Rezensionen

Eowyn Ivey – Das Schneemädchen

gekürztes Hörbuch (7 h 3 min)
gelesen von Doris Wolters
erschienen bei Audiobuch

woher: Städtische Bücherei (Onleihe)

Hörbuch-Challenge
Märchen-Bingo

Alaska in den 20er Jahren: Jack und Mabel können keine Kinder bekommen und sind vor dem Schmerz in die Einsamkeit geflüchtet. Als sie im Winter ein kleines Kind aus Schnee bauen, sehen sie in den nächsten Tagen plötzlich immer wieder ein Mädchen mit einem Fuchs durch den Wald streifen. Was hat es mit dem Kind auf sich und wo kommt es auf einmal her? Ist etwa gar das kleine Schneemädchen lebendig geworden?
Eowyn Ivey greift in ihrem Roman die russische Märchengestalt Snegurotschka auf und entwickelt daraus eine ganz zauberhafte Geschichte. Im Mittelpunkt steht dabei weniger das Schneemädchen selbst als der Einfluss, den es auf Jack und Mabel hat. Diese haben sich zu Beginn des Romans ganz auseinandergelebt und finden keinen Zugang mehr zueinander. Jack verausgabt sich täglich auf den Feldern; Mabel hat sich ganz in sich zurückgezogen und scheut jeden Kontakt zu anderen Menschen.
Wie die beiden allmählich wieder aufeinander zugehen und Freundschaft mit einer anderen Familie schließen, wird sehr sensibel erzählt und ist vermutlich das schönste an der Geschichte.
Faina, das Schneemädchen, bleibt dagegen weitgehend ein Rätsel und sorgt neben dem sehr realistisch geschilderten Alltag für ein märchenhaftes Element. Ob hier tatsächlich phantastische Züge in die Erzählung gebracht werden oder ob es für Faina eine Erklärung gibt, darüber möchte ich hier gar nichts schreiben, um niemandem etwas vorwegzunehmen. Ich selbst fand es aber sehr gut umgesetzt.
Auch sonst hat mir der Roman sehr gut gefallen. Er ist traurig, aber dennoch herzerwärmend und genau das richtige für kalte Wintertage. Ich habe mich den Figuren sehr schnell emotional nahe gefühlt und sie sind es auch, die die Geschichte tragen. Charakterentwicklung spielt eine deutlich größere Rolle als ein ausgefeilter Plot – und das meine ich nun ganz und gar nicht negativ. Obwohl „Das Schneemädchen“ ein sehr ruhiges Buch ist, habe ich mich keine Minute gelangweilt und hätte noch stundenlang weiter der Lesung lauschen können.
Das Ende kam mir allerdings ein wenig überhastet vor. Im letzten Viertel zieht das Tempo kräftig an und kam mir beinahe schon gehetzt vor. Da ich ein gekürztes Hörbuch gehört habe, kann ich allerdings nicht sagen, wie weit das möglicherweise an der Hörbuchfassung lag. Ansonsten fand ich diese aber rundum gelungen. Ich hatte nie das Gefühl, dass irgendwo etwas fehlen würde und die Lesung von Doris Wolters passt sehr gut zur Stimmung des Buches.
Fazit: Ein wunderschönes Buch, das ich allen nur wärmstens ans Herz legen kann.

4 thoughts on “Eowyn Ivey – Das Schneemädchen

  1. Ach, das wollte ich doch auch schon längst mal lesen … Muss ich mir jetzt direkt auf die Merkliste setzen, würde sich dann vielleicht fürs nächste Adventslesen anbieten.

  2. Hoi, Neyasha.
    Ein Mädchen in Fuchsbegleitung ist natürlich ein sehr poetischen Motiv; zumal wenn sie als Momentum für die weitere Entwicklung der beiden Traurigen durch die Geschichte weht. Ließe sich in wunderbare filmische Szenen münzen.
    Anmerkenswert auch, daß die Handlung in den Zwanzigern angesiedelt ist, in rauher, ländlicher Natur. Dadurch entfällt eine moderne, urbane Psychologisierung als Hintergrund für Mabel & Jack.
    Hm…sollte ich mit einer Mail an Dich erneut scheitern – hier der Wunsch, von mir an Dich*, daß Du gesundet in ein neues Jahr schlidderst!
    Hip hip hooray…

    bonté

    * ein Filmzitat

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