In den letzten Monaten war bei mir so viel los, dass ich daneben einige gemütliche Wohlfühlromane zum Abschalten gelesen habe. Da ich sie nicht alle ausführlich rezensieren möchte, fasse ich sie in diesem Beitrag zusammen:
Freya Sampson – The Last Library
Seit dem Tod ihrer Mutter hat June sich ganz zurückgezogen und verbringt die Abende mit Büchern und ihrem Kater. Menschliche Kontakte hat sie lediglich bei ihrer Arbeit in der örtlichen Bibliothek. Als aus budgetären Gründen die Schließung droht, steht June vor der Frage, ob sie über ihren eigenen Schatten springen kann, um für den Erhalt der Bibliothek zu kämpfen.
Ich war bei diesem Buch – obwohl es mich thematisch gleich angesprochen hat – zunächst etwas skeptisch, weil in solchen Fällen gern ein allzu romantisches und simples Bibliotheksbild gezeichnet wird. Aber auch wenn sich ein sehr typisches Grüppchen an skurrilen Stammleser:innen findet, steckt in dem Buch durchaus profundes Wissen vom Bibliothekswesen. Das erdet die Geschichte und macht sie trotz einiger allzu glücklicher Zufälle glaubwürdig. Die Figuren sind äußerst sympathisch und es ist schön mitzuerleben, wie June allmählich ihr Leben in die Hand nimmt. Ein zwar nicht besonders tiefsinniges, aber dafür sehr warmherziges Buch, das mir viel Freude bereitet hat.
Clare Pooley – The People on Platform 5
Hörbuch gelesen von Clare Corbett
Jeden Tag pendelt Iona, eine Ratgeberkolumnistin, mit dem Zug und sieht dabei immer wieder dieselben Personen, ohne jemals mit diesen zu sprechen. Das ändert sich, als ein arroganter Geschäftsmann beinahe an einer Weintraube erstickt und der Krankenpfleger Sanjay ihn rettet. Von da an entwickelt sich aus sechs Fremden, deren Leben unterschiedlicher nicht sein könnte, allmählich eine Gemeinschaft.
Ich habe ein gewisses Faible für Bücher, in denen aus einer zusammengewürfelten Gruppe von Menschen Freunde werden und Clare Pooley hat dieses Motiv nahezu perfekt umgesetzt. Die sechs Figuren sind zwar nicht allzu vielschichtig, aber ich habe alle schnell ins Herz geschlossen. Es macht Freude mitzuerleben, wie die langsam entstehende Freundschaft Auswirkungen auf ihrer aller Leben hat und Veränderungen in Gang setzt, mit denen sie nicht gerechnet hätten. Zwischendurch gibt es leider die eine oder andere Länge und manche Entwicklungen fand ich doch zu unglaubwürdig, aber alles in allem eine sehr nette Lektüre.
Carley Fortune – Every Summer After
Sechs Sommer verbrachte Percy mit ihrer Familie an einem Haus am See und war dort unzertrennlich mit Sam. Sechs Sommer, in denen aus einer Freundschaft langsam mehr wurde – bis sich mit einem Schlag alles änderte. Jahre später erhält Percy eine Nachricht, die sie zurück in die Vergangenheit katapultiert und sie dazu zwingt, sich mit den Ereignissen damals auseinanderzusetzen.
Auch dieses Buch enthält eine Reihe von Motiven, auf die ich gern anspringe: ein Sommerdomizil, die Verflechtung von Gegenwart und Vergangenheit und die Geschichte einer Freundschaft, die zu Liebe wird. Die Teile, die in der Vergangenheit angesiedelt sind, fand ich dann auch ganz bezaubernd. In ihnen schwingt diese typische Nostalgie und auch Melancholie mit, die solche Rückblicke auf die Teenagerzeit gern mit sich bringen. Die Freundschaft zwischen Percy und Sam ist deutlich spürbar – und auch, wie ihre Gefühle sich allmählich ändern. Die Teile in der Gegenwart konnten für mich damit leider nicht mithalten. Ich fand sie auf der einen Seite langwierig, auf der anderen überhastet (so weit es die erneute Annäherung zwischen Percy und Sam betrifft). Außerdem war es mühsam, dass aus dem Ereignis, das die beiden auseinanderbrachte, lange ein großes Geheimnis gemacht wird, obwohl man es meilenweit gegen den Wind riechen kann. Insgesamt also ein durchwachsenes Leseerlebnis.
Morgan Matson – Take Me Home Tonight
Hörbuch gelesen von Audrey Daly und Katie Snyder
Kat und Stevie wollen einen Abend in New York verbringen, während ihre Eltern sie bei ihrer Freundin Teri vermuten. Aber was ein harmloses Abenteuer werden sollte, wird schnell zum Chaos, als die beiden nicht nur das Smartphone, sondern auch einander verlieren.
Seit ich 2014 mit Amy & Roger’s Epic Detour meinen liebsten Wohlfühlroman aller Zeiten entdeckt habe, habe ich alle Jugendbücher von Morgan Matson gelesen, in der Hoffnung, den Zauber ihres Erstlings noch einmal zu finden. Leider konnte für mich keines ihrer späteren Bücher damit mithalten und „Take Me Home Tonight“ halte ich sogar für einen ihrer schwächsten Romane. Er zieht sich vor allem zu Beginn sehr und enthält eine Reihe von äußerst absurden Episoden (insbesondere im Zusammenhang mit einem überflüssigen Nebenplot rund um Teri). Im weiteren Handlungsverlauf kam ich besser mit dem Roman zurecht. Kat, die ich zu Beginn als sehr egoistisch und anstrengend empfand, macht zumindest eine Charakterentwicklung durch, und Stevie hat einen sehr schönen Handlungsstrang, bei dem sie sich ihren Stiefgeschwistern annähert. Für mich hätte die Geschichte besser funktioniert, wenn sie sich ganz auf diesen Plot konzentriert hätte. Alles in allem ein netter Roman über Freundschaft und über das Erwachsenwerden, der mich aber auch gelehrt hat, keine allzu großen Erwartungen mehr an Morgan Matson zu haben.
Oh, schön, dass dir „The Last Library“ gut gefallen hatte! Das eBook habe ich vor einiger Zeit bei einer ganzen Runde von Empfehlungen zu dem Thema „Wohlfühlromanen, die rund um Bibliotheken spielen“ gefunden und gekauft und obwohl ich alle anderen Titel schon gelesen habe, ist dieses Buch immer etwas liegengeblieben, weil ich da auch etwas skeptisch war.
Also es gibt schon einige Entwicklungen und Zufälle in dem Buch, die die Glaubwürdigkeit strapazieren, aber alles in allem fand ich es wirklich einen schönen Wohlfühlroman – und manches ging dann auch in eine andere Richtung, als ich das gedacht hätte. Die Lektüre hat mir viel Freude bereitet.
Der Pooley läuft mir in der Übersetzung regelmäßig über den Weg und ich frage mich stets, ob er nicht ganz nett für zwischendurch wäre, gerade, wo ich demnächst öftermal was zum Lesen beim Warten brauchen werde. In jedem Fall bin ich nun etwas geneigter, meine Nase mal reinzustecken. 🙂
Solltest du es lesen, bin ich gespannt, wie es dir gefallen wird. Ich habe inzwischen auch „The Authenticity Project“ von derselben Autorin als Hörbuch begonnen, aber bislang gefällt mir das leider nicht so gut.