Genre: Romantasy (ich schätze mal, dieses unsägliche Wort ist in dem Fall zutreffend)
Seiten: 630
Verlag: Script5
ISBN: 9783839001059
Meine Bewertung: 2 von 5 Sternchen
Ein Umzug aufs Land bringt das Leben der 17jährigen Ellie gehörig durcheinander. Sie hat Schwierigkeiten, Freunde zu finden und fühlt sich gleichzeitig ihren Freundinnen aus der Stadt immer fremder. Die einzige interessante Person in der Einöde ist für sie der unnahbare Colin Blackburn. Doch er ist ebenso seltsam wie die Träume, die sie neuerdings plagen. Und weshalb ist sie seit dem Umzug ständig so müde?
Okay, hier kommt eine ausdrückliche Warnung an alle Fans dieses Romans: Das hier wird keine nette Kritik; Weiterlesen erfolgt also auf eigene Gefahr. 😉 Dass sich niemand persönlich angegriffen fühlen sollte, ist hoffentlich eh klar. Geschmäcker sind nun einmal verschieden.
Ab und an lese ich ganz gern mal romantisch-phantastische Jugendliteratur, nicht zuletzt deshalb, weil zumindest eins meiner Romanprojekte vage in diese Richtung geht und es mich interessiert, wie dieses Genre eigentlich „funktioniert“.
Nun ja, „Splitterherz“ hat zumindest für mich überhaupt nicht funktioniert. Ich versuche, meine Gedanken zu sortieren und darzulegen, was mir alles nicht gefallen hat.
Zunächst mal scheint das Szenario doch arg bekannt: Mädel kommt aufs Land (oder wahlweise in eine verregnete Kleinstadt) und ist hier unglaublich fasziniert von einem geheimnisvollen Jungen, der von den anderen Bewohnern misstrauisch beäugt wird. Sie aber fühlt sich von ihm angezogen, umso mehr, da er immer dann auftaucht, wenn sie gerade in Schwierigkeiten steckt, und sie heldenhaft rettet usw. usf.
Ja, das Thema „Mädchen verliebt sich in übernatürlichen Mann“ wurde seit Twilight oft strapaziert, aber wohl selten mit so vielen Parallelen wie hier. Umso mehr, da einige Punkte an Colin wirklich sehr stark an einen bestimmten Vampir erinnern (wechselnde Augenfarbe, kühle Haut und ähnliches).
Da wir schon beim Thema „Vampir“ sind: Es hat mich wirklich genervt, dass nicht nur in Rezensionen oft darauf hingewiesen wird, wie originell der Roman wäre, weil hier es hier einmal nicht um Vampire geht, sondern dass sogar im Roman mehrmals betont wurde, wir hätten es hier tatsächlich nicht mit Vampiren zu tun. Also jetzt mal ehrlich: Sind wir jetzt schon so weit, dass ein Roman nur deshalb außergewöhnlich und originell ist, weil darin keine Vampire vorkommen? Selbst, wenn die sonstige Struktur des Romans ein einziger Abklatsch von „Twilight“ ist?
Na gut, lassen wir diese Vergleiche und kommen zu Ellie. Wenn man in einem Roman die Ich-Erzählerin nicht leiden kann, ist das natürlich nie ein guter Start. Aber Ellie macht es einem auch wirklich schwer: Sie suhlt sich nahezu im Selbstmitleid, ist überheblich, die meiste Zeit total hilflos, da sie ständig in absurde Gefahrensituationen stolpert (okay, wenn sich ein harmloser kleiner Bach bei einem Unwetter in Windeseile in reißende Fluten verwandelt, kann man schon mal von der Situation überrumpelt werden) und schläft permanent ein. Letzteres wird im Laufe des Romans zwar noch erklärt, aber das ändert nichts daran, dass ich das mehr als anstrengend fand. Dazu kommt noch, dass Ellie ständig und wegen jeder Kleinigkeit in Tränen ausbricht und außerdem kein einziges Hobby zu haben scheint. Offensichtlich hat sie außer Colin keine Interessen und so ist sie auch zu Beginn des Romans die meiste Zeit damit beschäftigt sich zu langweilen.
Colin selbst ist nicht viel interessanter. Er ist natürlich sehr geheimnisvoll, sehr faszinierend, ganz und gar souverän, ist bei allem, was er macht, toll und ist immer dann zur Stelle, wenn Ellie mal wieder in der Patsche sitzt. Immerhin fand ich seine oft schroffe Art dann doch recht interessant (wenn auch nicht unbedingt sympathisch).
Mir war leider nicht klar, was er eigentlich an Ellie fand, und allgemein konnte ich zwischen den beiden keinerlei Anziehung spüren.
Was die Handlung an sich betrifft, muss ich es dem Roman zugute halten, dass zumindest die letzten etwa 100 Seiten dann doch ziemlich spannend wurden. Die 500 Seiten vorher hätte man allerdings gut auf die Hälfte zusammenkürzen können – immerhin hätte man sich dann ein paar der zig Varianten von „Ellie bringt sich in Gefahr“, „Ellie ist von Colin fasziniert“, „Ellie lässt sich von Colin herumkommandieren“ und „Ellie weint“ sparen können.
Jetzt ist die Rezension schon so lange geworden und ich habe gerade mal die Hälfte der Kritikpunkte angebracht, die ich mir im Laufe des Lesens geistig notiert habe. Ich lasse es jetzt gut sein; ich denke, es ist bereits klar geworden, was für mich alles nicht an dem Roman funktioniert.
Vielleicht bin ich einfach mittlerweile zu alt für solche Romane oder kann schlichtweg dieser unsäglichen „hilfloses Mädel/toller männlicher Retter“-Konstellation nichts abgewinnen. Meine Sympathie für derartig schwache Frauenfiguren wie Ellie hält sich allgemein sehr in Grenzen.
Allerdings finde ich manchmal Romane desselben Genres, die ich sehr gern mag (Nina Blazons „Faunblut“ und Maggie Stiefvaters „Shiver“ etwa). Aber mit „Splitterherz“ bin ich einfach nicht warm geworden, und so werde ich die beiden Folgebände auch bestimmt nicht mehr lesen.
Die 2 Sternchen gibt es für den Schreibstil, den ich durchaus schön fand, und die letzten 100 Seiten.
Liebe Neyasha,
das kann ich so unterschreiben! Ich fand den Plott und die Charaktere stereotyp. Beide Helden sind mir unsympathisch und diese ständige Einschlaferei/Träumerei war zum Gähnen. Wie die störenden Eltern dann kurzerhand in die 'Ferien' geschickt wurden, schrie doch sehr nach dem Gott aus der Büchse. Ganz abgesehen davon, dass das Ende überhaupt kein Ende ist. Es war ganz nett geschrieben, da stimme ich Dir zu, aber einen Folgeband werde ich mir bestimmt nicht zulegen. Warum nur werden All-Ager so hoch gelobt, wenn sie das klassische Rollenbild verfechten? Werde ich nie verstehen.
Liebe Grüße,
Nikola
Okay, durch deine Genre-Einordnung hast du es, glaube ich, jetzt endgültig festgelegt: Ich werde "Splitterherz" wohl nicht lesen.
Romantasy *kicher* igittt! 😀
Liebe Neyasha,
Als ich deine Rezension las, musste ich einige Male schmunzeln. Ich kann deine Kritikpunkte sehr gut nachvollziehen, auch wenn mir "Splitterherz" im Grossen und Ganzen gut gefallen hat, nicht zuletzte wegen Bettina Belitzt's Schreibstil. Aber ich weiss, dass ich einige Seite hinter mir lassen musste, um mit der Geschichte (und Elli) vertraut zu werden. "Scherbenmond" liegt seit einer Weile auf meinem Sub – unberührt. Es hat mich bis jetzt nicht gepackt.
Übrigens hat meine Freundin das Buch genau wegen denselben Punkten abgebrochen.
Liebe Grüsse,
mirjam
Na, das beruhigt mich ja, dass es nicht nur mir so ging. Irgendwie hatte ich mal wieder das Gefühl, dass außer mir den Roman alle toll fanden.
Und ja, dieses klassische Rollenbild nervt mich inzwischen wirklich. Das scheint ja fast schon ein neuer Trend zu sein. %-)
@mirjam: So geht es mir auch manchmal, dass mir ein Buch zwar gefällt, ich aber dennoch Kritikpunkte gut nachvollziehen kann.
Ich bin mal gespannt, wie dir "Scherbenmond" gefällt, wenn du es dann irgendwann mal liest. 😉
Romantasy? *grusel*
Ich hab gleich mal meine Vormerkung für Splitterherz gelöscht? 😉
Danke für die Rezension…
Liebe (und faule) Grüße, Thari
@Thari: Wie schon gesagt, ist das natürlich alles immer Geschmacksache und sonst wird der Roman ja eher bejubelt.
Aber ich hab doch auch eher das Gefühl, dass der Roman tatsächlich nichts für dich wäre. 😉