Genre: Sachbuch/Tatsachenbericht
Seiten: 209
Verlag: Fischer
ISBN: 978-3596149087
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternchen
Historien-Challenge (Sachbuch – Neueste Geschichte)
Im Jahr 1910 bricht Robert Falcon Scott mit der Terra Nova auf, um sein großes Lebensziel zu erreichen: den Südpol erreichen und somit seinen Landsmann Shackleton zu überflügeln. Doch ein weiterer macht sich auf, den Südpol zu erobern – unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (angeblich wollte er die Nordpolarregion wissenschaftlich untersuchen) bricht Roald Amundsen auf der Fram von Norwegen auf und nimmt ebenfalls Kurs auf den Südpol. Damit eröffnet er einen Wettlauf, den Scott nie wollte.
Dieses recht schmale Büchlein konzentriert sich ganz auf die Gegenüberstellung der beiden „Kontrahenten“ – ihr bisheriges Leben, ihr Charakter, ihre bisherigen Polarfahrten und schließlich ihr Weg zum Südpol. Beide gehen auf ganz unterschiedliche Art und Weise an die Sache heran: Amundsen passt sich den Bedingungen an – Scott bekämpft sie; Amundsen lernt von den Inuit, übernimmt ihre Art der Fellkleidung und verlässt sich Schlittenhunde – Scott setzt auf Traditionen und britische Werte, verlässt sich auf Shetland Ponies und Motorschlitten; Amundsen organisiert die Reise penibel durch, berechnet Proviant und Ausrüstung sehr großzügig und kann auf zahlreiche Erfahrungen im norwegischen Bergland zurückgreifen – Scott plant wenig bis gar nicht, scheitert an der Improvisation, berechnet Proviant und Ausrüstung ohne Spielraum und hat kaum praktische Erfahrungen mit Skiern und Schnee.
Langner versteht es sehr gut, die Unterschiede in Planung und Ausführung der beiden Polarforscher herauszuarbeiten, und so begreift man als Leser sehr gut, weshalb der eine erfolgreich war und der andere scheiterte.
Ich hatte schon immer großes Interesse an Polarexpeditionen, besonders aber an jenen, wo die Fram beteiligt war. In Oslo ist diesem Schiff nämlich ein Museum gewidmet, dessen Kernstück das Originalschiff selbst ist, das man betreten und sowohl auf als auch unter Deck genau in Augenschein nehmen kann. Ich war mehrere Male in dem Museum, habe dort auch die zahlreichen Informationen zu den Fahrten der Fram gelesen und wusste über den Ausgang der Südpoleroberung also bestens Bescheid.
Dennoch war das Buch unglaublich spannend und vermochte mich bis zum Ende zu fesseln. Die Mischung aus der rückblickenden Zusammenfassung der Ereignisse und Tagebucheinträgen ist ideal und liest sich besser als so mancher Roman.
Beide Männer werden kritisch beleuchtet und nicht zu Helden idealisiert – man sieht ihre Stärken und Schwächen, findet sie mal sympathisch, mal beinahe unerträglich. Dass der Tod von Scott und vier seiner Gefährten durch eine bessere Planung, eine größere Offenheit und etwas weniger Arroganz zu verhindern gewesen wäre, tut beim Lesen richtig weh. Das endgültige Scheitern nur 11 Meilen von einem Vorratslager entfernt hätte nicht sein müssen und ließ mich beim Lesen beklommen und traurig zurück.
Langners Buch ist natürlich zu kurz für eine wirklich umfassende Darstellung der Expedition, aber seine Konzentration auf Amundsen und Scott selbst (und weniger auf die Reise zum Südpol) führt zu einem sehr harmonischen Ganzen.
Dabei werden auch viele Informationen zu der Geschichte der Südpolforschung und zu den historischen Hintergründen der Zeit eingeflochten. Einige Fotos und zwei Karten (eine Überblickskarte am Anfang, eine Detailkarte am Ende) runden das ganze ab. Das Buch bietet wirklich einen tollen Überblick und macht Appetit auf mehr.
Unbedingt empfehlenswert für alle, die sich für dieses Thema interessieren!
Oh, das Buch wäre sicher auch was für mich … Hab irgendwo in meinem SuB noch die Tagebuchaufzeichnungen von Scott und ein Buch über Amundsens Expedition.
Du warst auch auf der Fram? Ich auch! Und das hat mich genauso begeistert wie dich! Hätte ich das Amundsen-Buch im Urlaub dabei gehabt, hätte ich es nach dem Museumsbesuch sicher verschlungen!
Ich war zigmal auf der Fram – mit allen, die mich während meines Semesters in Oslo besucht haben. *gg* Daher wars eigentlich schön längst überfällig, dass ich mal was über Amundsen lese. Seine Tagebuchaufzeichnungen lungern ja auch noch etwas unentschlossen auf meiner Wunschliste rum.