1. Band der Krimireihe „Fire&Ice“
erschienen bei Hoffmann und Campe
entdeckt durch: Empfehlung einer Bekannten
woher: Städtische Bücherei (Onleihe)
Nachdem der Bostoner Polizist Magnus Jonson einem Verbrecherring in die Quere gekommen ist, werden innerhalb kürzester Zeit zwei Anschläge auf ihn verübt. Er wird daraufhin zu seinem eigenen Schutz in seine alte Heimat Island geschickt, wo er es gleich mit dem Mord an einem Literaturwissenschaftler zu tun bekommt. Die Ermittlungen führen Magnus zu einer alten Saga und zum „Herr der Ringe“, der damit im Zusammenhang zu stehen scheint. Aber was kann an diesen literarischen Werken so wichtig sein, dass dafür gemordet wird?
Also zunächst mal: Was ist das mit den deutschen Verlagen und den Einwort-Titeln bei Krimis? Da werden aussagekräftige Titel in der Übersetzung zu „Verblendung“, „Erbarmen“, „Erlösung“, „Verdammnis“ und ähnlichen nichtssagenden Titeln, die alle irgendwie gleich klingen. Hier ist es ganz ähnlich. Aus dem Originaltitel „Where the Shadows Lie“, der als ein Teil von Tolkiens berühmtem Ringspruch bereits das Thema des Romans vorgibt, wird ein schnödes „Fluch“.
Dem Inhalt tut das natürlich glücklicherweise keinen Abbruch, denn an diesem Krimi hatte ich wirklich meine helle Freude.
Magnus Jonson bringt als Ermittler eine interessante Hintergrundgeschichte mit und auch wenn er so seine Probleme mit sich herumschleppt, gehört er glücklicherweise nicht dem depressiven Wallander-Erlendur-Typ an, der zur Zeit so häufig in skandinavischen Krimis zu finden ist.
Als Protagonisten einen Isländer zu wählen, der lange Zeit im Ausland gelebt hat, ist ein kluger Schachzug, da Magnus sich zwar einerseits in der isländischen Kultur auskennt, andererseits aber auch die Sichtweise eines mittlerweile Fremden mitbringt, der auf diese Weise gut die Leser auf Besonderheiten der isländischen Polizei und Lebensweise aufmerksam machen kann.
Auch die anderen Figuren sind durchwegs gut gelungen, wobei das Motiv des Vorgesetzten, der keine Lust auf diesen neuen, fremden Ermittler im Team hat, vielleicht ein bisschen ausgewalzt ist.
Der Kriminalfall selbst ist sehr schön konstruiert. Ridpath hat mit der Gauks Saga eine ganze Isländersaga erfunden, die dank einer Mischung aus altbekannten Sagamotiven und eigenen Elementen durchaus authentisch wirkt. Er orientiert sich an den Erzählungen von Andvaris Ring in der Edda und der Völsunga Saga und führt die Geschichte dieses Ringes noch weiter. Auf die Parallelen zum Herr der Ringe werden schließlich auch zwei Tolkien-Fans aufmerksam, die die verlorengeglaubte Gauks Saga bisher nur vom Hörensagen kennen. Sie machen sich daraufhin nicht nur auf die Sache nach der Saga, sondern auch nach dem vermeintlichen Ring, der mit einer tragischen Familiengeschichte verknüpft ist.
Ridpath führt diese Elemente – die Saga, den Herr der Ringe, den Mord und den Bostoner Verbrecherring, der Magnus nach dem Leben trachtet – sehr schön zusammen, auch wenn sie jetzt in der Zusammenfassung etwas wirr klingen mögen. Der Fall ist spannend konstruiert und konnte mich bis zum Ende weitgehend überzeugen, auch wenn es für mich bei der Auflösung doch den einen oder anderen Kritikpunkt gibt.
Dennoch hat mir dieser Krimi sehr gut gefallen und ich werde vermutlich auch den Nachfolgeband „Wut“ (da, schon wieder so ein Einwort-Titel!) lesen. Eine gewisse Begeisterung für Tolkien und/oder isländische Sagas erhöht bestimmt das Lesevergnügen, aber es ist nicht zwangsläufig ein Vorwissen zu diesen Themen notwendig, um den Krimi zu verstehen.
Alles in allem war dieser Roman zwar kein Jahreshighlight für mich, aber auf jeden Fall ein Buch, das ich sehr gerne und auch schnell gelesen habe.
Und in der Bibliothek vorgemerkt! Ich hoffe, das Buch gefällt mir ebenso gut wie dir, ich suche ja immer noch neue Krimiautoren. 🙂
Ich hoffe auch, dass es dir gefällt!