Streifzüge

Auf der Via Sacra unterwegs nach Mariazell

Von 4. bis 8. Juli bin ich auf der Via Sacra in 5 Etappen von Hinterbrühl nach Mariazell gepilgert. In diesem Beitrag werde ich davon berichten, wie es mir dabei ergangen ist – von den Unterkünften über die körperliche Fitness bis hin zu der Erfahrung als allein Wandernde. Mit dabei auch Tipps für alle, die ebenfalls planen die Via Sacra zu gehen. Die Beschreibung der einzelnen Etappen mit Fotos kommt dann in den nächsten Tagen.

Vorweg gleich ein Gesamtfazit: Es war eine tolle Erfahrung, ich hatte wirklich fünf wundervolle Tage und würde am liebsten gleich zu meiner nächsten Wanderung aufbrechen.

Da der Beitrag sehr lang ist, habe ich hier die einzelnen Punkte verlinkt, damit ihr direkt das auswählen könnt, was euch besonders interessiert:

  1. Warum die Via Sacra?
  2. Etappenplanung
  3. Unterkünfte
  4. Gepäck und Rucksack
  5. Verpflegung (vegetarische Optionen?) und Wasser
  6. Etappenlänge und körperliche Fitness
  7. Wetter
  8. Wegmarkierungen/Beschilderung
  9. Alleine auf der Via Sacra?
  10. Religiöser Aspekt

1. Warum die Via Sacra?

Die Via Sacra ist die Wallfahrtsroute von Wien nach Mariazell und gilt als ältester Pilgerweg Österreichs; seit dem Mittelalter sind Pilger auf dieser Strecke unterwegs. Die heutige Strecke führt vom Urlauberkreuz in Hinterbrühl bis Mariazell und ist etwa 125 km lang. Parallel dazu gibt es noch den seit 1975 bestehenden Wiener Wallfahrerweg, der landschaftlich reizvoller, aber dafür auch anspruchsvoller ist.

Ich hatte schon lange den Wunsch, einmal eine längere Wanderung zu machen. Dieses Jahr hatte ich eigentlich ganz andere Pläne, bei denen mir aber Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Und da dachte ich mir: Wann, wenn nicht jetzt, ist der richtige Zeitpunkt, um für ein paar Tage alleine durch Österreich zu wandern?

Zuerst hatte ich andere Wanderwege vor Augen, etwa den Thayatalweg, aber dann ist mir zuerst der Wiener Wallfahrerweg, dann die Via Sacra untergekommen und irgendwie wusste ich gleich, dass es das richtige ist. Ich musste von Wien aus kaum eine Anreise einplanen, unterwegs gibt es eine gute Infrastruktur, man hat ein sehr klares Ziel vor Augen, es ist eine schöne Mischung aus Natur und Kultur, notfalls kann man Teile der Strecke mit Bus oder Zug abkürzen und der Weg ist trotz einiger Höhenmeter nicht zu anspruchvoll. Noch dazu kann man durch die verschiedenen Varianten auch schwierigere oder leichtere Wegabschnitte auswählen und Start- sowie Zielpunkt sind öffentlich gut erreichbar.

2. Etappenplanung

Wenn man sportlich ist, kann man die Strecke in 4 Tagen gehen oder man unterteilt sie in gemütlichere 6 Tage. Ich habe mich für die goldene Mitte mit 5 Tagen entschieden, habe aber einen kleinen Teil mit Bus bzw. Auto abgekürzt und bin somit „nur“ 110 km gegangen, zwischen 18 und 24 km pro Tag.

Hier auf der Überblickskarte aus dem Infofolder seht ihr die Wegvarianten der Via Sacra (lila) und des Wiener Wallfahrerwegs (pink):

Die Via Sacra und der Wiener Wallfahrerweg verlaufen zwar ein Stück parallel, großteils aber doch voneinander getrennt. Man muss sich also auf jeden Fall im Vorfeld für einen der beiden Wege entscheiden, kann dann aber bei entsprechender Etappenplanung die einzelnen Varianten der Via Sacra je nach Tagesverfassung und Wetterlage spontan auswählen.

Mein Streckenverlauf war: Auf der Hauptroute von Hinterbrühl bis Hafnerberg, dann die längere „Bergvariante“ über Klein-Mariazell bis Kaumberg, weiter nach St. Veit an der Gölsen, wo es bis Lilienfeld erneut eine Tal- und eine Bergvariante gibt. Diese Strecke habe ich mit dem Bus abgekürzt. Von Lilienfeld ging es nach Türnitz und hier hat man drei Möglichkeiten: 1. auf der Hauptroute der Via Sacra über Annaberg nach Mariazell, 2. über die Falkenschlucht nach Annaberg, 3. über die Falkenschlucht hinunter auf den Wiener Wallfahrerweg. Ich habe die dritte Variante gewählt, die nur möglich ist, wenn man die letzte Übernachtung in Türnitz hat. Will man hingegen eine der beiden anderen Varianten gehen, kann man auch in Annaberg noch einmal eine Übernachtung einplanen, da es sonst eine sehr lange letzte Etappe ist.

3. Unterkünfte

im Gasthof am Holzschlag

Es wäre eine schöne Vorstellung, am Tag immer einfach so weit zu gehen, bis man müde wird und dann an einer Unterkunft halt zu machen, aber das ist für die Via Sacra nicht zu empfehlen. Man wird zwar ab und zu auch spontan ein freies Zimmer bekommen, aber wenn nicht, kann das bedeuten, dass die nächste Übernachtungsmöglichkeit mehrere Kilometer entfernt ist. Wenn man sich nicht goßartig mit der Unterkunftssuche beschäftigen möchte, kann man diese als Gesamtpaket über Mostviertel Tourismus buchen. Da ich meine Etappen aber etwas anders geplant habe, habe ich die Unterkünfte individuell gebucht und in folgenden übernachtet:

  • Gasthof am Holzschlag: Ein uriger Gasthof, der unmittelbar an der Via Sacra gefühlt im Nirgendwo liegt. Gemütliches, großes Zimmer mit Balkon, sehr ruhige Lage, gutes Abendessen, mäßige Auswahl beim Frühstück, günstiger Preis – kann ich sehr empfehlen.
  • Brandtner Komfortzimmer: Liegt am Rand von Kaumberg ein paar hundert Meter von der Via Sacra entfernt. Wunderschönes, gemütliches Zimmer, Zugang zu einer Dachterrasse, tolles Frühstücksbuffet, sehr nette Gastgeber, eher im oberen Preissegment, aber sehr zu empfehlen.
  • Fremdenzimmer Jarzabek: In Lilienfeld unmittelbar bei Bahnhof und Stift. Eigentlich wollte ich in Lilienfeld unbedingt im Stift übernachten, wo aber leider aufgrund einer Sommerakademie nichts frei war. Diese Unterkunft war also eher eine Notlösung und vielleicht war das mit ein Grund, weshalb ich mich hier nicht so wohlgefühlt habe. Kleines Zimmer (und im Bad ein winziges Waschbecken, was das Waschen meiner Wanderkleidung etwas schwierig gemacht hat), relativ hellhörig, kein Frühstück – würde ich persönlich eher nicht empfehlen.
  • Haus Karner: Liegt etwas außerhalb von Türnitz. Gemütliches Zimmer, sehr gutes Frühstück, bei Vorreservierung auch Abendessen, günstige Preise, sehr nette Gastgeber – perfekte Unterkunft und unbedingt zu empfehlen!
  • Mariazellerhof: Nach der Ankunft bin ich noch eine Nacht in Mariazell geblieben und habe im Hotel von Pirker, der Lebkuchen-Manufaktur, übernachtet. Ein Lebkuchen-Shop ist auch gleich im Erdgeschoss. Schönes Zimmer mit Balkon, gute Frühstücksauswahl, eher unpersönlich und relativ teuer. Aufgrund der zentralen Lage gleich bei der Basilika durchaus empfehlenswert, aber in Mariazell gibt es so viele Unterkunftsmöglichkeiten, dass man vermutlich ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis finden könnte.

4. Gepäck und Rucksack

Mit der individuellen Buchung habe ich mich zugleich gegen einen Gepäcktransport entschieden und musste daher meinen Rucksack sehr überlegt packen (meine Packliste findet ihr hier). Und ich muss sagen, dass ich es zu keinem Zeitpunkt bereut habe, mein Gepäck selbst zu tragen. Irgendwie hatte es einen eigenen Reiz, das ganze Gepäck auf dem Rücken dabeizuhaben (es fühlte sich mehr nach „echtem“ Pilgern an). Mein Rucksack hatte um die 7 Kilo und ich habe das zusätzliche Gewicht auf Dauer schon in den Füßen und beim Bergaufgehen gespürt. Ich hatte aber keinerlei Beschwerden am Rücken oder den Schultern und das lag sicher auch am guten Rucksack.

Ich war mit einem Osprey Sirrus 26 (mit 26 Liter Fassungsvermögen) unterwegs, den ich kurz vorher gebraucht und somit sehr viel günstiger erstanden habe. Die Größe war ideal; ich hätte auch noch ein bisschen mehr darin untergebracht. Als sehr praktisch habe ich die Hüfttaschen empfunden, auf die ich jederzeit gut Zugriff hatte, und die geräumigen Netztaschen an der Seite, in denen ich nicht nur meine Wasserflaschen, sondern auch den Wanderführer untergebracht habe. Das Tragesystem dieses Rucksacks ist gut durchdacht: Der Hüftgurt ist extrem weich und angenehm und nimmt das Gewicht von den Schultern; das Rückennetz sorgt für eine gute Belüftung. Im Bodenfach ist ein Regenschutz mit dabei. Einziges Manko: Der Rucksack knarrt ein wenig, wobei ich annehme, dass das ein Problem meines Exemplars und nicht des Modells im allgemeinen ist.

Der Rucksack ist etwas schwerer und wuchtiger als einige andere mit diesem Fassungsvermögen, verteilt dafür aber auch ein größeres Gewicht sehr gut. Er ist daher perfekt geeignet für Mehrtagestouren ohne Zelt und vielleicht auch für längere Tagestouren, bei denen man etwas mehr mitnehmen möchte.

5. Verpflegung (vegetarische Optionen?) und Wasser

Da man an der Via Sacra nie länger als etwa 10-12 km von Einkehrmöglichkeiten entfernt ist und an Wochentagen auch in Supermärkten einkaufen kann, braucht man nicht allzu viel Verpflegung mitnehmen. Ich persönlich esse tagsüber lieber meine eigenen Snacks und gehe erst abends essen, habe mir aber doch auch das eine oder andere Mal ein kaltes Getränk und/oder eine Mehlspeise zwischendurch gegönnt (ich war beim Wandern sehr zuckerbedürftig). Am Abend hat man oft Gelegenheit direkt in der Unterkunft zu essen oder kann in einen Gasthof gehen. Ich empfehle allerdings dringend, dass man sich schon vorab die Essensmöglichkeiten unterwegs anschaut und dann die Öffnungszeiten notiert. Dadurch, dass die Gasthäuser unterschiedliche Ruhetage oder manchmal nicht so lange offen haben, kann das sonst zu unangenehmen Überraschungen führen.

Überhaupt keine Probleme hatte ich als Vegetarierin. Es gab überall zumindest eine, meist auch mehrere vegetarische Optionen und ich war abends nach einem langen Wandertag ohnehin nicht mehr wählerisch. Veganer könnten sich allerdings schwertun.

Was es leider unterwegs kaum gibt, sind Trinkwasserbrunnen. Ein Auffüllen der Wasserflasche ist daher eigentlich fast nur bei Gasthäusern möglich, daher sollte man ausreichend Wasser mitnehmen.

6. Etappenlänge und körperliche Fitness

Meine Tagesetappen waren immer zwischen 18 und 24 km lang, außerdem waren alles in allem gut 2600 Höhenmeter zu bewältigen (zwischen 200 und 800 pro Tag). Das war für mich auch ausreichend, viel länger hätten meine Etappen nicht sein dürfen.

Ich habe zwar vor Beginn ein paar längere Wanderungen unternommen, mich sonst aber in diesem Jahr nicht allzu regelmäßig sportlich betätigt. Meine größte Befürchtung war daher, dass ich die Anstiege von der Kondition her nicht packen würde. Tatsächlich war das aber das geringste Problem, denn bergauf kann man ja langsam gehen und öfter mal pausieren. Bei meinen Etappenlängen war es schließlich völlig egal, ob ich mal eine Stunde mehr oder weniger brauchte: Wenn ich in der Früh zwischen 8 und 9 Uhr losging, schaffte ich es auch bei gemütlichem Tempo immer bis zum späten Nachmittag ans Ziel.

Überhaupt habe ich die Wanderung körperlich gut gepackt: Ich hatte keine Blasen, habe keinen Muskelkater bekommen (auch wenn abends die Beine meist ziemlich wehtaten) und hatte trotz Rucksack keine Rücken- oder Schulterbeschwerden. Aber eine Sache gab es doch, mit der ich ein wenig zu kämpfen hatte. Meine Schuhe sind zwar sehr bequem und haben mich ohne Blasen über die gesamte Strecke getragen, aber sie haben eine Schwachstelle, die mir erst nach über einem Jahr Tragen bei den ersten Wanderungen mit mehr als 20 km bewusst geworden ist: Die Einlegesohle ist sehr dünn, was bedeutet, dass bei langen Wanderungen meine Fußsohlen zu brennen beginnen und bei meinem rechten Fuß (Senkfuß) das Fußbett nicht ausreichend Unterstützung bietet. Ich habe dann aus meinen alten Wanderschuhen (die mir immer Blasen beschert haben) versuchsweise die Einlegesohlen verwendet. Diese waren zwar angenehmer, aber auch dicker und so war es für meine Zehen sehr eng. Also auch keine ideale Lösung. Letztendlich hatte ich beide Einlegesohlen mit und habe sie wechselweise verwendet, aber irgendwann haben immer entweder meine Zehen oder meine Fußsohle sowie mein rechter Knöchel zu schmerzen begonnen.

Ohne dieses Problem hätte ich wohl auch längere Etappen bewältigen können, aber so war ich abends oft schon sehr am Limit. Falls ich also noch einmal eine längere Wanderung unternehmen möchte, muss ich mich auf die Suche nach besseren Schuhen machen.

Abgesehen davon war aber alles super. Es hat mir auf jeden Fall geholfen, dass ich vorher einige längere Wanderungen unternommen habe, aber man muss nicht übermäßig sportlich sein oder monatelang trainieren, um die Via Sacra zu bewältigen, zumal die Wege an sich nicht schwierig sind. Am Tag nach meiner Ankunft in Mariazell bin ich sogar auf der Bürgeralpe nochmal kurz wandern gewesen, weil ich noch so motiviert war.

7. Wetter

Ich hatte sehr viel Glück mit dem Wetter. Fast jeden Tag war es sonnig, es gab keine Unwetter und geregnet hat es nur einmal am Abend. Sonne im Juli bedeutet aber natürlich auch Hitze. Ich habe es insofern gut getroffen, weil es zumindest keine 35 Grad hatte, aber zwischen 26 und 30 Grad waren es doch meistens. Manchmal verläuft der Weg im kühlen Wald, aber es gibt auch viele Abschnitte über Wiesen, über Hügelketten oder auf Straßen, bei denen man der Sonne schutzlos ausgeliefert ist. Und wenn es dann in der Sonne auch noch bergauf geht, wird die Sache so richtig anstrengend. Ein luftiger Sonnenhut ist da Gold wert – ich habe meinen gefühlt zu zwei Drittel des Tages aufgehabt, auch wenn ich darunter ein wenig geschwitzt habe.

Ich denke daher, dass die Via Sacra im Frühling oder Herbst angenehmer zu gehen ist, auch wenn dann das Wetter natürlich deutlich wechselhafter sein kann (dafür besteht weniger Unwettergefahr).

8. Wegmarkierungen/Beschilderung

Großteils ist die Via Sacra gut ausgeschildert. Meistens gibt es schlichte gelbe Hinweisschilder mit „Via Sacra“, manchmal gibt es auch genauere Entfernungsangaben, manchmal nur rot-weiß-rote Markierungen an Bäumen, Steinen oder Gebäuden. Als zusätzliche Unterstützung hatte ich noch einen Wanderführer von Hikeline dabei, den ich als sehr hilfreich empfunden habe.

Es gab allerdings doch ein paar schwierige Wegabschnitte. Am kniffligsten war sicher der Weg von Klein-Mariazell nach Kaumberg. Hier ging es durch kaum erkennbare Waldwege, quer über Wiesen, durch Dickicht und das alles mal mehr, mal weniger klar markiert. Der Wanderführer war hier auch nur bedingt hilfreich. Zwei andere Pilger, die ich unterwegs ein paarmal getroffen habe, haben sich hier ziemlich verlaufen. Auch sonst gab es noch die eine oder andere kleine Strecke, bei der es schwierig war den richtigen Weg zu finden.

Erstaunlicherweise habe ich mich trotzdem kein einziges Mal verlaufen, aber ich habe mich sehr auf den Weg konzentriert und immer, wenn ich auch nur eine kleine Unsicherheit verspürt habe, nochmal genau im Wanderführer nachgeschaut.

Daher: Ja, die Via Sacra ist im Großen und Ganzen gut markiert und ausgeschildert, aber man muss dennoch sehr aufmerksam auf den Weg achten und ein paar Wegabschnitte sind schwierig. Die Verwendung des verlinkten Wanderführers oder der App „Pilgern in NÖ“ würde ich sehr empfehlen, wobei die App nur die Hauptwege der Via Sacra abdeckt und daher bei Klein-Mariazell und durch die Falkenschlucht keine Hilfe ist.

9. Alleine auf der Via Sacra?

Wie ist das nun, wenn man alleine auf der Via Sacra unterwegs ist? Mir persönlich ist es damit sehr gut gegangen. Ich bin aber gerne allein unterwegs und es macht mir auch überhaupt nichts aus, wenn ich stundenlang alleine durch den Wald wandere. Was ich nicht so gern mag, ist alleine in einem Gasthaus zu essen, aber diese Scheu habe ich tatsächlich ein wenig überwunden. Angst hatte ich nie; ein wenig mulmig war mir nur in der Falkenschlucht, da diese etwas mehr Trittsicherheit erfordert und ich dort auf einem sehr langen Wegabschnitt (etwa 10 km lang) noch nicht mal ein Fitzelchen Handy-Empfang hatte. Ich hatte gewusst, worauf ich mich einließ und mich entsprechend darauf eingestellt, war aber dennoch etwas angespannt. Mehr dazu, wie es war alleine durch die Falkenschlucht zu wandern, kommt bei der entsprechenden Etappenbeschreibung.

Es scheint aber tatsächlich ungewöhnlich zu sein, dass man die Via Sacra alleine geht. Ich bin ständig darauf angesprochen worden – auch in den Unterkünften, in denen häufig Pilger übernachten. Vielleicht ist es auch unüblicher, wenn man das als junge Frau alleine macht (und ich werde erfahrungsgemäß immer etwa 10 Jahre jünger geschätzt als ich tatsächlich bin), aber ich bin wirklich auf sehr viel Ver- und auch Bewunderung gestoßen.

Was wiederum mich verwundert hat, war die Tatsache, dass ich unterwegs kaum jemals Wanderer getroffen habe. Ich habe insgesamt vier andere Pilger kennengelernt – ein Pärchen mit Hunden und ein Mutter-Tochter-Gespann -, die ich unterwegs mehrmals getroffen habe (mit dem Mutter-Tochter-Gespann war ich sogar einen Tag lang gemeinsam unterwegs), aber das war es auch schon. Weder unterwegs noch in den Unterkünften bin ich auf andere Pilger gestoßen. Auch andere Wanderer sind mir nur sehr selten begegnet. Herr Karner von der Unterkunft in Türnitz meinte, dass die größeren Pilgergruppen typischerweise von Donnerstag bis Sonntag gehen und dieses Jahr coronabedingt auch viele ausgefallen sind. Aber ich hätte doch erwartet, dass ich mehr Individualpilgerer treffen würde.

Daher: Wenn man diese Wanderung alleine macht, dann muss man sich darauf einstellen, dass man auch wirklich die ganze Strecke lang alleine unterwegs ist – was ja zum Beispiel auf dem Jakobsweg eher nicht der Fall ist.

10. Religiöser/mentaler Aspekt

Ich glaube, heutzutage pilgern die wenigstens tatsächlich aus religiösen Gründen. Für mich selbst war es auf jeden Fall nicht der religiöse Aspekt, der mich auf die Via Sacra geführt hat. Aber dennoch haben Pilgerwege eine andere Atmosphäre als „normale“ Wanderwege und ich denke nicht, dass man gläubig sein muss um diese zu spüren. Man hat nicht nur die Basilika von Mariazell als sehr konkretes Ziel, sondern es gibt auf der Via Sacra unterwegs Kreuzstationen, Wallfahrerkirchen und Stifte – und all diese Orte verdeutlichen, dass man auf einem historischen Weg unterwegs ist. Das habe ich durchaus schön und kulturell interessant gefunden.

Aber auch, wenn man den Glauben ganz außer Acht lässt, stellt sich die Frage, was so eine Wanderung alleine innerlich mit einem macht. Ich habe mir schon eine Art von innerer Einkehr/innerem Frieden gewünscht – und habe das vielleicht anders gefunden als erwartet. Denn ein innerer Frieden in dem Sinne, dass man die Gedanken ziehen lässt und ganz entspannt ist, hat sich bei mir nicht eingestellt. Dafür war ich doch zu sehr auf den Weg und auf das, was mich die nächsten Tage erwarten würde, konzentriert. Schließlich war das für mich alles neu und ungewohnt. Dennoch habe ich es als sehr befreiend gefunden, dass ich so ganz auf den Weg und meine Wanderung konzentriert war. Gedanken an die Arbeit oder an die Alltagssorgen zuhause hatten nicht wirklich Platz. Und ja, es war auch auf eine eigene Art entspannend, jeden Tag einfach nur zu wandern, mit dem einzigen Ziel, die jeweilige Unterkunft zu erreichen. Nicht hundert Dinge im Kopf, die man erledigen möchte, kein Herumüberlegen, was genau man besichtigen/wie man den Tag gestalten möchte, kaum Entscheidungen, die zu treffen sind.

Darüber hinaus gibt es einem auch Selbstvertrauen, wenn man so eine Strecke bewältigt – noch mehr vielleicht, wenn man das alleine macht. Ich fühle mich oft sehr unsportlich, unsicher und unzulänglich und bin selten stolz auf mich selbst. Aber dass nicht nur Freunde und Verwandte regen Anteil an meiner Wanderung genommen haben, sondern mich auch Fremde darauf angesprochen und ihre Bewunderung darüber ausgedrückt haben, dass ich diesen Weg alleine gehe, war schon ein gutes Gefühl. Und ja: Ich bin stolz darauf, dass ich das geschafft habe!

11 thoughts on “Auf der Via Sacra unterwegs nach Mariazell

  1. Wuhuuuu, du hast es geschafft! Wie cool! Ich muss mir die Tage nochmal Zeit nehmen, um deinen Beitrag auch wirklich ganz in Ruhe zu lesen. Aber hier schon mal: Herzlichen Glückwunsch! Es freut mich total, dass die Wanderung die positive Erfahrung war, die du dir gewünscht hast. Und: Meinen Respekt hast du! 🙂

  2. Wow, du hast es geschafft und es lief sogar gut! Großartig! 🙂 Es ist spannend zu lesen wie du diese fünf Tage empfunden hast und dass du am Ziel sogar noch Lust auf eine Extrarunde am nächsten Tag hattest! Ich freu mich sehr für dich, dass es – abgesehen vielleicht von den Schuhen – so gut lief und du auf Anhieb so viel Erfolg mit deiner Planung hattest. Schade, dass es auf der Strecke so wenig Möglichkeiten gibt, sich mit Wasser zu versorgen, und die Vorstellung eine längere (und anspruchsvollere) Strecke allein und ohne Empfang zu wandern, finde ich auch überraschend gruselig. Aber es ist bei dir ja alles gut gelaufen und das ist toll! 🙂
    Du kannst definitiv zu recht stolz auf das sein, was du da geschafft hast!

    1. Danke fürs Lesen meines Monsterbeitrags! 😉
      Das mit dem Wasser habe ich zusammen mit der schlechten Beschilderung auf kurzen Abschnitten als schade und auch etwas ärgerlich empfunden. Immerhin handelt es sich nicht nur um eine traditionsreiche Pilgerroute, sondern Wanderer dürften in vielen Ortschaften auch die einzigen „touristischen“ Einkünfte bringen.
      Der fehlende Empfang in der Falkenschlucht bzw. allgemein an diesem Tag war tatsächlich etwas unangenehm und wenn ich nicht zumindest schon teilweise im Vorfeld gewusst hätte, worauf ich mich da einlasse, wäre ich ziemlich nervös geworden. Der Wanderführer hat mich auf jeden Fall nicht darauf vorbereitet, sondern lediglich ein Nebensatz in einem Erfahrungsbericht.

      1. Auch wenn ich oft etwas spät (oder manchmal auch gar nicht) kommentiere, so lese ich doch eigentlich all deine Beiträge. 🙂

        Uff, wirklich blöd, dass der Wanderführer das nicht extra erwähnt. Man geht ja heute eigentlich schon davon aus, dass man mit dem Handy in Notfällen Hilfe herbeirufen kann und sollte schon vorher wissen, wenn das nicht der Fall sein kann.

        Und ja, eine etwas bessere Versorgung der Wanderer wäre vermutlich nicht schlecht und würde vermutlich dafür sorgen, dass mehr Leute Lust hätten die Strecke noch einmal zu wandern oder sie weiterzuempfehlen.

        1. Ich würde die Strecke nichtsdestotrotz weiterempfehlen, aber ja, da ist noch Raum nach oben. Vielleicht ist das Problem, dass sonst eher geführte Pilgergruppen unterwegs sind und diese haben meistens ein Versorgungs-/Begleitfahrzeug dabei sowie jemanden, der die Strecke kennt.

  3. Sooo, nun habe ich nochmal alles gelesen und insbesondere dein letzter Absatz ist echt berührend! Schön, dass dir diese Wanderung Selbstvertrauen gegeben hat und du so deutlich formulieren kannst, dass du selbst stolz auf dich bist!

    Ich finde es wirklich beeindruckend und mutig von dir, dich dieser Wanderung alleine gestellt zu haben. Und danke, dass du uns so detailliert daran hast teilhaben lassen. (Ist das ein grammatisch richtiger Satz?)

    1. Ich freue mich, dass du diesen doch sehr langen Beitrag tatsächlich ganz gelesen hast. Und auch, dass dich mein letzter Absatz berührt hat. Inzwischen, da etwas mehr Zeit vergangen ist und ich wieder im Arbeitsalltag bin, stelle ich fest, dass diese Wanderung noch so einiges mehr in mir in Bewegung gesetzt hat.
      Ich war mir ja nicht sicher, ob sich überhaupt jemand das alles durchlesen wird. Aber so richtig daran teilhaben kann man dann wohl noch besser in meinen Etappenbeschreibungen. Ich hoffe zumindest, dass diese euch ebenfalls interessieren werden!

  4. Mir geht es wie Konstanze, ich lese eigentlich alle Deine Beiträge (Länge egal ;-)), kommentiere nur leider selten. *Asche und so*
    Mir hat dieser Beitrag sehr gut gefallen. Mit dem Wetter ging es sicher gut, vor allem in wäldlicheren Abschnitten, aber eine Schlucht und kein Handyempfang? Da wäre ich auch „konzentriert“ gewesen. Das, was Du über den Rucksack schreibst, klingt ziemlich gut und durchgehalten hat er ja offenbar auch. Dass man als Frau immer angesprochen wird, wenn man allein unterwegs ist, wird wohl noch eine Weile so bleiben. Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass es auch daran lag, dass so eine Wanderung immer auch ein bisschen gefährlich sein kann. Ist schon nett, wenn dann einer dabei ist.
    Ich glaube, wenn Du den Weg ein zweites Mal gehst, dann gehst Du sicher etwas anders. Aber laufen an sich macht was mit einem und ich finde es sehr schön, dass Du ein bisschen loslassen konntest. 🙂

    1. Ich kenne das ja auch, dass ich Beiträge lese und dann nicht kommentiere. Macht ja auch nichts, es fällt einem nicht überall etwas ein. Nur dieses Mal war der Beitrag so lang (und so abseits vom Thema Lesen), dass ich wirklich befürchtet habe, dass das kein Mensch liest. Umso mehr freue ich mich, dass ich mich getäuscht habe. 🙂
      Ich glaube, dass das mit dem Alleinwandern tatsächlich auf manchen Strecken üblicher ist als auf anderen. Und irgendwie war es auch nett, wie schnell sich alleine durch die Frage, ob ich alleine auf der Via Sacra unterwegs bin, ein Gespräch ergeben hat.
      Falls ich dieses Mal noch mal wandern gehe, dann sicher eine andere Strecke. Aber ganz allgemein würde es mich reizen, den Weg irgendwann ein zweites Mal zu gehen (ev. auch andere Streckenvarianten), weil dann eben nicht mehr alles unbekannt ist und man sich vielleicht anders entspannen kann.

    2. Ach so, und zum Rucksack: Durchgehalten hat er auf jeden Fall, er schaut noch fast aus wie neu. Die Osprey-Rucksäcke dürften aber tatsächlich recht robust sein und auch mehrere Weitwanderungen gut überstehen. Will ich allerdings bei den Preisen auch hoffen. 😉
      Ich war aber wirklich sehr zufrieden damit und würde ihn bei der nächsten längeren Wanderung auch ohne zu zögern wieder verwenden.

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