Hörbuch erschienen bei Audible; Printausgabe bei Loewe
ungekürzt; gelesen von Lena Münchow
Edda und ihr kleiner Bruder Tobin sind Findelkinder und Außenseiter in Colm, dem kleinen Dorf am Silbermeer. Als Tobin in den Kaltwochen auf einmal verschwindet, wie auch in den Jahren zuvor schon zahlreiche Kinder vor ihm, kann Edda sich nicht mit dem Verlust abfinden. Und so macht sie sich mit einem Fremden auf ins gefährliche Silbermeer, um draußen im fernen Inselreich nach ihrem Bruder zu suchen.
Es ist eine karge und und harte, aber sehr stimmungsvolle Welt, die Katharina Hartwell in diesem Reihenauftakt entwirft. Das kleine Dorf Colm lebt alleine von dem Colmin, das aus den Schuppen der Fische aus dem Silbermeer hergestellt wird. Alle Dorfbewohner widmen sich in irgendeiner Weise der Colminerzeugung – für Selbstverwirklichung und Träume ist ebenso wenig Platz wie für Außenseiter, wie Edda und Tobin es sind.
Die Autorin lässt sich viel Zeit, um das Dorf Colm zum Leben zu erwecken und das lohnt sich meiner Meinung nach. Ich halte „Der König der Krähen“ in punkto Weltenbau und Atmosphäre für eines der besten Fantasybücher, das ich in der letzten Zeit gelesen habe. Und das beschränkt sich nicht alleine auf Colm. Auch die Inseln im Silbermeer, die man zusammen mit Edda im Laufe des Romans kennenlernt, werden sehr anschaulich beschrieben und alles wirkt sehr stimmig: Es gibt viele Sagen und Legenden, die sich rund um das Meer ranken, geheimnisumwobene Karten, Meermänner und Piraten. Mit den manchmal engstirnigen Bewohnern von Colm, die nichts außer ihrem kleinen Dorf kennen, und dem Gegensatz zwischen Arm und Reich in den größeren Städten kommt auch eine gesellschaftskritische Kompomente mit ins Spiel.
Die Figuren passen in diese mitunter abweisend wirkende Welt. Edda ist eine sympathische, aber teilweise auch sehr schroffe Heldin, die hartnäckig ihren Weg geht. Die Menschen, denen sie begegnet oder die sie auch auf Abschnitten ihres Wegs begleiten, sind oft undurchschaubar und verfolgen ihre ganz eigenen Ziele. Ich fand die Figuren interessant, sie waren aber auch mit ein Grund, weshalb mich „Der König der Krähen“ trotz aller Begeisterung für die Welt nicht ganz überzeugt hat. Es fehlte mir ein bisschen an an Freundschaft, Vertrauen, Warmherzigkeit und an Figuren, mit denen ich wirklich mitfiebern konnte. Das hat Katharina Hartwell sicher bewusst so gestaltet, um Eddas Einsamkeit und Fremdheit herauszukehren, aber es führte leider auch dazu, dass ich keine rechte emotionale Bindung zu der Geschichte aufbauen konnte.
Dazu kam noch, dass das ruhige Tempo des Romans, das mir an sich gut gefiel, stellenweise zu Längen führte und der Spannungsbogen daher ab und zu ziemlich absackte.
Ich werde die Silbermeer-Saga auf jeden Fall weiterlesen, da ich nicht nur die Welt, sondern auch den Schreibstil sehr mochte und neugierig bin, wie es mit Edda weitergehen wird. Leider hat der Roman aber doch deutliche Schwächen, die mir ein wenig das Lesevergnügen geraubt haben.
Hm, deine Anmerkungen zum Weltenbau machen mich schon neugierig, aber ich glaube, dass das Buch (zumindest im Moment) eher nichts für mich ist. Ich brauche zur Zeit definitiv Elemente, die die Düsternis in Geschichten etwas ausgleichen, damit ich einen Roman lesen mag.
Kann ich verstehen. Ich hätte mir auch etwas mehr ausgleichende Elemente bzw. positivere Beziehungen zwischen den Figuren gewünscht.
Und auch hier kann ich mich Konstanzes Worten nur anschließen. Mist 😀
Ich sollte deine Beiträge schneller lesen und noch vor Konstanze kommentieren. *g*
Du weißt ja, dass ich die Bücher schon länger auf dem Schirm habe. Mal sehen, was ich mache, wenn sie mir mal in einer Buchhandlung (wann auch immer man da mal wieder sein kann) über den Weg laufen. 🙂
@Tine: Dabei mache ich es dir doch ganz einfach Erste zu sein und kommentiere eigentlich nur noch einmal pro Woche bei neuen Beiträgen. 😉
Im März erscheint der zweite Band – vielleicht helfen dir ja Meinungen und Rezensionen dazu bei der Entscheidung. Ich finde es allgemein immer recht schwierig, bei mehrbändigen Werken nach dem ersten Band eine Empfehlung (oder auch nicht) auszusprechen, solange ich nicht weiß, wie sich die Geschichte später weiter entwickelt.