Genre: Science Fiction
Seiten: 171
Verlag: Script5
ISBN: 9783839001035
Meine Bewertung: 1,5 von 5 Sternchen
In einer fernen Zukunft bemüht Anaximander sich um einen Platz in der angesehenen Akademie. Dafür muss sie sich einem fünfstündigen Prüfungsgespräch stellen, in dem sie über das Leben von Adam Forde und dessen geschichtlichen Hintergrund berichten soll. Denn vor Jahren wurde nach einer Seuche auf einer abgeschotteten Inselgruppe ein Staat nach dem Vorbild Platons errichtet, in dem die Menschen sich in eine strenge Ordnung einfügen müssen. Um auch weiterhin vor der Seuche verschont zu bleiben, wird jedes sich nähernde Boot gnadenlos zerstört – nur Adam Forde trifft während seiner Wache eine andere Entscheidung und stellt damit die bisherige Ordnung auf den Kopf.
„Das neue Buch Genesis“ beginnt vor allem formal sehr interessant: Der gesamte Roman stellt die Prüfung von Anax dar, was zu Beginn die Möglichkeit bietet, in einem Frage- und Antwortspiel die gesamten geschichtlichen Hintergründe kurz und knapp darzustellen.
Nicht nur diese ungewöhnliche Erzählform, sondern auch die interessante Hintergrundgeschichte von Adam Forde haben mir zunächst sehr gut gefallen.
Dann aber nahm die Handlung nicht nur einen Schlenker zu einem ganz anderen Thema, sondern mir war auch nach etwa 50 Seiten klar, was wohl das angeblich so überraschende Ende beinhalten würde. Ehrlich gesagt habe ich den Roman danach nur noch gelesen, um entweder in meiner Vermutung bestätigt zu werden oder aber doch noch eine unerwartete Wendung präsentiert zu bekommen. Sonst gab es an dem Roman nichts, was mich auch nur in irgendeiner Weise gefesselt hätte.
Es ist allerdings sehr schwierig, meine Kritikpunkte näher zu erläutern, ohne massiv zu spoilern. Da ich mich aber über das Buch so unglaublich geärgert habe, dass ich gern näher darauf eingehen möchte, was meine Probleme damit waren, wird die weitere Rezension große SPOILER enthalten.
Wer den Roman also noch ahnungslos lesen möchte, sollte nun nicht mehr weiterlesen.
Etwa um die Seite 50 herum werden erstmals Roboter und künstliche Intelligenz zur Sprache gebracht. Ab diesem Zeitpunkt war mir klar, dass Anax und die Prüfer keine Menschen, sondern Roboter sind. Nicht nur, weil die Art und Weise, wie dieses Thema eingebracht und von nun an zum Hauptthema des Buches wurde, mich gleich auf diese Spur gebracht hat, sondern auch, weil es im Prüfungsgespräch sehr schnell klar wird, dass es sich hier nicht um Menschen handelt.
Das Problem ist, dass es sich bei dem Buch um ein seltsames Flickwerk handelt. Diese postapokalyptische Gesellschaft, die sich nach dem Vorbild von Platons Politeia organisiert, fand ich sehr faszinierend, aber für den weiteren Plot rund um künstliche Intelligenz und Menschsein ist sie unerheblich. Nicht nur das: Auch Adam Fordes so bedeutende Entscheidung, ein Mädchen aus einem Boot zu retten, spielt an sich keine Rolle mehr. Das Mädchen Eva kommt nie wieder vor und dient nur als Grund, dass Adam nun als Strafe fortan mit einem neu entwickelten Roboter sprechen muss, um dessen Intelligenz zu trainieren.
Von nun an ist der Roman also ein reiner philosophischer Diskurs über Bewusstsein und die Unterscheidung zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz. Wenn nun Anax am Ende selbst erstmals erfahren hätte, dass sie ein Roboter ist, während sie sich für einen Menschen hielt, hätte das diese langen Diskussionen immerhin auf die Spitze getrieben.
Aber nein, Anax weiß ja, dass sie alle Roboter sind. Es wird nur den Lesern am Ende in einer großen Geste präsentiert – als ob das da noch irgendeine Überraschung gewesen wäre. Zusätzlich wird eine weitere seltsame Wendung eingebaut, die nicht besonders viel Sinn ergibt und in keiner Weise stimmig zu dem Rest des Romans passt. Es ist nur ein weiteres Element dieses Flickwerks, das sich nicht so recht einfügen möchte.
Und schließlich – Überraschung, Überraschung – handelt es sich bei der Akademie nicht wirklich um eine solche und bei dem Gespräch folglich auch nicht um eine Aufnahmeprüfung. Das ist nun zwar für Anax unerwartet, nicht aber für die Leser. Dass hinter der Akademie und der Prüfung etwas ganz anderes steckt, ist einfach von Anfang an so deutlich erkennbar, dass auch daraus kein überraschender Plottwist mehr entsteht.
Alles in allem ist also an dem Ende, das auf dem Klappentext und auch überall sonst so hervorgehoben wird, überhaupt nichts überraschend. Wirklich interessant fand ich an dem Roman nur die originelle Erzählform und das Anfangsszenario, das ich viel faszinierender als alles weitere fand. Schade, dass es im Gesamten wie ein Fremdkörper wirkt, da es keinen logischen Zusammenhang zwischen der präsentierten Gesellschaft und der darauffolgenden Debatte über künstliche Intelligenz gibt.
Was bleibt, ist also nur noch eine philosophische Debatte, die mit Mühe in einen Plot gestopft wird und nicht einmal für sich alleine überzeugen kann, da sie über weite Strecken sehr wirr und ziellos wirkt.
Nein, dieser Roman und ich sind keine Freunde geworden. Gut, dass ich ihn nur aus der Bücherei ausgeliehen hatte.
Ich erinnere mich vage, dass ich das Buch damals (ist doch schon ein Weilchen her, dass es erschienen ist) sehr interessant fand, dann aber irgendwo wohl schlechte Rezis gelesen habe. Zum Glück, wie es mir scheint!
Mir sind sonst zu dem Roman fast nur begeisterte Rezis untergekommen und kam mir mal wieder richtig seltsam vor, weil ich ihn gar nicht gut fand.
Insgesamt dürfte er also recht gut ankommen, aber ich persönlich kann ihn definitiv nicht weiterempfehlen.