Gegenwartsliteratur Rezensionen

Olga Tokarczuk – Gesang der Fledermäuse

Hörbuch erschienen bei Der Audioverlag
ungekürzt; gelesen von Angelika Thomas

Die Englischlehrerin Janina Duszejko wohnt in Polen auf einem Hochplateau unweit der tschechischen Grenze. Obwohl sie einige enge Freunde hier hat, ist sie doch eine schrullige Einzelgängerin, die sich den Tieren enger verbunden fühlt als den Menschen. Als es in der Umgebung zu rätselhaften Todesfällen kommt, ist für sie ganz klar, dass die Tiere nun Rache üben für die an ihnen begangenen Vebrechen.

Olga Tokarczuk, 1962 in der polnischen Stadt Sulechów geboren, erhielt 2018 den Nobelpreis für Literatur. Sie veröffentlichte bereits als Jugendliche Erzählungen in Magazinen und 1993 schließlich ihren ersten Roman „Podróż ludzi księgi“ (Reise der Buchmenschen). „Gesang der Fledermäuse“ erschien 2009 und wurde unter dem Titel „Die Spur“ auch verfilmt.

Der Roman wird aus der Ich-Perspektive von Janina erzählt und beginnt gleich mit der Entdeckung des ersten Toten, eines Wilderers, der an einem Rehknochen erstickt ist. Nach diesem rasanten Einstieg lernt man allmählich den Alltag von Janina kennen: Sie unterrichtet in der Dorfschule Englisch, hütet im Winter die Ferienhäuser von reichen Städtern, beschäftigt sich leidenschaftlich gern mit Astrologie und übersetzt gemeinsam mit ihrem Freund Dysio Gedichte von William Blake.

Sie macht zunächst den Eindruck einer einfachen, wenn auch etwas schrulligen Frau, der niemand Gehör schenken will, als sie das grausame Verhalten einiger Bewohner den Tieren gegenüber anprangert. Frustriert von der Gleichgültigkeit der Polizei und der Heuchelei der Kirche wird ihr Tonfall zunehmend schärfer und als sie dann bei weiteren Todesfällen überzeugt davon ist, dass es sich um die Rache der Tiere handelt, zweifeln ihre Mitmenschen auch zunehmend an ihrem Geisteszustand. Ich als Leserin zweifelte dagegen immer mehr daran, ob es sich bei ihr überhaupt um eine zuverlässige Erzählerin handelt. Diese Zweifel verleihen dem Roman nochmal eine zusätzliche Würze, der auch sonst durch seine krimiartige Handlung zu fesseln weiß.

Mir haben auch die bildhafte Sprache, die das Hochplateau und seine Bewohner sehr anschaulich zum Leben erweckt, und der oft ironische Tonfall sehr gut gefallen. Obwohl „Gesang der Fledermäuse“ ernste Themen wie Zivilisationskritik und Tierquälerei behandelt, ist es nämlich dank seines schwarzen Humors auch ein witziges Buch. Die facettenreiche Lesung von Angelika Thomas unterstreicht diesen Humor noch und ist auch sonst sehr gut gelungen.

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