erschienen beim Otto Müller Verlag
Lucys Bruder Simon ist verschwunden. Als sie über ihre letzten Gespräche nachdenkt und auch darüber, was für ein Mensch ihr Bruder überhaupt ist, führen die Gedanken sie auch zurück an einen Wintertag im Haus ihrer Großeltern in Hamburg. Damals geschah etwas, woran sie sich nicht erinnern kann und worüber in ihrer Familie nie gesprochen wurde.
Das Thema Erinnern durchzieht diesen Roman gleich in mehreren Familiengenerationen. So denken auch Lucys Eltern und Großeltern zurück an frühere Ereignisse und landen dabei wie Lucy immer wieder an jenem Wintertag vor 20 Jahren. Aber ihre Gedanken führen sie auch zurück in die Zeit vor und während des 2. Weltkriegs, in die Anfangszeiten ihrer Ehe, zu Meilensteinen ihres Lebens. Untrennbar damit verbunden ist auch das Thema des Vergessens, besonders in den Kapiteln, in denen es um Lucys Großmutter Helene geht, die an Demenz leidet.
„Flugschnee“ ist ein sehr verschachtelter Roman, der mir den Zugang nicht ganz leicht machte. Besonders am Anfang fiel es mir schwer, den Überblick über die Zeitsprünge sowie die verschiedenen Perspektiven und Handlungsstränge zu behalten. Gleichzeitig hat mich die Erzählweise auch fasziniert und mit der Zeit fügten sich einzelne Puzzle-Teile allmählich zusammen. Das Dranbleiben an dem Roman hat sich auch insofern gelohnt, da ich ihn etwa ab der Hälfte sehr fesselnd fand und kaum mehr aus der Hand legen konnte. Sprachlich ist er sehr schön zu lesen, mit seinen leisen Zwischentönen und den Metaphern rund um den Schnee. Dieser zieht sich als Leitmotiv wie ein roter Faden durch die Geschichte und steht unter anderem
Am Ende greifen die einzelnen Zeitebenen ineinander und gipfeln in der Auflösung dessen, was an jenem Wintertag vor zwanzig Jahren passierte. Diese Auflösung fand ich einerseits gelungen und stimmig, andererseits hatte ich aber auch das Gefühl, dass einige der angedeuteten Geheimnisse zu sehr in der Luft hängen bleiben. Ich hatte zwar nicht das Gefühl, die Autorin hätte diese vergessen, aber ich hätte einfach erwartet, dass diese im Zusammenhang der Geschichte noch eine größere Rolle spielen würden.
Dennoch ein sehr faszinierender Roman, der mich nach einem etwas schwierigen Einstieg wirklich fesseln konnte.
Das hört sich auf jeden Fall nach einem wirklich besonderen Buch an. Erst habe ich gedacht, dass es auch ein Buch für mich sein könnte, aber so halblose Fäden oder nicht aufgenommene Andeutungen mag ich nicht so. Schön, dass du aber insgesamt trotzdem ein positives Fazit für dich gefunden hast.
Ja, mich hat das leider auch ein wenig gestört. Wie beschrieben, kam es mir zwar nicht vor, als hätte die Autorin auf diese Fäden vergessen, aber in den Rückblicken und Erinnerungen kommen einfach einige Themen und Ereignisse mit ins Spiel, bei denen ich erwartet hätte, dass diese später noch einmal aufgegriffen werden.