erschienen bei Macmillan
Fortsetzung von Carry On
Als ich gelesen habe, dass es eine Fortsetzung zu Carry On von Rainbow Rowell geben würde, war ich zunächst sehr skeptisch. Aber um eins gleich vorweg zu nehmen: zu Unrecht, denn mir hat „Wayward Son“ nach einem etwas schleppenden Beginn sehr gut gefallen.
„Carry On“ lebte in mehrerer Hinsicht von den Parallelen zu Harry Potter und von den Twists, bei denen die Autorin mit den Erwartungen brach. Im Gegensatz dazu muss „Wayward Son“ weitgehend auf eigenen Füßen stehen und das gelingt dem Roman erstaunlich gut. Die zentrale Frage darin lautet: Was passiert mit Romanhelden, nachdem sie den Kampf gegen das Böse gewonnen haben? Genau damit müssen Simon, Baz, Penny und Agatha sich auseinandersetzen und es wird schnell klar, dass sie alle ihr Leben nicht wirklich im Griff haben. Alle sind auf unterschiedliche Weise dadurch geprägt, dass sie über Jahre ein klares Ziel vor Augen hatten – und nun, da sie dieses Ziel erreicht haben, tut sich vor ihnen eine Leere auf.
Ich fand es beeindruckend, wie gut Rainbow Rowell einen diese Leere spüren lässt. Es steckt eine seltsame Melancholie in dem Roman und es fiel mir auch als Leserin schwer, mit den Veränderungen klar zu kommen. Oft dachte ich voller Nostalgie an die Zeit in Watford zurück und es kam mir vor, als hätte ich tatsächlich Simon und seine Freunde über mehrere Bände hinweg beim Erwachsenwerden und bei ihrem Kampf begleitet.
Auch das Setting in den USA hat mir besser gefallen als zunächst erwartet. Ich lese gerne über Roadtrips und Reisen, aber Simon Snow war für mich so klar mit der englischen Magierwelt verbunden, dass ich mir den Schauplatzwechsel nur schwer vorstellen konnte. Nachdem ich den Einstieg etwas mühsam fand, hat mir das Buch aber ab dem Zeitpunkt, als der eigentliche Roadtrip beginnt, sehr gut gefallen. Es war sehr spannend, die unterschiedlichen Arten der Magie in den USA kennenzulernen und zu erfahren, welche Auswirkungen das auf Penny und Baz hat. Ebenso wie die Beschreibung der Magie in den USA fand ich auch die Darstellung der amerikanischen Vampirgesellschaft überzeugend. Denn natürlich dauert es nicht lange, bis die drei Freunde sich in Schwierigkeiten bringen – und so geraten sie in einen Konflikt mit örtlichen Vampiren.
Abgesehen davon, dass sich ab diesem Zeitpunkt der Plot so richtig entfaltet und ein Zusammenhang mit Agathas rätselhafter Botschaft hergestellt wird, bietet dies auch Gelegenheit Baz und seine inneren Konflikte besser auszuarbeiten. Baz kämpft hier sehr mit sich selbst und natürlich beeinflusst das auch seine Beziehung zu Simon. Ich bin sonst kein Fan von fehlender Kommunikation in Beziehungen, aber hier fand ich es tatsächlich nachvollziehbar. Simon und Baz tragen jeweils so unterschiedliche eigene Probleme mit sich herum und haben es zudem schon in der Vergangenheit nicht geschafft, offen miteinander zu sprechen, dass ich hier kaum etwas anderes erwartet habe.
Letztendlich bleibt am Ende von „Wayward Son“ noch vieles in der Schwebe, besonders was die Charakterentwicklung und die Beziehungen zwischen den Figuren betrifft. Es wird nämlich noch einen weiteren Band rund um Simon Snow geben und das Ende des zweiten Bandes bietet auch bereits einen kleinen Ausblick darauf.
Alles in allem ein Roman, den ich sehr gerne gelesen habe und der mir auch viel Lust auf den Folgeband gemacht hat. Der Anfang war etwas zäh und die Wechsel zwischen den Ich-Erzählern fand ich hier mitunter doch etwas zu häufig, aber abgesehen davon habe ich die Lektüre sehr genossen. Rainbow Rowell hat sowohl ihre magische Welt als auch das Innenleben ihrer Figuren sehr gut ausgearbeitet und ich bin gespannt darauf, wie sich diese Aspekte im nächsten Band weiter entwickeln werden.