Mechtild Borrmann – Die andere Hälfte der Hoffnung
In einer kalten Nacht nimmt der Bauer Martin Lessmann eine junge osteuropäische Frau bei sich auf, die vor zwei Männern flüchtet. Währenddessen wartet Walentyna, die in der Entfremdungszone wohnt, darauf, dass ihre Tochter aus Deutschland zurückkehrt.
Mechtild Borrmann erzählt in diesem Roman eine packende Geschichte und setzt sich dabei mit den Themen Menschenhandel, Prostitution und den Folgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl auseinander. Dazu verwebt sie ineinander drei Handlungsstränge: Martin Lessmann in Deutschland, der sich um die verängstigte Tanja kümmert und ihr bei ihrer Suche nach ihrer Freundin helfen will; Walentyna, die für ihre Tochter ihre Lebensgeschichte und ihre Erfahrung mit Tschernobyl niederschreibt; die Ermittlungen von Leonid, Mitglied einer neu gegründeten Sondergruppe in Kiew.
„Die andere Hälfte der Hoffnung“ ist ein fesselnder Roman, der einem unter die Haut geht. Mich haben die Einzelschicksale darin sehr berührt, wobei ich aber finde, dass die Geschichte von Walentyna mit dem Rest der Handlung nur sehr lose verknüpft ist. Dadurch wird ihre Erinnerung an das Reaktorunglück und die Zeit danach eher zum Beiwerk, was schade ist. Trotzdem ein sehr empfehlenswerter Roman.
Nagib Machfus – Karnak-Café
Der ägyptische Autor Nagib Machfus, der 1988 den Literaturnobelpreis erhielt, wurde vor allem durch „Die Midaq-Gasse“ und seine „Kairoer Trilogie“ bekannt. „Karnak-Café“ ist eher eins seiner unbekannteren Werke und wurde erst 35 Jahre nach seinem Erscheinen erstmals ins Deutsche übersetzt. Es geht darin um ein von einer ehemaligen Tänzerin geleiteten Café, in dem sich eine bunte Mischung an Leuten trifft, um über Politik und Probleme des Alltags zu diskutieren. Die familiäre Atmosphäre nimmt ein jähes Ende, als einige Studenten für eine Weile verschwinden und klar wird, dass sie verhaftet wurden.
„Karnak-Café“ ist ein kurzer, aber sehr vielschichtiger Roman, in dem Machfus sehr eindringlich schildert, wie die Stimmung in dem Café vergiftet wird, als schließlich jeder beginnt jeden zu verdächtigen. Historischer Hintergrund der Handlung ist der Sechstagekrieg von 1967
und man sollte mit diesen Hintergründen bereits etwas vertraut sein, um
dem Roman gänzlich folgen zu können. Ich hatte nur wenig Vorwissen und daher ab und zu Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen, aber dennoch hat mir der Roman sehr gut gefallen.
und man sollte mit diesen Hintergründen bereits etwas vertraut sein, um
dem Roman gänzlich folgen zu können. Ich hatte nur wenig Vorwissen und daher ab und zu Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen, aber dennoch hat mir der Roman sehr gut gefallen.
Marie Hermanson – Der unsichtbare Gast
Für Florence Wendman ist die innere Uhr 1943 stehengeblieben. Auf ihrem Gut hat sie ein Grüppchen junger Menschen versammelt, die allesamt im Leben gescheitert sind und nun für Florence‘ Dienstboten spielen und Feste vorbereiten für Gäste, die in Wahrheit schon lange tot sind. Als in diese seltsame Gemeinschaft weitere Menschen eindringen, lässt sich aber die wirkliche Welt nicht weiter ausschließen.
Die Inhaltsbeschreibung hat mich auf den Roman neugierig gemacht und tatsächlich ist die Ausgangssituation interessant. Marie Hermanson schildert die Gemeinschaft auf Gut Glimmenäs sehr anschaulich und erschafft eine vermeintliche Idylle, bei der von Anfang an klar ist, dass sie nicht ewig halten kann. Obwohl mir der Hintergrund gefallen hat und der Roman spannend zu lesen ist, fand ich aber doch vieles zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Die Handlung wirkt gerade zum Ende hin sehr konstruiert und es gibt eine ganze Reihe von Logiklücken (etwa, dass die Polizei um einen rätselhaften Tod herum anscheinend kaum Nachforschungen anstellt). Da ich auch die Figuren eher eindimensional fand, konnte mich der Roman leider nicht so begeistern, wie ich es mir anfangs erhofft hätte.
Ich sehe, dass du deinem Ziel bei den Rezensionen immer näher kommst. Ich persönlich mag Kurzrezis, obwohl ich in deinem Fall die tiefer gehenden Rezensionen eigentlich lieber lese. 🙂
Ich schreib auch lieber tiefergehende Rezensionen. Zeitlich bekomm ich das nicht mehr bei allen ausstehenden hin, aber bei den Kurzrezis muss ich mich immer sehr, sehr zurück halten … 😉