Lesegeplauder

Gekürzte Hörbücher

Ein Thema, worüber ich öfter mal nachdenke, ist das Kürzen von Hörbüchern. Ich halte im Grunde nichts davon, Bücher für die Hörbuchfassung zu kürzen. Gerade deshalb habe ich vor einer Weile wieder ein Abo für Audible abgeschlossen, da es dort oft auch ungekürzte Fassungen zu Büchern gibt, die auf CDs nur gekürzt angeboten werden.
 
Trotzdem habe ich auch schon das eine oder andere Mal ein gekürztes Hörbuch gehört – sei es im Rahmen eine Gratisaktion, sei es, weil mir die CDs in der Bücherei untergekommen sind und ich erst zu Hause gemerkt habe, dass sie nicht ungekürzt sind oder sei es auch, weil es um ein Buch ging, das mich nicht so brennend interessiert hat und von dem ich einfach einen Eindruck bekommen wollte. Meine Erfahrungen waren dabei durchaus unterschiedlich. So kam mir etwa „Drachenbrut“ von Naomi Novik sehr überhastet und sprunghaft vor, während ich bei „Seelen“ von Stephenie Meyer viele Szenen als redundant und übermäßig in die Länge gezogen empfunden habe – und mich gefragt habe, wie das denn bitte erst in der ungekürzten Fassung ist.
 
Ab und zu stellt sich also vielleicht auch die Frage, ob nicht schon das Buch energischer gekürzt werden sollte und von einer gewissen Verschlankung nicht auch profitieren würde. Trotzdem ist es für mich etwas anderes, wenn der Autor in Zusammenarbeit mit dem Lektor den Roman kürzt als wenn das jemand Außenstehender macht. Wenn man bei einem gekürzten Hörbuch nie das Gefühl hat, dass etwas fehlt, spricht das im Grunde nicht besonders für den Roman und man wird wohl auch die gekürzte Fassung als gelungen bezeichnen können, aber weiß ich denn als Leserin, ob dabei nicht der Schwerpunkt verschoben wurde? Schließlich ist das auch sehr subjektiv, was als „überflüssig“ empfunden wird. Und wenn etwa Sätze gekürzt werden, verfälscht das nicht gänzlich den ursprünglichen Schreibstil?
Das sind natürlich Probleme, die nicht nur Hörbücher betreffen, sondern auch gekürzte Fassungen z.B. von Klassikern oder die gängige Praxis, dass man vor einigen Jahren Bücher anscheinend in der Übersetzung ungeniert gekürzt hat (etwa Kinderbücher wie Trixie Belden, aber auch bei Agatha Christie war das häufig der Fall).
 
Es gibt übrigens von Audible hierzu einen älteren, aber noch immer interessanten Beitrag, der einerseits nachvollziehbare Gründe für das Kürzen nennt, andererseits aber auch Probleme anspricht, wie etwa, dass man Reihenbände nur schwer kürzen kann, wenn man die Fortsetzungen nicht bereits alle kennt.
Ich persönlich habe von gekürzten Hörbüchern mittlerweile gänzlich Abstand genommen – und würde mir gerade deshalb eine deutlichere Kennzeichnung wünschen. Manches Mal musste ich wirklich bei CDs nahezu mit der Lupe danach suchen, was ich sehr ärgerlich finde.
 
Wie ist das bei euch? Hört ihr lieber gekürzte oder ungekürzte Hörbücher oder ist euch das egal? Was haltet ihr von gekürzten Fassungen ganz allgemein?

21 thoughts on “Gekürzte Hörbücher

  1. Ganz früher habe ich gar nicht bewusst beim Kauf darauf geachtet, ich war naiv genug davon auszugehen, dass die Hörbücher immer vollständige Wiedergaben der Printversionen sind. Verrückt, ich weiß.
    Wenn ich mich heute nach einem Hörbuch umsehe, suche ich nach ungekürzten Fassungen. Falls es den Titel ungekürzt gar nicht gibt, dann nehme ich auch schon mal kompromisshalber den gekürzten. Falls es eine vom Autor genehmigte gekürzte Fassung ist, kann ich damit auch gut leben (z.B. das Hörbuch "Tschick" von Wolfgang Herrndorf)

    1. Bei den ersten Hörbüchern habe ich darauf auch nicht geachtet, weil ich gar nicht auf die Idee gekommen wäre, dass sie gekürzt sein könnten.
      Ich verzichte mittlerweile eher auf das Hörbuch, wenn es das nur gekürzt gibt. Eine Ausnahme ist es, wenn ich das Buch schon gelesen habe und das Hörbuch für mich nun ein Reread ist.

  2. Obwohl ich erst zwei Hörbücher gehört habe, habe ich dazu schon eine ganz klare Meinung: am liebsten ungekürzt!
    Mir erschließt sich einfach nicht der Sinn, weshalb man ein Hörbuch kürzen sollte – ich gehe ja auch nicht in ein Buchgeschäft und kaufe mir ein gekürztes Buch (zumindest bewusst!).

    Deswegen könnte ich deinen Beitrag voll und ganz unterschreiben, ich habe da nämlich ähnliche Bedenken.
    Dass nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist, ob das Hörbuch gekürzt ist oder nicht, empfinde ich ehrlich gesagt als Frechheit. „Er ist wieder da" von Timur Vermes ist z. B. gekürzt – als ich das bei spotify gehört hatte, war mir das allerdings nicht klar.

    Was ich auch nicht leiden kann, sind gekürzte Fassungen, die sich dann am Film orientieren. Ich glaube, so war das doch bei „Les Miserables", zumindest ist das Buch mit dem Filmcover deutlich dünner als das (ungekürzte?) Originalwerk.
    Zwar habe ich „Die Elenden" zwischendrin beendet und seitdem nicht mehr zu Ende gelesen (Schande über mich!), aber ich weiß, dass ich mich beim nächsten Mal, trotz der Längen, wieder an das Original wagen werde und mich nicht mit der gekürzten „Filmversion" zufriedengeben werde.

    1. Ich finde auch, dass das eine ziemliche Frechheit ist. Vor einer Weile hat Thalia auch ein Hörbuch-Abo ins Leben gerufen und da gab es anfangs oft gar keine Angaben, ob ein Hörbuch gekürzt oder ungekürzt ist. Erst ein Vergleich mit dem Hörbuch bei Audible hat darüber Ausschluss gegeben. Für mich ein absolutes NoGo. Inzwischen dürfte das aber besser sein.
      So gekürzte "Film-Versionen" sind mir noch nie untergekommen. Das geht ja mal gar nicht!

    2. Hui, das ist ein ziemlicher Unterschied. Ich habe mich aber grad mal ein wenig schlau gemacht und glaube nicht, dass es sich dabei um eine extra gekürzte Film-Version handelt, sondern um eine der älteren Übersetzungen. Es gibt nämlich von Les Miserables 4 Übersetzungen ins Deutsche und davon ist nur eine ungekürzt. Beim "Graf von Monte Christo" ist es ja ganz ähnlich.

  3. Ich mag gekürzte Bücher nicht.
    Es gab (und gibt wahrscheinlich immer noch) einen Verlag oder so ähnlich, der hier in der Schweiz Bücher auf Heftformat kürzt. Diese Hefte werden über die Schulen verkauft. Sehr wahrscheinlich um den Schülern das Lesen nahe zu bringen, die vielleicht von einem dicken Buch abgeschreckt werden. Dass sie gekürzt sind, war mir damals nicht bewusst.
    Nun gut, es war in der 3. oder 4. Klasse, ich wollte unbedingt das Buch "Mio, mein Mio". Es gab nur ein Exemplar und eine Freundin wollte es auch. Ich war damals schon schüchtern, aber ich wollte es unbedingt. Also war ich so schnell mit; "Ich will es!" als es hiess, wer möchte es.
    Freundin ausgestochen, Buch bekommen. Ob ich es ihr ausgeliehen habe, weiss ich nicht mehr. Ich weiss auch nicht mehr, ob es mir gefallen hat oder nicht. Ich weiss nur noch, dass ich irgendwann mal das ungekürzte Buch in die Hände bekam und dermassen enttäuscht war. Ich hab so um ein Heft gekämpft und bekommen habe ich eine lausige gekürzte Fassung. Das richtige Buch konnte ich nie lesen, es war zu viel an Enttäuschung dahinter. Und dass es vielleicht besser gewesen wäre, dass meine Freundin das Buch bekommen hätte.
    Soviel dazu. Ich mag gekürzte Bücher nicht.

    1. Sowas ist mir ja überhaupt ein Rätsel – wofür bitte ein Kinderbuch kürzen, das ohnehin leicht zu lesen ist und sich an junge Leser richtet? Ich kann es ja noch irgendwie nachvollziehen, wenn es z.B. Jugendausgaben zu Klassikern gibt oder vereinfachte Ausgaben für Fremdsprachen-Anfänger, aber das mit "Mio, mein Mio" ist mir wirklich ein Rätsel.
      Schade, dass du das ungekürzte Buch dann nie gelesen hast. Ich selbst habe den Roman überhaupt erst als Erwachsene gelesen und er kam für mich nicht an "Die Brüder Löwenherz" heran, aber ich fand ihn trotzdem sehr schön.

  4. Interessantes Thema!
    Ich höre meist Hörbücher zu Büchern, die ich schon gelesen habe. Da finde ich das Kürzen dann nicht so schlimm, weil ich ja alles schon kenne. Bisher habe ich auch kaum mal das Gefühl gehabt, dass mir etwas fehlt. Die einzige Ausnahme bilden die Hörbücher zur Müttermafia-Reihe von Kerstin Gier (Nanni hat da auch gerade was zu geschrieben). Die Bücher sind so lustig, die Hörbücher aber richtig schlimm.

    Grundsätzlich versuche ich aber wie du, ungekürzte Hörbücher zu hören.

    1. Für mich ist es auch was anderes, wenn ich das Buch schon kenne.
      Wenn manche Bücher beim Kürzen so verstümmelt werden, ist das wirklich schlimm. Mir ging es eben so mit "Drachenbrut", wobei ich da das Original gar nicht kenne. Aber ich habe gemerkt, dass oft Anschlüsse nicht gepasst haben, dass manches sprunghaft gewirkt hat und eben auch sehr überhastet.

      Es kommt natürlich auch immer drauf an, wie stark das Hörbuch gekürzt ist. Ich habe schon mal gekürzte Fassungen gesehen, die gerade mal halb (!) so lang dauerten wie die ungekürzten, aber auch solche, die gerade mal um etwa 1/10 kürzer waren.

    2. Ja, das ist leider noch nicht mal so selten. Bei "Noah" von Fitzek z.B. stehen 15 Stunden etwa 7 Stunden gegenüber, bei Folletts "Kinder der Freiheit" sind es ungekürzt 42 Stunden, gekürzt dagegen gerade mal knapp 15 (!!).

  5. Ein gut gekürztes Hörbuch ist für mich eine akzeptable Alternative, wenn ich keine ungekürzte Fassung in die Hände bekomme – ABER die Kürzung muss gut vorgenommen sein. Wenn es Anschlussprobleme gibt, man Probleme hat die Handlung zu verstehen oder (für mich) wirklich wichtige Elemente entfernt werden, dann werde ich grantig. Es gibt ja einige Hörbuchverlage, deren Ziel es zu sein scheint eine Geschichte auf ein Minimum zu reduzieren, und deren Titel höre ich inzwischen nicht mehr (bzw. nur noch, wenn ich sie ausgeliehen bekommen und mir einen allgemeinen Eindruck vom Autor verschaffen möchte), weil ich mich nur ärgere.

    Grundsätzlich kann ich schon verstehen, wenn man umfangreiche Klassiker für Kinder und Jugendliche gekürzt auf den Markt bringt, aber dann würde ich mir auch wünschen, dass das explizit erwähnt wird. Während man bei Hörbüchern davon ausgehen kann, dass jeder Titel, der nicht extra das "ungekürzt" vermerkt hat, gekürzt oder "bearbeitet" ist, ist das bei Buchausgaben leider nicht so einfach.

    1. Ich finde es auch unglaublich, was für verstümmelte Versionen es da teilweise gibt. Wie ich oben schon bei Tine geschrieben habe, ist "Die Kinder der Freiheit" in der ungekürzten Audible-Version 42 Stunden lang, während Lübbe Audio es geschafft hat, das auf knapp 15 Stunden zusammenzukürzen. Was auch immer dann noch vom Roman übrig ist …

      Und ja, eine deutliche Kennzeichnung wäre wirklich zu begrüßen, nicht nur bei Hörbüchern.

    2. Lübbe habe ich da eh gefressen. Ich habe mal die gekürzte und die ungekürzte Version vom ersten Teil von "Das Rad der Zeit" verglichen – und die gekürzte war absolut unverständlich und hat elementare Teile der Handlung ausgelassen, die nicht nur für das aktuelle Geschehen wichtig waren, sondern auch für den gesamten Fortgang der Handlung. Diese Elemente werden auch immer wieder in der Serie erwähnt und gehörten mit zu einer der Hauptentwicklungen eines der Charaktere. Unfassbar! Ich kann mich heute noch aufregen und es ist Jahre her … 😉

    3. Unmöglich sowas. Einen so direkten Vergleich hatte ich noch nie, aber man merkt ja trotzdem manchmal, ob was rausgekürzt wurde. Wieso man einen Roman so verstümmelt, dass weder der eine Band noch die Folgebände verständlich sind, ist mir wirklich ein Rätsel.

  6. Zurzeit höre ich ja überhaupt keine Hörbücher, deswegen ist das Thema nicht akut bei mir. Ansonsten habe ich nicht grundsätzlich was gegen gekürzte Hörbücher, wenn es gut und sinnvoll gemacht ist. Wobei sich auch mir natürlich die Frage stellt, ob der Autor mit dem Lektorat nicht hätte intensiver kürzen können, wenn das Hörbuch Kürzungen so toll verträgt …

    Es ist für mich schon so, dass Hörbücher anhören sehr lange dauert, vor allem im Vergleich zum selbst lesen. Daher kann ich nachvollziehen, dass gekürzt wird, weil nicht jeder möchte mehrere Wochen lang jeden Tag hören. Sondern sucht nur ein Hörbuch für eine längere Fahrt oder ähnliches.

    Eine Ausnahme sehe ich dann aber doch: High-Fantasy-Romane. Die sind in aller Regel so geschrieben, dass es schon sehr unangenehm auffällt, wenn da einfach Passagen entfernt werden. Aber ich finde, dieses Genre richtet sich generell weniger an den Gelegenheitsleser.

    1. Da ich sehr schnell lese, brauche ich für ein Hörbuch auch um ein Vielfaches länger als wenn ich das Buch selbst lesen würde. Wälzer von 30 Stunden und mehr sind da zeitlich schon recht heftig und nehmen natürlich auch eine geraume Zeit in Anspruch. Insofern kann ich das mit dem Kürzen prinzipiell nachvollziehen. Aber wenn ich ein Hörbuch horche, dann möchte ich halt das Buch "gelesen" haben und nicht vielleicht ganze Handlungsteile von jemand anderem als dem Autor rausgekürzt bekommen.
      Trotzdem kann ich verstehen, dass manche lieber gekürzte Hörbücher mögen. Ich fände es aber nur fair, wenn das dann für die, die das nicht mögen, auch klar und deutlich gekennzeichnet wird.

      Ob High Fantasy schwerer zu kürzen ist … hm, ich weiß nicht. Ich habe da schon so einige Romane gelesen, bei denen ich mir sehr gewünscht hätte, wenn jemand kräftig den Rotstift angesetzt hätte. 😉

  7. Früher habe ich überhaupt nicht darauf geachtet, ob ein Hörbuch gekürzt ist oder nicht – wobei es da auch gar keine Alternativen gegeben hätte, es gab grundsätzlich nur gekürzte Versionen. Ich glaube, Harry Potter war einer der ersten Fälle, wo auf Deutsch Komplettfassungen als Hörbücher erschienen sind.
    Heute nehme ich eigentlich immer die ungekürzte Version (wenn vorhanden), nur in bestimmten Fällen kaufe ich auch eine gekürzte Version, z. B. weil ich den Sprecher oder die Edition halt so gern mag o. Ä.

    Bei meinen Langzeit-Leseprojekten (BBC-Liste/Nobelpreisträger) oder auch bei der BuchVerfilmungs-Challenge werte ich Hörbücher grundsätzlich nur dann, wenn sie ungekürzt sind – bei einer gekürzten Version habe ich schließlich nicht das ganze Buch konsumiert, kann also auch nicht wirklich das ganze Buch beurteilen.

    Ohne euch nun eurer Illusionen berauben zu wollen, muss ich aber sagen, dass Kürzungen nicht den Hörfassungen vorbehalten sind. Je nach Verlag oder Genre können auch deutsche Übersetzungen gegenüber dem Original gekürzt sein. Und zwar nicht nur früher (die alten James-Bond-Übersetzungen sind so ein Fall), sondern auch heutzutage. Da ist dem Verlag das Original zu lang(atmig), hat nicht genug Tempo oder so, also wird der Übersetzer gebeten, das beim Übersetzen doch "etwas zu straffen" oder um XX Seiten zu kürzen. Gekennzeichnet wird so was nicht, als deutscher Leser weiß man also gar nicht, dass man nicht das komplette Buch zu lesen bekommt. Finde ich ganz unmöglich, ist aber leider Realität.

    1. Es gab, glaube ich, schon ziemlich bald ein ungekürztes Hörbuch von Herr der Ringe und/oder vom Hobbit. Ansonsten habe ich ja erst vor ein paar Jahren mit Hörbüchern angefangen und da waren dann die ungekürzten schon im Kommen.
      Bei Challenges, bei denen ich das Hörbuch quasi als Buch-Ersatz zähle, werte ich sie auch nur dann, wenn sie ungekürzt sind.

      Ja, die Illusionen habe ich leider eh schon längst verloren – sei es durch gekürzte Klassiker oder die gekürzten Kinderbücher früher. Dass das bei Übersetzungen noch immer vorkommt, ist mir allerdings erst sehr spät bewusst geworden. ich würde mir wirklich wünschen, dass so etwas klar und deutlich gekennzeichnet wird.

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