Marissa Meyer – Wie Blut so rot
ungekürztes Hörbuch, gelesen von Vanida Karun
„Wie Blut so rot“ ist der zweite Band der Luna-Chroniken, in denen Grimms Märchen in ein Science-Fiction-Umfeld transportiert werden. In diesem Band kommt nun neben Cinder mit Scarlet eine neue Hauptfigur und mit ihr auch das Märchen Rotkäppchen hinzu: Nachdem Scarlets Großmutter verschwunden ist, macht Scarlet sich auf die Suche nach ihr und trifft dabei auf den mysteriösen Straßenkämpfer Wolf.
Leider konnte mich dieser Band wie auch schon der Auftakt „Wie Monde so silbern“ nicht ganz überzeugen. Zwar hat mir Scarlet als neue Figur ganz gut gefallen und die Adaption von Rotkäppchen konnte mich großteils überzeugen, aber dafür hat mich Cinders Handlungsstrang zunächst sehr gelangweilt. Besser wurde es dann meiner Meinung nach, als ihre und Scarlets Wege sich kreuzen, aber dennoch habe ich mich mehrmals dabei ertappt, wie meine Gedanken während des Hörens abgeschweift sind.
Ich fand außerdem erneut den Plot nicht immer ganz logisch und Prinz Kai hat mich schier zur Verzweiflung gebracht. Schon in Band 1 hatte ich nicht das Gefühl, als hätte er das Zeug zum Herrscher und hier wurde alles noch schlimmer. Die politischen Entscheidungen, die er trifft, sind teilweise eine Katastrophe, da er großteils nicht über die eigene Nasenspitze hinaussehen kann und sich oft sehr unreif verhält. Im nächsten Band würde ich auf jeden Fall sehr viel Gegenwind von den anderen Ländern erwarten.
Noch dazu bin ich mit der Hörbuchversion nicht ganz glücklich geworden. Weshalb Vanida Karun in einem französischen Setting, in dem alle Beteiligten miteinander französisch sprechen, ein paar der Figuren mit einem fürchterlichen Akzent spricht, hat sich mir überhaupt nicht erschlossen. Und die durchdringende Fistelstimme, die sie der Androidin Iko verleiht, habe ich als sehr nervtötend empfunden.
Ich denke nicht, dass ich die Serie noch weiterlesen werde.
David Wallechinsky, Amy Wallace – Das große Buch der Listen
Was für ein herrlicher Lesespaß! Wallechinsky und Wallace stellen in diesem Buch ein ganzes Sammelsurium von absurden, spannenden und informativen Listen zusammen. Sortiert nach verschiedenen Themengebieten findet man darin etwa „10 berühmte Nasen“, „15 Krawalle in der Kunstwelt“, „14 Fälle ungewöhnlicher Diebesbeute“ oder „12 Verrisse berühmter Werke“.
Manchmal sind es tatsächlich nur Auflistungen, aber meistens gibt es einiges zu den einzelnen Punkten auf den Listen zu lesen. Vieles davon fällt wohl in die Kategorie unnützes Wissen, ist dafür aber sehr amüsant und/oder skurril. Oft regen die Listen auch dazu an, sich zu einzelnen darin erwähnten Personen oder Ereignissen näher zu informieren.
Mich haben nicht alle Listen im gleichen Maße interessiert, aber dennoch habe ich das Buch sehr flott durchgelesen, da ich es oft nur schwer aus der Hand legen konnte: die Verlockung, nur noch eine weitere Liste (und danach noch eine und noch eine) vor dem Schlafen zu lesen, war einfach zu groß.
Ein sehr unterhaltsames Sachbuch, das für Listenfans wie mich wie geschaffen ist.
Thomas Raab – Still. Chronik eines Mörders
Karl Heidemann ist mit einem besonders empfindlichen Gehör gesegnet oder eher verflucht: Da ihm alle Geräusche Schmerzen bereiten, verbringt er seine Kindheit in einem abgeschirmten Raum im Keller. Als er eines Tages die erlösende Stille des Todes kennenlernt, will er dieses vermeintliche Geschenk nun den Menschen in seiner Umgebung bringen.
Thomas Raabs aktueller Roman erinnert in einigen Punkten an Patrick Süskinds „Das Parfum“: ein Protagonist mit besonders feinen Sinnen, der jahrelang isoliert von der Welt lebt und schließlich zum Mörder wird. Und wie „Das Parfum“ hat mich auch dieser Roman fasziniert. Karl ist niemand, der einem sympathisch ist, aber ich fand es sehr interessant, in seine Welt einzutauchen und bin oft zwischen Mitleid und Abscheu geschwankt. Faszinierend ist auch der Schreibstil von Thomas Raab, denn der Autor spielt hier mit der Sprache und brilliert mit ungewöhnlichen Formulierungen. Es steckt auch eine bemerkenswerte Beobachtungsgabe in dem Roman, vor allem, wenn es um das Leben und die Menschen in einem kleinen Dorf geht.
Gestört hat mich nur, dass es mir vorkam, als wäre die Geschichte um mindestens zehn Jahre früher angesiedelt. Durch die Sonnenfinsternis von 1999, die Karl als Jugendlicher erlebt, ist der Roman zeitlich sehr klar eingeordnet. Karl ist etwa gleich alt wie ich selbst, aber seine Umgebung und die herrschenden Moralvorstellungen kamen mir viel altmodischer vor als ich es jemals erlebt habe. Mag sein, dass tatsächlich ein großer Unterschied zwischen österreichischem Winzdorf und österreichischer Kleinstadt besteht, aber es hat mich doch irritiert. Ein paar Szenen habe ich außerdem als etwas übertrieben empfunden.
Von diesen kleinen Kritikpunkten einmal abgesehen, hat mir der Roman aber sehr gut gefallen.
"Das große Buch der Listen" klingt nett – und diese "kurz noch eine"-Wirkung kann ja wirklich verheerend für die Schlafensgehzeiten (oder die to-do-Liste) sein.
Die Luna-Chroniken machen mich trotz all der begeisterten Rezensionen und meins grundsätzlichen Interesses an Märchenvarianten einfach nicht an. Mir hat schon die Leseprobe zum ersten Teil nicht gefallen – und irgendwie bin ich wirklich froh, dass es mal jemanden gibt, der die Geschichten kritisiert. Also danke, dass du dir gleich zweimal das angetan und deine Kritikpunkte aufgeschrieben hast. 😀
Ich finde leider, dass die Luna-Chroniken trotz schöner Ideen insofern "typische" Jugendbücher sind, dass Politik extrem vereinfacht dargestellt wird. Obwohl man es hier mit einer Gesellschaft in der Zukunft zu tun hat, in der auch internationale Beziehungen durchaus eine Rolle spielen, werden da Entscheidungen getroffen, die so tatsächlich besser in ein Märchenbuch passen würden.
Und das finde ich wirklich ärgerlich, da ich auch nicht der Meinung bin, dass es nötig ist, solche Themen in Jugendbüchern dermaßen zu vereinfachen.
Dass das (und auch einige andere Kritikpunkte) kaum jemals in Rezensionen angesprochen wird, finde ich schon irgendwie erstaunlich.
Ach, wer will sich denn da mit Politik und Weltenbau beschäftigen, wenn es um Liiiiiiebe und ungewöhnliche Märchenfiguren geht. 😉