erschienen bei Bastei Lübbe
woher: Büchereien Wien (Onleihe)
Auf einem fernen Planeten fertigen die Haarteppichknüpfer bereits seit Jahrhunderten Teppichen aus den Haaren ihrer Frauen und Töchter für den Kaiser. Ein Teppich ist so aufwendig, dass jeder Knüpfer nur einen davon in seinem Leben herstellen kann. Von dem Erlös des Teppichs kann eine ganze Generation leben und so wird die Kunst Generation für Generation weitervererbt. Zwar gibt es Gerüchte, der Kaiser wäre gestürzt worden, aber weshalb sollten dann weiterhin die Handelsschiffe kommen, um die Teppiche abzuholen und die Knüpfer zu bezahlen?
„Die Haarteppichknüpfer“ ist eine Erzählsammlung, die aus 17 teils locker, teils eng verwobenen Episoden besteht. Jedes Kapitel wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, wobei häufig die Hauptfiguren einer Geschichte später als Nebenfiguren in weiteren Geschichten vorkommen. Dabei heftet Eschbach sich zunächst ganz an die Fersen der Teppichknüpfer und erzählt aus ihrer Sicht von der Kunst des Knüpfens, von ihren Sorgen und den Beschränkungen, die ihnen auferlegt sind. Es handelt sich bei den Knüpfern um eine Art Kaste, aus der sie ihr Leben lang nicht ausbrechen können.
Allmählich zoomt Eschbach dann weiter hinaus – zuerst dringt mit einem Fremden, der blasphemische Ansichten über eine Rebellion verbreitet, die Außenwelt in das Leben der Teppichknüpfer ein und dann verlassen die Erzählungen schließlich den Planeten und springen zu weiteren Planeten und Raumschiffen. Umso weiter man sich vom Planet der Teppichknüpfer entfernt, umso stärker wird auch der Science Fiction-Anteil. Die Knüpfer leben in einer rückständigen, eher fantasyartigen Welt, bei der Entwicklungen bewusst unterdrückt werden, aber bald wird klar, dass außerhalb die Technologie viel weiter fortgeschritten ist.
Während zunächst die Fragen immer mehr werden (Wer ist der Kaiser? Was macht er mit den Teppichen? Stimmt es, dass er nicht mehr lebt? Wohin aber verschwinden dann die Teppiche?), werden bei den späteren Geschichten allmählich die Zusammenhänge klar, bis es am Ende zur überraschenden, aber in sich doch stimmigen Auflösung kommt.
Mir hat die Art und Weise, wie Andreas Eschbach diesen episodenhaften Roman aufgebaut hat, sehr gut gefallen. Die Rätsel treiben einen beim Lesen ebenso voran wie die Frage, was aus dieser oder jenen Figur werden wird – eine Frage, auf die es nicht immer eine Antwort gibt. Manche Einzelschicksale werden weiterverfolgt oder später noch einmal aufgegriffen, aber manche bleiben auch offen. Da der übergeordnete Spannungsbogen am Ende aufgeklärt wird, hat es mich aber nicht gestört, dass nicht jeder der vielen kleinen Handlungsstränge zu einem Ende geführt wird. Es passt ja auch zu Kurzgeschichten, dass manches offen bleibt.
Viele Geschichten beschäftigen sich sehr kritisch mit den Themen allumfassende Macht und starre Traditionen, die sich niemand zu hinterfragen traut. Die Stimmung ist daher meistens eher traurig und es haben auch nur die wenigsten Episoden ein glückliches Ende.
Aufgrund der episodenhaften Struktur und der Sprünge zwischen den verschiedenen Schauplätzen und Figuren ist „Die Haarteppichknüpfer“ mitunter etwas verwirrend zu lesen, aber wer gern über Rätsel und Geheimnisse liest und eine Mischung zwischen Fantasy und Science Fiction mag, sollte es unbedingt mit dieser Erzählsammlung versuchen. Mich hat der Erstling von Andreas Eschbach auf jeden Fall überzeugt.
Das mit den verschiedenen Perspektiven und Episoden erinnert mich an "Seeherzen" von Margo Lanagan, mal sehen, ob ich das auch mal lese.
okay.. *packt es auf die Merkliste*
🙂
*schließt sich Natira an*
Ich bin auf jeden Fall gespannt, ob es jemand von euch liest und wie es euch dann gefällt. 🙂
Der Aufbau des Buchs, mit dem Herauszoomen, klingt auf jeden Fall interessant. Eine Mischung aus Fantasy und SciFi klingt auch gut… ich denke ich gebe ihm eine Chance 🙂