Lesegeplauder

Jane Austen oder: Eine Entdeckung am Sonntag

Hurra, ich hab eine Entdeckung gemacht: Ich hab quasi einen neuen Jane-Austen-Roman entdeckt! *herumhüpf*
Vielleicht fragt ihr euch jetzt: Bitte was? Was soll das für ein Blogeintrag sein? Was war in ihrem Frühstückskaffee?

Also werde ich das Ganze mal erklären:
Als ich etwa 16 Jahre alt war, saß ich mal an einem verregneten Wochenende zuhause und hatte keinen Lesestoff. Ich hab dann die Bücher meiner Mutter durchstöbert und stieß auf „Emma“. Hm, dachte ich, altmodischer Liebeskitsch – ich weiß ja nicht …
Trotzdem habe ich mal zu lesen begonnen, und erstaunlicherweise gefiel mir der Roman von Anfang an. Ich mochte die Ironie, die teils skurrilen Figuren, die unperfekte Heldin und all die Verwicklungen. Daraufhin habe ich in den nächsten Monaten alle Jane-Austen-Romane ausgeliehen, die unsere Bücherei zu bieten hatte, und das waren eigentlich alle, selbst ihre fragmentarischen Werke „Sanditon“ und „The Watsons“.
Tja, irgendwann hatte ich alle durch und fand das sehr schade.

Ich war mir die ganze Zeit sicher, sie alle zu kennen, auch „Northanger Abbey“. Klar, das war doch der Roman mit … hm … ich weiß es nicht mehr so genau, aber ich weiß, ich habe ihn gelesen. Bis ich den Film „Der Jane Austen Club“ sah und mir bewusst wurde, dass ich, als „Northanger Abbey“ an die Reihe kam, keine Ahnung hatte, wovon die alle sprachen.
Also flugs in meinen Brockhaus geblättert, Wikipedia bemüht und fröhlich herumgegoogelt und gemerkt: Hoppla, diesen Roman kenne ich nicht! „Northanger Abbey“ habe ich noch nie in meinem Leben gelesen!

Noch immer werdet ihr euch vielleicht fragen, weshalb das einen Blogeintrag wert ist. Nun ja, es ist schwer zu beschreiben, wie ich mich gerade fühle. Ich bin immer davon ausgegangen, von einer meiner Lieblingsautorinnen sämtliche Romane zu kennen. Und da sie nunmehr vor fast 200 Jahren gestorben ist, war auch klar: Da kommt nichts mehr. Ich habe alles gelesen und mehr wird es nicht mehr geben. Schade.
Und jetzt ist da ein „neuer“ Roman! Ich habe eben doch noch nicht alles gelesen! 🙂

Ich muss also „Northanger Abbey“ demnächst unbedingt aus der Bücherei ausleihen oder ihn mir vielleicht sogar kaufen. Ein bisschen ängstlich bin ich aber schon. Gut, ich habe Jane Austen als Teenager geliebt. Aber in dem Alter hab ich so einiges geliebt, das ich jetzt nur noch mit der Kneifzange anfassen würde. Was, wenn es mir in diesem Fall auch so geht?
Ach, das wird eine spannende Sache …

8 thoughts on “Jane Austen oder: Eine Entdeckung am Sonntag

  1. "Da kommt nichts mehr" – diese Erkenntnis find ich wirklich gut. Da musste ich jetzt lachen… 🙂
    Nein, aber im Ernst, das freut mich für dich! Ich kann das so gut nachvollziehen, wie es einem geht, wenn man plötzlich merkt, "da gibt es ja noch mehr von dem Autor". Das hab ich selbst schon ein paarmal durch, und dieses Glücksgefühl ist durch nichts zu ersetzen.
    Dann wünsch ich dir, dass du bei "Northanger Abbey" auch viel Lesespaß hast, mindestens so viel wie damals mit 16…

  2. Danke. 🙂 Ja, ich hoffe sehr, dass ich Freude an dem Roman habe, und ich werde versuchen, meinen derzeit sehr nörgeligen Kritikerblick in Schach zu halten.
    Und es ist schön, verstanden zu werden. Mir ist das auf diese Art nun tatsächlich zum ersten Mal passiert, und es ist toll. 🙂

  3. Okay, ich liebe diesen Post! 😀 Du sprichst mir ein bisschen aus der Seele – ich traue mich nämlich nicht Mansfield Park und Gefühl und Verstand zu lesen weil danach nix mehr da ist 🙁
    Also ganz viel Spaß mit Northanger Abbey, ich hoffe wirklich, dass es dir gefallen wird! Ich glaube, das war das Buch, in dem Jane Austen auch immer wieder über das Schreiben schwadroniert hat – das dürfte dir zusagen 😉

  4. Uh, das muss wirklich toll sein.
    Da die meisten meiner Lieblingsschriftsteller bereits verstorben sind, kenne ich diese Wehmut, wenn man irgendwann am Ende des Werkes angelangt ist, sehr gut. Man kann die Romane zwar immer wieder lesen, aber dieses neue Erstaunen über eine wunderbare Welt, kann man nie wieder erleben. Zum Glück hat Virginia Woolf so viele Kurzgeschichten, Essays, Briefe, Tagebbucheinträge hinterlassen, dass der gemeinsame Weg mit ihr sicher nie zu Ende sein wird. Aber es gibt keine neuen Romane mehr zu entdecken.

    Jedenfalls freue ich mich für dich. Und selbst wenn es dir nicht mehr so gut gefällt, dann hast du immerhin etwas über deine Entwicklung gelernt. Du kannst also nur gewinnen.

    LG, Lena

  5. Ja, das Gefühl kann dir glaub ich jeder nachfühlen, der sich mal in einen Autor oder eine Autorin "verliebt" hat.
    Also, mir hat "Northanger Abbey" damals sehr gut gefallen, es ist jedenfalls der am offensichtlichsten satirische Roman Jane Austens. Ich weiß noch, dass ich mich manchmal scheckig gekichert habe. Von daher wünsch ich dir viel Spaß!
    (Und ich könnte eigentlich auch mal wieder eine Jane-Austen-Runde einlegen, ist schon lange her, dass ich die Bücher gelesen habe …)

  6. Ach, wieso dachte ich eigentlich, dass andere Lesesüchtige das vielleicht nicht verstehen würden? Das ist schön, wenn man verstanden wird.
    Ich hab einer Freundin davon erzählt, und die fand mich ein wenig seltsam, glaube ich. *g*

    @Stefanie: Ja, das ist Northanger Abbey, wo Jane Austen über das Schreiben schwadroniert. Das war nämlich der Punkt beim "Jane Austen Club", an dem mir klar wurde, dass ich den Roman wohl nicht kenne. Ich war mir nämlich sicher, nie etwas von Jane Austen gelesen zu haben, wo auch das Schreiben ein Thema war.

  7. Hach, irgendwie würde ich mir bei Jane Austen keine Sorgen darum machen, dass du sie mittlerweile gar nicht mehr ausstehen können wirst. Ich mein, die Frau ist und bleibt eben einfach Weltklasse – das muss man doch mögen. 😉 "Stolz und Vorurteil" zum Beispiel – das ist das einzige Buch, was ich wieder und wieder und wieder lesen kann und bei dem ich mich trotzdem jedes Mal darauf freue, dass Elizabeth und Mr. Darcy sich endlich näher kommen. 😉
    Naja, jedenfalls wünsch ich dir dann viel Spaß beim Lesen – ich kann mir gut vorstellen, wie schön das Gefühl ist, da doch noch was Unbekanntes gefunden zu haben. 😉

    Liebe Grüße von der Winterzwiebel.

  8. Dann geht's mir ja richtig gut. Ich habe Northanger Abbey letztens auf englisch als Hörbuch angehört, und es war mein erstes Jane Austen-Buch. Hat mir ziemlichen Spaß gemacht und ich hab ein weiteres Mal bedauert, dass solche Sachen während meine Teenagerzeit irgendwie vor mir verborgen geblieben sind. Also eine weitere im Kreise vieler Bildunglücken, die ich noch füllen muss. Aber der Vorteil scheint echt zu sein, dass ich dadurch noch einigen Genuss vor mir habe 😉

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