Phantastisch Rezensionen

Oliver Plaschka – Die Magier von Montparnasse

Genre: Phantastik
Seiten: 427
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 9783608938746
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternchen

Im Jahr 1926 in Paris ist der Bühnenzauberer Ravi nach einem Zwischenfall bei einer Vorführung gezwungen, vor aller Augen echte Magie einzusetzen. Damit setzen er und seine Assistentin Blanche mehrere Ereignisse in Gang, die sie zu Gefangene in einer Zeitschleife machen. Immer wieder wiederholt sich fortan in Paris derselbe Tag, doch niemand vermag zunächst zu durchschauen, was genau dahintersteckt.
Sieben Mal wiederholt sich nun dieser eine Tag in Paris, den man nun von mehreren Ich-Erzählern geschildert bekommt: der Magier Ravi, die Kellnerin Justine, der Schriftsteller Gaspard, der Magier Barneby, der Wirt Alphonse und seine Ehefrau Esmeé

Ich hatte diesen Roman schon sehr lange auf meiner Wunschliste, daher war ich sehr erfreut, als ich ihn in der Bücherei als eBook entdeckte.
Oliver Plaschka kannte ich bereits von „Fairwater oder Die Spiegel des Bartholomew“, seinen sehr skurrilen und eigenwilligen Erstling, der mich mit vielen Fragezeichen zurückließ. Dennoch fand ich den Roman sehr faszinierend und war daher auf sein neues Werk „Die Magier von Montparnasse“ gespannt. Vom Anfang war ich auch tatsächlich so begeistert, wie ich es erhofft hatte, aber dann verschwand meine Faszination für diesen Roman mehr und mehr.
Oliver Plaschka hat einen sehr schönen, aber leider auch recht eintönigen Schreibstil. Jede der Figuren hat dieselbe Erzählstimme, keine von ihnen klingt einzigartig. Aber es ist eher unwahrscheinlich, dass ein grummeliger Wirt, ein geheimnisvoller Zauberer und ein junge Kellnerin alle gleich klingten. Noch dazu hat das manchmal sogar dazugeführt, dass ich nochmal rasch zum Kapitelanfang zurückblättern musste, weil ich mir plötzlich nicht mehr sicher war, in welchem Kopf ich gerade drinnensteckte.
Das Problem ist, dass für mich auf diese Weise auch die Figuren eher blass und unbestimmt blieben. Keine einzige kam mir wirklich greifbar und lebendig vor, auch wenn sie durchaus interessant waren. Da bei mir Romane meistens mit den Figuren stehen und fallen, war das natürlich beim Lesen ein großes Problem.
Dazu kam noch, dass ich oft ihre Motivationen und Handlungsweisen nicht nachvollziehen konnte und sie in ihren Beziehungen zueinander sehr eigenartig fand. Die meiste Zeit tut ein Teil der Figuren äußerst seltsame Dinge oder schwingt rätselhafte Reden und der andere Teil der Figuren nimmt es hin, lässt sich instrumentalisieren oder wundert sich höchstens leise vor sich hin.

Das alle führte dazu, dass ich den Roman am liebsten etwa bei der Hälfte abgebrochen hätte, aber der Inhalt ließ mich doch weiterlesen: Es werden so viele Rätsel aufgeworfen und ineinander verstrickt, dass ich unbedingt wissen wollte, was es mit all den Geschehnissen überhaupt auf sich hat. Das wiederum hat mich dann beim Lesen einigermaßen genervt: Wäre er wenigstens gänzlich schlecht und uninteressant gewesen, hätte ich ohne mit der Wimper zu zucken abgebrochen. So aber wollte ich einfach nur mit dem Roman fertig werden, um endlich zur „Auflösung“ zu kommen.
Erstaunlicherweise hat dann das Ende bzw. die letzten 100 Seiten nochmal viel herausgerissen. Ich finde die Auflösung wirklich stimmig, überraschend und faszinierend. Es kommt sonst häufig vor, dass Romane nach einer spannenden Handlung ein eher schwaches Ende bieten zu haben. Hier war es nun umgekehrt, und so gibt es von mir alleine dafür ein Sternchen.

Ich habe mich nicht direkt durch den Roman gequält, aber das Lesevergnügen war nicht besonders hoch. Positiv finde ich den Schreibstil im Allgemeinen (auch wenn ich mit eine differenziertere Sprache gewünscht hätte), die Idee an sich und sowohl den Anfang als auch das Ende.
Leider vermochte mich aber der Mittelteil nicht zu überzeugen, was vor allem an den Figuren lag. Es ist wirklich schade, wenn man bei 7 Ich-Erzählern keinen einzigen findet, den man wirklich interessant und lebendig findet. Bei den meisten habe ich auch das Gefühl, dass ihr Potenzial nicht ganz ausgeschöpft wird.

Die Meinungen gehen bei diesem Roman sehr stark auseinander und tendieren großteils entweder zu ganz großer Begeisterung oder aber totaler Ablehnung.
Ich selbst stehe irgendwo dazwischen und vergebe recht großzügige 3 von 5 Sternchen.

7 thoughts on “Oliver Plaschka – Die Magier von Montparnasse

  1. Hah. Ich steh' hier an einer lustigen Stelle: ich kann jeden Deiner Kritikpunkte nachvollziehen – und mag den Roman immer noch sehr. Vielleicht hat die Begeisterung über das Setting und die Erzählform mich darüber hinweggetröstet, dass alle samt und sonders Plaschka-isch reden. Oder vielleicht bin ich gnädig, weil Plaschka-isch sich für meinen Geschmack sehr schön liest.

    Hübsche Review, wie immer. =)
    V.

  2. Der Roman steht auch auf meiner Wunschliste, aber deine Rezension hat mich doch etwas nachdenklich gemacht. Hmmm.. Ich glaub, wenn ich das nächste Mal in einer Buchhandlung darüber stolpere, les ich mal ein paar Seiten aus dem Mittelteil (was wahrscheinlich eh schlauer wäre als immer nur den Anfang zu lesen, wie ich es meistens mach).

  3. @Victoria: Mir gehts auch manchmal so. Ab und zu erwischt man einfach Bücher, von denen man einfach trotz erkennbarer Schwächen überzeugt ist. Mir ging es z.B. so mit "The Name of the Wind".

    @Mailin: Ich würde dir auch empfehlen, mal reinzulesen. Es ist natürlich schwierig, dabei festzustellen, ob einem das Buch inhaltlich zusagt. Aber zumindest merkt man dann schon mal, ob man den Schreibstil mag.

  4. Mir ging es genau wie Dir. Allerdings habe ich den Roman genau deswegen tatsächlich abgebrochen. Wie Du schreibst hat keine Figur eine eigene Stimme. Die Andeutungen war mir zu vage, es geschah nichts und das aus merehren Perspektiven.
    Allerdings würde ich gern noch einmal etwas anderes vom Autor versuchen, denn sooo schlecht fand ich seine Schreibe nicht.

  5. Das Buch steht auch schon seit längerem auf meiner Wunschliste – und ich werde es mir trotz deiner Vorbehalte und der Tatsache, dass ich eigentlich keine Ich-Erzähler mag, trotzdem irgendwann holen. Allerdings konnte ich bisher nirgends reinschmökern, weil ich das Buch immer nur in Folie im Laden gesehen hatte. Dank deiner Rezension weiß ich aber nun, worauf ich mich gefasst machen muss (nur wie die Schreibe ist, weiß ich halt nicht) – also danke dafür! 🙂

  6. Hej Neyasha, auf der Suche nach Meinungen zu diesem Buch hat es mich hierher verschlagen – ich bin nämlich gerade in der Mitte und ausgesprochen enttäuscht, aber ich denke, ich blicke jetzt mal den "spannenden letzten 100 Seiten" entgegen. Deine Kritik spricht mir jedenfalls jetzt schon aus der Seele, besonders als Justine die Erscheinung von Barneby mit der Skulptur eines bestimmten Künstlers verglich, fasste ich mir innerlich an den Kopf… Nun ja. Vielen Dank jedenfalls für diesen Artikel 🙂

  7. Ehana, du kannst auf Amazon ins Buch reinlesen. 🙂

    owyanna, ich hoffe, dass dich das Ende auch noch ein wenig mit dem Roman versöhnt. Das mit der Skulptur habe ich offensichtlich vergessen/verdrängt – zumindest kann ich mich gerade nicht daran erinnern.

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