Krimi/Thriller Rezensionen

Tove Alsterdal – Die Verschwundenen von Jakobsberg

 

erschienen bei Bastei Entertainment
entdeckt bei Buchimpressionen 
woher: Büchereien Wien (Onleihe)

 

Jakobsberg bei Stockholm: Camilla stürzt vom Balkon und ist sofort tot. Mord oder Selbstmord? Als Camillas Schwester Nachforschungen anstellt, findet sie heraus, dass Camilla kurz zuvor nach Argentinien gereist ist, wird sie hellhörig. In den siebziger Jahren verschwand die Mutter der Schwestern in Argentinien. Gibt es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen?
 
 
Tove Alsterdal verknüpft in diesem Roman zwei Zeitebenen: Einmal Schweden im Jahr 2014 und einmal Argentinien zur Zeit der Militärdiktatur in den 70er Jahren. Ing-Marie, die Mutter der beiden Schwestern, lässt als als junge, rebellische Frau ihre Familie zurück, um mit ihrem Geliebten in Argentinien gegen das Regime zu kämpfen. Sie wird gefangengenommen und verschwindet spurlos, aber während ihre jüngere Tochter Helene nichts mehr mit der Vergangenheit ihrer Familie zu tun haben will, lässt Camilla die Angelegenheit keine Ruhe. Erst ihr Tod rüttelt schließlich auch Helene wach und zwingt sie dazu, sich mit der Vergangenheit ihrer Familie auseinanderzusetzen.
 
„Die Verschwundenen von Jakobsberg“ ist einmal ein Krimi der etwas anderen Art, in dessen Mittelpunkt auch nicht unbedingt der Fall (Camillas Tod) an sich steht, sondern eher die Geschichte von Ing-Marie und ihrer Familie. Dennoch liest sich der Roman über weite Strecken so spannend und fesselnd wie ein Krimi. Tove Alsterdal scheint auch gut recherchiert zu haben und beschreibt die Zustände in Argentinien zur Zeit der Militärdiktatur sehr eindringlich.
Es gibt mehrere Perspektiventräger, die alle gut charakterisiert werden und ihre eigene starke Stimme erhalten.
 
Allerdings finde ich, dass sie den Roman mit den vielen Themen, die sie anreißt, ein wenig überfrachtet. So hat Helene mit Beziehungsproblemen zu kämpfen, schrammt scharf an einer Affäre vorbei, hat einen alkoholkranken und obdachlosen Vater und landet schließlich bei ihren Nachforschungen auch auf einer Dating-Plattform. Nimmt man dazu noch die Problematik der Inhaftierungen, Folterungen und Tötungen in Argentinien sowie in der Gegenwartsebene den Kampf, die Täter von damals vor Gericht zu bringen, wird das in Summe alles ein bisschen zu viel. Ja, alles ist mehr oder weniger stark mit der Haupthandlung verknüpft, aber eine stärkere Konzentration auf weniger Themen hätte meiner Meinung nach dem Roman sehr gut getan. Das hätte das knapp 600 Seiten dicke Buch auch etwas verschlankt und die eine oder andere kleine Länge vermieden.
 
Dennoch hat mir der Roman insgesamt gut gefallen und ich kann ihn allen empfehlen, die gern Krimis lesen, bei denen der Schwerpunkt nicht auf der Detektivarbeit an sich liegt.

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