Joseph O’Neill – Guter Ärger
Dieses Buch habe ich schon vor einer ganzen Weile gelesen, aber ich habe übersehen, dass ich die Rezension dazu noch immer nicht veröffentlicht hatte. Es handelte sich dabei gewissermaßen um einen Zufallsfund. Beim Lesebingo 2021 gab es ein Feld, das verlangte ein Buch von einem Autor mit meinen Initialen zu lesen. Also habe ich einfach in der Bibliothek beim O gestöbert und bin dabei auf diese Kurzgeschichtensammlung des irischen Schriftstelles Joseph O’Neill gestoßen.
Leider war es kein ganz so guter Fang, auch wenn mir die Geschichten großteils gut gefallen haben. Sie sind teilweise witzig oder auch bissig, oft auch mit skurrilen Elementen. Es handelt sich großteils um Momentaufnahmen: ein Ehepaar, das nachts glaubt einen Einbrecher zu hören; ein Mann auf der Suche nach jemandem, der ihm ein Leumundszeugnis zur Miete einer Wohnung ausstellen kann; einige Freunde auf einem Geburtstagsausflug. Aber so unmittelbar, wie man in viele der Geschichten einsteigt, so unmittelbar enden sie auch – manchmal an scheinbar beliebiger Stelle, ohne jegliche „Auflösung“ oder dem Gefühl, dass hier tatsächlich ein Schlusspunkt gesetzt wird. Mir ist es fast bei jeder Geschichte so gegangen, dass ich sie gern gelesen habe, am Ende aber enttäuscht oder sogar vor den Kopf gestoßen war. Ich habe nichts gegen offene Enden, aber für mich wirkten diese hier einfach nicht rund.
Line Madsen Simenstad – Königin-Maud-Land ist geheim
Auch bei diesen fünf Kurzgeschichten der norwegischen Autorin Line Madsen Simenstad handelt es sich großteils um Momentaufnahmen, wenn etwa eine Tochter neben ihre sterbenden Vater wacht oder eine Frau sich bei einer Taxifahrt einem Fremden anvertraut.
In den Geschichten geht es um Beziehungen, um Liebe, Familie und Trauer. Trotz des eher nüchternen Erzählstils gehen die Geschichten unter die Haut. Ich habe sie als melancholisch, stellenweise vielleicht sogar als hoffnungslos empfunden. In den beschriebenen Situationen schwingt oft eine gewisse Ohnmacht der Figuren mit, die ich auch als Leserin deutlich spüren konnte. Ich würde daher nicht unbedingt sagen, dass es mir Freude gemacht hat das Buch zu lesen, aber ich habe die Lektüre dennoch sehr genossen. Es war ein eindringliches Leseerlebnis; die Erzählungen haben noch lange in mir nachgehallt. Allerdings ist es auch die Art von Buch, das ich nur in kleinen Dosen genießen kann.
Mariana Leky – Kummer aller Art
Bei diesen kurzen Texten handelt es sich nicht wirklich um Kurzgeschichten, sondern um Kolumnen, die ursprünglich in der Zeitschrift „Psychologie heute“ veröffentlicht wurden. Es hilft, wenn man das vorher weiß, da ich zunächst ein wenig von den Texten irritiert war. Sie funktionieren unabhängig voneinander, sind allerdings im selben Personenkosmos angesiedelt und aus der Perspektive derselben Ich-Erzählerin geschildert. Kummer aller Art plagt die Menschen aus dem Umfeld der Erzählerin: Ihre Nachbarin Frau Wiese kann nicht schlafen, das Patenkind hat den ersten Liebeskummer, der Cafébesitzer Achim versucht sich vergeblich am Meditieren.
Mariana Leky beschreibt in den anekdotenhaften Erzählungen alltägliche Sorgen und Ängste, kleine Marotten und Zwangsstörungen. Der Tonfall ist warmherzig und humorvoll und manches darin fand ich sehr vertraut. Allerdings bleibt – bedingt durch die Kürze der Texte – alles auch sehr an der Oberfläche, viele Personen schrammen nur knapp am Klischee vorbei. Ein unterhaltsames Buch, das man gut in kleinen Häppchen lesen kann, das aber auch nicht allzu lange in mir nachhallte.
Königin Maud habe ich auch eine Weile auf der WuLi gehabt. Aber wie Du schreibst sind es eher melancholische und traurige Storys und die kann ich gerade nicht so ab, einfach vom eigenen Gemütszustand her. Dass sie aber gut sind, das kann ich mir gut vorstellen. Vielleicht wird es mal in einigen Jahren was.
Ja, ich habe das Gefühl, dass man für dieses Buch in der richtigen Stimmung sein bzw. darauf eingestellt sein muss, dass es eben recht traurige Geschichten sind. Ich mag solche Bücher auch nicht immer lesen.