erschienen bei Orion Books
In der kleinen Küstenstadt Sealey Head läutet jeden Tag eine Glocke, die niemand sehen kann. Während die meisten Bewohner schon länger nicht mehr über dieses Mysterium nachdenken, sucht ein junger Reisender alleine dafür die Stadt auf. Aber die Glocke ist nicht das einzige Rätsel von Sealey Head: In dem Herrenhaus Aislinn House öffnen sich manchmal Türen zu einer fremden Burg.
„The Bell at Sealey Head“ beginnt wie so viele Romane von Patricia McKillip mit Rätseln und Geheimnissen, um die herum sich ihre Figuren gruppieren:
Die Händlerstochter Gwyneth schreibt Geschichten über die unsichtbare Glocke, ist aber mit keiner der Erklärungen, die sie sich ausdenkt, zufrieden. Der Reisende und Gelehrte Ridley Dow wird alleine von diesen Rätseln nach Sealey Head gelockt und versucht, diese zu ergründen. Dabei hilft ihm Judd, der Sohn seines Herbergswirten, der immer schon fasziniert war von der Glocke und eher Bücher im Kopf hat als die praktischen Belange der Herberge.
Das zweite Rätsel, das aber ebenfalls mit der Glocke verknüpft zu sein scheint, sind die Türen von Aislinn House. Während die alte Hausherrin im Sterben liegt, öffnen sich für das Dienstmädchen Emma Türen zu einer Burg, die mit ihren seltsamen Ritualen ein Rätsel für sich ist. Emma trifft hier eine Prinzessin, die gegen alle Widerstände als einzige die Rituale zu hinterfragen beginnt.
Als Miranda Beryl, die Erbin von Aislinn House, nach Sealey Head kommt, beginnen sich die Geheimnisse allmählich aufzudecken – was für die Beteiligten alles andere als ungefährlich ist.
Für mich war das eines der bislang besten Bücher von Patricia McKillip. Obwohl es so voller Rätsel steckt, ist es doch weniger verworren als manche andere ihrer Romane, und die einzelnen Fäden werden logisch zusammengeführt. Dabei ergeben sich überraschende Zusammenhänge und Wendungen, die alle auf einen gemeinsamen Höhepunkt hinsteuern.
Dank der sympathischen Figuren fällt es nicht schwer, sofort in die Geschichte einzutauchen. Judd, Gwyneth und Emma sind interessante, liebenswerte und teils etwas schrullige Figuren mit einem hohen Identifikationspotenzial. Sie stellen das bodenständige Gegengewicht zu Ridley, Miranda und der Prinzessin Ysabo dar, die selbst von Geheimnissen umgeben sind und schließlich auch im Zentrum der Auflösungen stehen.
Das Ende an sich ist vielleicht ein klein wenig überhastet, aber das ist auch schon der einzige Kritikpunkt, den ich habe.
„The Bell at Sealey Head“ ist ein ungewöhnlicher Fantasyroman voll leiser Magie und rätselhaften Ereignissen – und ein Beweis dafür, dass es nicht immer dicke Wälzer oder endlose Serien in diesem Genre braucht: Auf knapp 300 Seiten entfaltet Patricia McKillip eine Geschichte von überraschender Komplexität mit wunderbaren, dreidimensionalen Figuren. Von meiner Seite also eine wärmste Leseempfehlung!
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