2019 habe ich vier Bücher aus sehr unterschiedlichen Gründen abgebrochen und in diesem Beitrag möchte ich die Bücher sowie meine Gründe, weshalb ich sie nicht beendet habe, kurz vorstellen.
John Williams – Stoner
Dieser Roman des amerikanischen Autors John Williams ist bereits 1965 erschienen, wurde aber erst nach seiner Neuausgabe 2006 so richtig entdeckt. Meine Arbeitskollegin hatte mir das Buch empfohlen und anfangs hatte ich das Gefühl es wie für mich geschaffen. Es geht darin um William Stoner, den Sohn einer armen Farmersfamilie, der Landwirtschaft studieren soll, auf der Universität aber seine Liebe zur Literatur entdeckt. Er wechselt daraufhin das Studienfach und wird Dozent für englische Literatur.
Mich konnte das Buch sofort fesseln und ich war begeistert vom Schreibstil (der mich ein wenig an John Steinbeck erinnerte). Das Problem war nur, dass mich das Buch zunehmend frustriert hat. Stoner geht eine Ehe ein, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist, er lässt sich von seiner Frau manipulieren und unterdrücken und seine akademische Laufbahn tritt auf der Stelle, als ein anderer Dozent einen persönlichen Kleinkrieg mit ihm beginnt. Zu lesen, wie alle auf Stoner herumtrampeln, ohne dass dieser etwas böses getan hätte, und wie er es auch noch geschehen lässt, hat mich unglaublich aufgewühlt. Ich habe dann tatsächlich eine Zusammenfassung gelesen, um zu wissen, ob sich der Roman noch irgendwie zum positiveren wenden würde und als mir klar wurde, dass das nicht der Fall ist, wollte ich einfach nicht mehr weiterlesen.
Es spricht ja für das Buch, dass es mich emotional derartig packen konnte, aber obwohl ich sonst keineswegs nur Wohlfühllektüre lese, habe ich hier so mit Stoner mitgelitten und mich gleichzeitig so über seine Passivität geärgert, dass ich keinerlei Freude mehr an dem Buch hatte.
Sándor Márai – Die Gräfin von Parma
Ganz anders als mit „Stoner“ ging es mir mit „Die Gräfin von Parma“. Sándor Márai erzählt hier die Geschichte von Casanova, der unter der unerfüllten Liebe zu Francesca leidet. Eine Freundin von mir hat das Buch verschenkt, weil sie selbst es nicht mochte, und da ich „Die Glut“ von Márai sehr gern gelesen habe, wollte ich es gern damit versuchen. Allerdings habe ich das Buch recht früh abgebrochen, da es mich schlicht nicht interessiert hat. Ich kann noch nicht einmal genau sagen, weshalb nicht – vielleicht lag es am Schreibstil, vielleicht auch daran, dass mich die Figur des Casanova nicht sonderlich reizt.
Rafik Schami – Die geheime Mission des Kardinals
Im Herbst habe ich einen Fortbildungskurs geleitet, bei dem unter anderem von den KursteilnehmerInnen Neuerscheinungen vorgestellt werden sollten. Ich wollte als Kursleiterin natürlich mit gutem Beispiel vorangehen, aber alles, was ich in dem Jahr bisher gelesen hatte, war schon vor Monaten, wenn nicht Jahren erschienen. Daher habe ich kurz vor dem Kurs spontan „Die geheime Mission des Kardinals“ gekauft und geriet dann gewaltig unter Zeitdruck. Ich weiß nicht, ob dieser Druck das Problem war oder das Buch einfach nicht das richtige für mich war, aber ich musste mich zum Weiterlesen richtig zwingen. Dabei war der Roman inhaltlich interessant: Er ist 2010 in Syrien angesiedelt, also noch vor dem Krieg. Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt ein Fass Olivenöl angeliefert, in dem sich die Leiche eines Kardinals befindet. Daraufhin soll Kommissar Barudi das Verbrechen aufklären und herausfinden, in welcher geheimen Mission der Kardinal unterwegs war.
Letztendlich gab ich dann während der Kurswoche nach etwa 200 Seiten auf. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das Buch irgendwann weiterlesen werde. Es würde mich ja schon noch immer interessieren, aber das Problem ist, dass ich mich an die vielen Namen und die Details nicht mehr genau erinnern kann. Ich müsste also vermutlich noch einmal ganz von vorn beginnen, worauf ich wiederum wenig Lust habe.
Cornelia Gerlach – Pionierin der Arktis
Konstanze hat mir dieses Buch vor einem Jahr mitgebracht, als wir uns in Frankfurt getroffen haben, da sie selbst es abgebrochen hatte und dachte, dass das Thema mir gefallen würde. Und inhaltlich hat das Buch so geklungen, als ob es genau meinem Beuteschema entsprechen müsste: Es geht darin um Josephine Peary, die ihren Mann Robert E. Peary im späten 19. Jahrhundert in die Arktis begleitet. Das war für eine Frau ihrer Zeit doch sehr ungewöhnlich und ich war gespannt darauf von ihren Erfahrungen zu lesen. Allerdings fand ich es ziemlich unangenehm zu lesen, wie Josephine Peary in ihren Tagebucheinträgen über die Inuit schreibt, nämlich herablassend, oft auch verächtlich, und das wieder und wieder. Sicher, Josephine Peary und die Männer der Expedition waren Kinder ihrer Zeit, aber dass Cornelia Gerlach das mit keinem Wort jemals kritisch kommentiert, fand ich zusätzlich schwierig.
Noch dazu hat mich das Buch auch nicht so sehr gefesselt, und als ich dann Lessons from the Arctic begonnen und festgestellt habe, wie Amundsen keine 15 Jahre später die Inuit so gänzlich anders betrachtet, hat mir das zusätzlich die Lust auf Gerlachs Buch genommen.
Oh ja, der Ton hatte mich auch zum Abbruch von „Pionierin der Arktis“ gebracht. Ich fand es ja noch erträglich, als sie wenig Kontakt zu den Inuit hatte, aber dass sie ihre abfällige Haltung beibehielt, obwohl sie schnell hätte merken müssen, dass sie nur dort mit Hilfe der Einheimischen überleben konnte, hat mich wütend gemacht.
Ja, mich hat es auch ganz am Anfang noch nicht so gestört, aber dann immer mehr.