Hörbuch erschienen bei Brilliance Audio
ungekürzte Lesung von Lauren Ezzo
Die Ornithologin Joanna verbringt den Sommer für Feldforschungen in den Wäldern von Illinois, als auf einmal ein kleines Mädchen bei ihr auftaucht – barfuß und voller blauer Flecken. Ursa, wie das Mädchen sich nennt, behauptet, dass sie von den Sternen kommt und auf die Erde geschickt wurde, um fünf Wunder zu erleben. Zusammen mit ihrem Nachbarn Gabe, der sich von der Welt zurückgezogen hat, versucht Jo herauszufinden, was es mit Ursa auf sich hat. Bald entsteht eine enge Verbindung zwischen den dreien.
Ich mag „found family“-Geschichten und da die Beschreibung dieses Buches mich zudem an „Das Schneemädchen“ von Eowyn Ivey erinnert hat, habe ich auf einen warmherzigen Wohlfühlroman gehofft, möglicherweise auch mit einer Prise magischem Realismus. Und der Beginn war auch sehr vielversprechend. Ursa fällt zwar stark in das inzwischen überstrapazierte Klischee des hochintelligenten Kindes, das seinem Alter weit voraus ist, aber ich habe sie dennoch schnell in mein Herz geschlossen. Ich fand es schön und nachvollziehbar beschrieben, wie Jo nach und nach ihr Herz für Ursa öffnet und dabei auch immer besser mit den Gespenstern ihrer eigenen Vergangenheit umzugehen lernt.
Problematisch wurde es für mich ab dem Zeitpunkt, als sich die Handlung mehr auf die Liebesgeschichte zwischen Jo und Gabe fokussiert. Gabe, der eigentlich eine Karriere an der Universität anstrebte, hat sich aufgrund von schweren Depressionen und Angststörungen aufs Land zurückgezogen und verkauft dort Eier an einem Marktstand am Straßenrand. Bevor überhaupt eine Vertrauensbasis zwischen den beiden aufgebaut wird, beginnt Jo bereits Grenzen zu übertreten – auch solche, die Gabe deutlich kommuniziert. Seine psychischen Probleme versucht sie zu beheben, indem sie ihn (mit wenig Einfühlungsvermögen) in Situationen zwingt, die ihn zunächst überfordern. Da sie letztendlich damit erfolgreich ist (offensichtlich braucht es nur Liebe, um Depressionen zu heilen, wer hätte das gedacht), wird ihr Verhalten auch kein einziges Mal hinterfragt.
Es gab noch einige andere Punkte, die mich gestört haben. So gibt es etwa eine Szene, in der Ursa in eine Situation gezwungen wird, die ihr große Angst macht, da weder Jo noch Gabe sie ernst nehmen. Ich fand es nahezu stressig zu lesen, als die beiden gänzlich ihre Intuition und ihre Gefühle übergehen. Und die Art und Weise, wie Ursas Geschichte am Ende aufgelöst wird, fand ich sehr konstruiert und wenig glaubwürdig.
Fazit: Ein Roman, der stark beginnt und eine schöne Idee enthält, aber diese leider nicht gut umsetzt. Auch sprachlich hat mich „Where the Forest Meets the Stars“ nicht überzeugt, wobei mir das ständige she said und he said möglicherweise in der Hörbuchfassung noch störender aufgefallen ist.
Wie schade, dass die Geschichte nicht so überzeugend endet wie sie startete. Die von die genannten Kritikpunkte – gerade wenn deutlich kommuniziert wird wo die Grenzen liegen (was ja eigentlich toll ist!) – würden mich auch massiv stören.
Ich habe eigentlich erwartet, dass das zu Konflikten führen würde und diese Vorgehensweise dementsprechend auch hinterfragt wird, aber stattdessen war Jo damit ja letztendlich „erfolgreich“ und somit wurde ihr Verhalten nicht nur als okay, sondern sogar hilfreich dargestellt. Das hat mich wirklich sehr gestört.