" auf den Altar gehoben wurde, während auch die Frauen sich in den Fabriken des Geldadels zu Tode schuften durften.
    Die Macker dieser Welt sind leider noch immer manifest! :-/

    Glücklichweise gibt es (kleine) Verlage, die sich um die Geschichte & die Werke solcher Abenteurerinnen, Wissenschaftlerinnen, Journalistinen kümmern.

    bonté

  2. Hach, um dieses Buch bin ich auch schon ewig rumgeschlichen, aber der Preis hat mich bisher abgeschreckt.

    Und nachdem, was du schreibst, wird es wohl dabei bleiben. Vielleicht leihe ich es mir mal aus der Bücherei aus, aber bei dem Preis erwarte ich auch eine besondere Ausstattung, die aber doch nicht vorhanden ist…

  3. Ich fürchte, dass Werke, die sich nicht gerade mit einer einzelnen Person beschäftigen, viel zu häufig das Thema nur anreißen. Dass dieser Titel aber weniger Material beinhaltet als ein Wikipedia-Artikel ist wirklich schade – auch wenn er so immerhin noch als Einstiegslektüre für Leser dienen kann, die für die Informationssuche nicht aufs Internet zurückgreifen. 😉

    1. Ich fand es ja durchaus schön, hier einen gewissen Querschnitt zu bekommen: Dadurch, dass so viele Frauen porträtiert werden, bekommt man auch einen Überblick über die unterschiedlichen Beweggründe, die sie zum Reisen bewegt haben – und über die Unterschiede oder auch Ähnlichkeiten in ihrer Vorgehensweise.
      Ein bisschen ausführlicher hätte es aber dann doch sein dürfen.

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