Kinderbuch Rezensionen

Julie Campbell – The Gatehouse Mystery

3. Band der Serie „Trixie Belden“
Rezensionen der bisherigen Bände: Band 1, Band 2

erschienen bei Penguin Random House

entdeckt: in der Kindheit durch ältere Geschwister
woher: Kauf (kobobooks)

In einem verlassenen Pförtnerhaus auf dem Anwesen der Wheelers finden Trixie und Honey einen Diamanten. Wie kommt der wertvolle Stein in das alte Häuschen? Haben gar der Gärtner und der Chaffeur, die von den Wheelers gerade erst neu angestellt wurden, etwas damit zu tun? Trixie und Honey beschließen, den Fund geheimzuhalten und bringen sich damit ordentlich in Schwierigkeiten. Gut, dass sie auf Jim und auf Trixies ältere Brüder zählen können. 

Bei diesem Trixie Belden-Band hatte ich nun erstmals das Gefühl, inzwischen doch zu alt für diese Serie zu sein. Die fixe Idee der Mädchen (bzw. vor allem von Trixie), sie müssten den Diamanten-Fund verheimlichen, ließ mich nur noch den Kopf schütteln. Noch weniger konnte ich nachvollziehen, weshalb dann sogar Jim und Trixies ältester Bruder Brian, die sonst eher die Stimme der Vernunft darstellen, bei diesem Irrsinn mitmachen. Und wie zum Geier schafft man es, einen so wertvollen Edelstein immer wieder aus den Augen zu verlieren? Ich habe nicht mitgezählt, wie oft sie danach suchen und sich wieder einmal einen neuen „sicheren“ Ort dafür überlegen, aber es geschieht mehrmals.
Obwohl ich beim Lesen manchmal händeringend rufen wollte „Kinder, denkt doch mal nach!“, hatte ich alles in allem meinen Spaß mit dem Buch. Wie schon in den ersten beiden Bänden lässt Campbell sich auch hier viel Zeit für ihre Charaktere. Trixie, Honey und Jim bekommen mehr Tiefe, während mit Trixies Brüdern Mart und Brian zwei sehr liebenswerte neue Figuren eingeführt werden.
Noch dazu wird hier nun der Club „Bob-Whites of the Glen“ gegründet und somit die Grundlage für die weiteren Bände gelegt. 
Bereits in den vorigen Bänden habe ich auf die Kürzungen und Änderungen in der deutschen Übersetzung hingewiesen. Dieses Mal wollte ich es nun genau wissen und habe die englische und deutsche Version parallel gelesen. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass in der Übersetzung sowohl Dialoge als auch Beschreibungen der Umgebung oder alles, was sonst zur Atmosphäre beiträgt, gekürzt werden, solange es nicht direkt um den „Kriminalfall“ geht. Manchmal fehlen ganz Szenen – so wird etwa ein Ausritt, bei dem es zu einem für die Auflösung nicht ganz unwichtigen Gespräch mit Mr. Lytell kommt, auf einen kurzen Absatz zusammengekürzt, in dem Mr. Lytell noch nicht einmal auftritt.
Oft kommt mir auch die Übersetzung deutlich weniger lebhaft und anschaulich vor. Als etwa Trixies kleiner Bruder Bobby sich das Knie aufschlägt und jammert, dass er nach Hause möchte, kommt folgende Reaktion: „Of course you do“, Honey cried sympathetically. Man kann richtig herauslesen, wie die sensible Honey voll ehrlichen Mitleids ist.
In der Übersetzung wird das zu einem lapidaren „Na klar“, beruhigte ihn Brigitte. Hier wird nicht einmal klar, ob Brigitte (Honey) mit dem Jungen mitfühlt oder ihn einfach nur schnell beruhigen möchte, damit er still ist.
Als ein Beispiel dafür, wie in der Übersetzung die Szenen auf das absolut Wesentliche zusammengekürzt werden, stelle ich hier eine Szene, in der Trixie heimlich Kaffee trinkt, um die Nacht über wach zu bleiben, auf Englisch und Deutsch einander gegenüber:
When Celia [das Hausmädchen] brought in Miss Trask’s coffee, Trixie pushed back her chair und jumped to her feet. She grabbed the nearest platter and said, „I’ll help you clear the table, Celia. I always do it at home.“ She pushed through the swinging door into the butlers’s pantry. On the drain board was a large cup of black coffee which Celia had obviously just poured for herself. Trixie slid the platter of cold cuts in between the pots and pans beside the sink, and grabbed the cup.
After the first swallow, she almost screamed with pain. It was scalding hot and as strong as lye. Trixie had never tasted coffee before. It was horrible, but she forced herself to gulp down as much as her protesting throat would let her, and hurried back into the dining-room.
„Why, Trixie“, Honey gasped. „You’ve been crying. What’s the matter?“
Trixie hastily dabbed at her watering eyes with her napkin.
„Oh, dear“, Miss Trask said worriedly. „Don’t tell me you’re a hay fever victim, Trixie? This is the ragweed season, you know.“
Celia sniffed. „More likely, onions is the answer. Trixie loves onions, and I left some thick slices in the pantry. I forgot Mr. Wheeler wouldn’t be here for supper. He loves ‚em too.“
(S. 51 meiner ebook-Ausgabe)
Trixie, die entschlossen war, die Nacht wach zu bleiben, schlich sich heimlich in die Küche und trank dort eine halbe Tasse starken, bitteren Kaffee. Gräßlich schmeckte das. Was die Erwachsenen nur daran fanden!
Als sie ins Zimmer zurückkam, standen ihr noch Tränen in die Augen, und Fräulein Trasch fragte sie besorgt, was denn los sei. „Du wirst doch nicht etwa Heuschnupfen bekommen, Trixie?“ meinte sie.
Celia, die Trixies Vorliebe für rohe Zwiebeln kannte, meinte augenzwinkernd, Trixie habe wohl in der Küche Zwiebelscheiben genascht.
(S. 50)
Abgesehen davon, dass die Sache mit dem Kaffee im Original viel lebhafter beschrieben ist, fällt mir hier vor allem auf, dass Honey/Brigitte erneut schlecht charakterisiert wird in der Übersetzung. Sie ist im Original natürlich die erste, der auffällt, dass ihre Freundin Tränen in den Augen hat und macht sich deshalb Sorgen (später kommt sie auch nochmal darauf zurück). In der Übersetzung dagegen wird das alles Miss Trask zugeschoben und Brigitte äußerst sich gar nicht dazu, dass ihre Freundin anscheinend geweint hat.
Ich finde es wirklich schade, dass die Bücher auf Deutsch nahezu auf das Skelett zusammengekürzt werden, als wäre es bei einem Kinderbuch einzig und allein wichtig, dass man in aller Kürze die Handlung unterbringt, während Atmosphäre keine Rolle spielt. Erzieht man auf diese Weise nicht sogar Kinder zu ungeduldigen Lesern?
Um ehrlich zu sein, kann ich nicht behaupten, dass mir als Kind beim Lesen von Trixie Belden etwas gefehlt hätte. Aber ich bin mir auch sicher, dass ich mich nicht gelangweilt hätte, wenn die Geschichten nicht dermaßen gekürzt worden wären – ich konnte ohnehin nicht genug davon bekommen und fand, dass ich mit einem Band immer viel zu schnell durch war.
Das bestärkt mich nun auf alle Fälle in meinem Entschluss, die deutschen Bände alle auszumisten und durch die Englischen zu ersetzen. Schade nur, dass es diese bisher nur lückenhaft als ebooks gibt (so fehlt etwa noch Band 4, während es dann 5-7 wieder gibt).

13 thoughts on “Julie Campbell – The Gatehouse Mystery

  1. Traurig, dass bei den Übersetzungen so gekürzt wurde. Nur schon dieser Abschnitt finde ich schlimm.
    Ich hab als Kind die "Geheimnis um…" Bücher gelesen. Neben "Blitz, der schwarze Hengst" und "Bille und Zottel" meine meistgelesenen Bücher. Bei den Geheimnis um- Bücher, hatte ich immer das Gefühl, das etwas nicht stimmt. Aber ich konnte nie festlegen, was es genau war. Heute vermute ich, es lag an der Übersetzung. Nur wäre mir das nie in den Sinn gekommen.

    1. Ich hätte früher auch nie daran gedacht, dass vielleicht die Übersetzung gekürzt sein könnte, wenn ich mal wo das Gefühl hatte, dass mir zur Lösung ein Schritt gefehlt hat.
      Sehr schade so etwas.

  2. Danke für den Sprachvergleich! Ich kenne ja Trixie Belden nur auf Englisch und lese eure Anmerkungen zur Übersetzung immer gerne.
    Klingt, als wäre das Problem sehr ähnlich wie in den Agatha Christie-Romanen; dort wurde ja auf Deutsch auch vieles, was zur Atmosphäre beiträgt (vor allem Diskussionen, die interessante Einblicke in die Entstehungszeit ermöglichen…), einfach gestrichen.

    1. Ja, das kann durchaus sein. Ich habe von Agatha Christie zwar erst einen Roman auf Englisch gelesen, allerdings in der letzten Zeit auch schon zwei, die neu (und ungekürzt) übersetzt wurden. Und sowohl beim Original als auch bei den neuen Übersetzungen hatte ich ganz deutlich das Gefühl, als würde da viel mehr Atmosphäre aufgebaut.
      Nun frage ich mich immer, was mir bei denen, die ich früher gelesen habe, wohl alles entgangen ist.

  3. Mir hat früher auch nicht wirklich etwas gefehlt, wobei ich die Verwirrung bezüglich der Frage wo die Geschichten spielen immer noch auf die seltsamen Übersetzungen und Kürzungen schiebe.

    Auf jeden Fall sind die Originale deutlich atmosphärischer und Brigi… äh Honey mag ich im Original auch deutlich lieber. Ich bin ja auch fest entschlossen mir die englischen Ausgaben zu besorgen, aber den vierten Band z.B. gibt es nur noch zu Mondpreisen. Es ist so ärgerlich, dass diese Ausgaben zum Teil so schnell ausverkauft waren.

    1. Ja, das ist wirklich ärgerlich und es ist mir auch ein absolutes Rätsel, weshalb es ausgerechnet den 4. Band nicht als ebook gibt und danach dann doch wieder einige. Daher weiß ich auch noch nicht so recht, wo ich den Band zu brauchbaren Preisen auftreiben soll.

      Die deutschen Bände werden nun aber wohl aussortiert. Nach diesem Vergleich habe ich wirklich keine Lust mehr, die nochmal zu lesen.

    2. Ab Band 7 wurden die Geschichten ja nicht mehr von Julie Campbell geschrieben, da hätte es mich nicht gewundert, wenn es einen Bruch in der Veröffentlichung gegeben hätte. Aber so ist es wirklich sehr seltsam!

      Ich überlege ja immer noch, ob ich meine Agatha Christies komplett austauschen sollte, aber das würde mich ein Vermögen kosten … *seufz*

    3. Ich finde es auch sehr seltsam. Und gerade die ersten 6 Bände von Julie Campbell würde ich wirklich nun gern alle nochmal auf Englisch lesen. Vielleicht sogar die ersten 11, denn soweit habe ich sie auf Deutsch zuhause und es reizt mich sehr, diese alle nun noch einmal neu für mich zu entdecken.

      Bei Agatha Christie denke ich auch darüber nach, meine Favoriten (u.a. "Und dann gabs keins mehr" sowie "Das fahle Pferd") auszutauschen. Insgesamt habe ich ja nicht gar so viele Agatha Christies und die letzten, die ich gekauft habe, sind zum Glück neu und ungekürzt übersetzt (soweit ich das verstanden habe). Interessanterweise werden beide in einigen Rezensionen eher als "schleppend" bezeichnet, während sie für mich zu den besten ihrer Krimis gehörten.
      Aber ganz allgemein würde ich inzwischen einige Bücher gern austauschen, wenn mir das nicht so teuer kommen würde. *mitseufz*

    4. Ich habe mir die englischen Bände letztes Jahr bis zum 5. Teil erworben (nach dem 6. würde ich wohl ohnehin nicht weiterlesen). Mit dem 4. kann man mit etwas Geduld Glück haben – ich habe ihn im September über den Amazon Marketplace immerhin für 5 € + Versand aus England gebraucht bekommen.

      Die Agatha Christies wird man ja nicht alle auf einmal austauschen. Man kann doch mit einigen beginnen und nach und nach aufstocken… Ich kaufe zum Beispiel momentan ab und an einen dazu, wenn ich ihn gerade besonders preiswert (5-6 €) sehe 🙂

    5. Bei mir ist halt das Problem, dass ich ungern einen einzelnen Reihenband im Regal stehen habe (auch wenn das albern sein mag). Und da ich die anderen Bände als ebooks gelesen habe, würde es mich wirklich nerven, wenn ich den 4. Band als Taschenbuch kaufen muss. Aber etwas anderes wird mir anscheinend kaum übrig bleiben.

    6. @Kiya: Ich überlege, ob ich nach Band 6 dann zu den eBooks wechsel. *g*

      Was ein Austauschen der Agatha-Christie-Romane angeht: Ich habe immer Angst, wenn ich das nicht relativ zügig hinbekomme, dass ich dann nicht mehr eine Ausgabe vollständig bekomme. Ich habe zu viele Autoren in sehr unterschiedlichen Ausgaben, weil irgendwann die Verlage sich überlegt haben, dass es doch viel ansprechender wäre, wenn man andere Cover nimmt. *seufz*

  4. Dieser Vergleich ist erschütternd, wenn auch nicht gänzlich neu für mich. Ich kenne das Problem ja ganz extrem von den "Hanni & Nanni"-Büchern, wo dann schließlich sogar ganze Bücher hinzuerfunden wurden. Da war mir dann hinterher klar, warum vieles vorne und hinten nicht mehr zusammenpasste. Damals habe ich mich nur gewundert, dass meine Mutter zwar einige alte Bände hatte, aber sehr viele Geschichten eben nicht. Enid Blyton war ja generell ein beliebtes Opfer für Veränderungen.

    Agatha Christie sollte ich vielleicht dann auch nochmal im Original lesen …

    1. Ich war wirklich erschrocken, wie sehr die Übersetzung gekürzt worden ist. Bei Hanni&Nanni habe ich keinen Vergleich und es ist auch wirklich schon lange her, seit ich die gelesen habe, aber anscheinend betrifft das ja fast alle älteren Kinderbücher – so fehlen etwa auch bei Dolly angeblich teils ganze Kapitel. Die Serie wurde ja dann auch von verschiedenen deutschen Autoren für etliche Bände fortgesetzt und da fand ich als Kind die, in denen Dolly dann heiratet und selbst Mutter wird, eher seltsam.

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