erschienen bei Penguin Random House
wo entdeckt: Buchflimmern
woher: Büchereien Wien (e-Library)
Die vierzehnjährige June hat nicht viele Ansprechpersonen in ihrem Leben. Ihre Eltern sind den ganzen Tag mit Arbeit eingedeckt, von ihrer älteren Schwester Greta hat sie sich entzweit und in der Schule kann niemand etwas mit Junes Begeisterung für das Mittelalter anfangen. Verstanden fühlt sie sich nur von ihrem Onkel und Paten Finn. Als dieser an Aids stirbt, wird June nicht nur ihrer einzigen Ansprechperson beraubt, sondern sie muss auch entdecken, dass sie Finn nie richtig gekannt hat.
„Tell the Wolves I’m Home“ (der Titel eines Gemäldes, das im Buch eine wichtige Rolle spielt) spricht einige ernste und teils kontroverse Themen an: das Unwissen über Aids in den 80er Jahren und die Stigmatisierung, die für die Betroffenen damit verbunden war; die Vorurteile Homosexualität gegenüber; das Außenseitertum einer Jugendlichen, die Interessen jenseits der gängigen Norm hat.
Ich habe den Umgang mit diesen Themen sehr gut umgesetzt gefunden und ich fand das Buch auch sehr flüssig und fesselnd zu lesen.
Carol Rifka Brunt versetzt sich hier sehr einfühlsam in die Gedankenwelt eines jungen Mädchens und beschreibt auch Junes Begeisterung für die Vergangenheit sehr schön. Sie entwirft interessante und mehrdimensionale Figuren, mit denen ich allerdings meine Probleme hatte.
Sowohl Greta, als auch die Mutter und schließlich auch June sind offensichtlich nur zu einer gänzlich selbstsüchtigen Liebe fähig und reagieren, sobald sie nicht mehr die alleinige Liebe der anderen Person besitzen, nicht nur sehr eifersüchtig, sondern geradezu gehässig. Die Art, wie sie bewusst andere Menschen verletzen, ist schon harter Tobak. Ebenso schwer zu ertragen fand ich es, wie die Menschen in ihrer Umgebung diese Verletzungen hinnehmen und sich teilweise auf eine fürchterliche Weise emotional erpressen lassen. Und June, die Opfer eines solchen Verhaltens wird, verhält sich selbst wiederum keinen Deut besser. Das machte es mir sehr schwer, Sympathien für sie zu empfinden, obwohl ich ihre Schüchternheit und ihre Probleme mit den Mitschülern wiederum sehr gut nachvollziehen konnte.
Ich will noch nicht einmal behaupten, dass so ein Verhalten unrealistisch ist, aber ich fand es beim Lesen teilweise kaum zu ertragen. Das ist natürlich auch ein Zeichen für die Fähigkeiten der Autorin, dass mich das Buch so aufgewühlt hat. Und die Figuren schaffen es im Laufe des Buches auch, dazuzulernen und sich weiterzuentwickeln.
Finn und dessen Lebensgefährte Toby werden hingegen schon fast als „zu gut um wahr zu sein“ gezeichnet – hier hätte ich mir etwas weniger Extreme auf der einen Seite und dafür mehr Schwächen auf der anderen Seite gewünscht.
Alles in allem hat mich aber „Tell the Wolves I’m Home“ sehr fasziniert und auch gefesselt. Es ist eine spannende Coming-of-Age-Geschichte, die auch einige brisante Themen aufwirft, bei der ich allerdings teilweise ein Problem mit dem Verhalten der Figuren hatte.
Ich habe leider damals keine Rezension geschrieben, aber ich war auch etwas zwiegespalten gegenüber dem Buch. Jedenfalls habe ich für mich festgehalten, dass es für mich kein Jugendbuch war. Nichtsdestotrotz habe ich es mit vier Sternen bewertet und fand es sehr eindrucksvoll.
Ich fand es auch sehr eindrucksvoll, aber das Buch hat mich wirklich sehr aufgewühlt beim Lesen und das nicht unbedingt auf eine positive Weise.
Ich bin mir auch selbst nicht sicher, ob ich es als Jugendbuch sehe oder nicht.