erschienen bei Folio Verlag
Los Angeles in den 70er Jahren: Durch eine Reisebekanntschaft lernt die griechische Studentin Calista bei einem Abendessen Billy Wilder und seinen Drehbuchpartner Iz Diamond kennen. Als Calista wieder zurück in Griechenland ist, engagiert Billy Wilder sie als Dolmetscherin für die Dreharbeiten von „Fedora“. Jahre später, als Calistas eigene Tochter in die Ferne aufbricht, denkt sie an diese Zeit zurück.
In „Mr. Wilder und ich“ vermischt Jonathan Coe Fakt und Fiktion: Während er wahre Begebenheiten aus Billy Wilders Biografie und die Zeit der Dreharbeiten von „Fedora“ einbezieht, handelt es sich bei Calista um eine fiktive Figur. Durch ihre Augen erhält man einen erfrischend unbedarften Blick auf den berühmten Regisseur, der ebenso wie sein Partner Iz Diamond damit hadert, dass seine Hochphase vorbei ist und neue, junge Filmemacher nun die Kinos dominieren. Viele Jahre später hat Calista, die Filmmusik komponiert, mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen und da es auch in „Fedora“ um einen alternden Star geht, zieht sich dieses Thema also auf drei Ebenen durch den Roman.
Auch wenn diese Thematik zu einer teilweise wehmütigen Stimmung führt, ist der Roman zugleich auch amüsant und sehr warmherzig. Besonders die Kapitel auf der griechischen Insel Lefkada und später in Frankreich haben etwas von einem leichten Sommerbuch, besonders, da Calista diese Zeit beinahe wie einen Traum wahrnimmt. Ganz anders sind dagegen die Szenen in München, die in Billy Wilder Erinnerungen an den Nationalsozialismus und seine Immigration erwecken. Im Zusammenhang damit wird auch thematisiert, dass Wilder 1945 beauftragt wurde, Aufnahmen aus den kurz zuvor befreiten Konzentrationslagern in Deutschland zu sichten und zu dem Dokumentarfilm „Die Todesmühlen“ zusammenzuschneiden.
Diese Mischung aus schweren Themen und leichter Sommerlektüre funktioniert erstaunlich gut. Einige Rezensenten bemängeln, dass das Buch zu oberflächlich und zu konventionell wäre, aber mir hat der Roman, der für mich eher ein Zufallsfund war, sehr gut gefallen. Dazu habe ich auch noch einiges über Billy Wilder und seine Filme gelernt.