Von 11. bis 15. Juli bin ich erneut nach Mariazell gepilgert, dieses Mal auf dem Wiener Wallfahrerweg. Weshalb ich mich dazu entschieden habe, noch einmal dieses Ziel anzusteuern und wie es mir dabei ergangen ist (speziell auch im Vergleich zur Via Sacra letztes Jahr) werde ich euch hier erzählen. Beschreibungen der einzelnen Etappen mit Fotos kommen dann nach und nach.
Da der Beitrag sehr lang ist, habe ich wieder die einzelnen Punkte verlinkt:
- Warum noch einmal Mariazell?
- Etappen
- Unterkünfte
- Gepäck und Wanderschuhe
- Verpflegung (vegetarische Optionen) und Wasser
- Wetter
- Wegmarkierungen/Beschilderung
- Alleine auf dem Wiener Wallfahrerweg?
- Wiener Wallfahrerweg vs. Via Sacra
1. Warum noch einmal Mariazell?
Es gibt einige mehrtägige Wanderwege in Österreich, die mich sehr reizen würden, darunter vor allem der Lechweg. Als ich beschlossen habe meine Urlaubswoche im Juli erneut in Wanderschuhen zu verbringen, stand dieser ganz oben auf meiner Liste. Da für den Lechweg aber 7-8 Tagesetappen empfohlen werden und ich aufgrund der Entfernung jeweils einen Tag An- und Abreise mit einplanen musste, war mir dafür eine Woche ein wenig zu knapp. Außerdem befand ich mich zum Zeitpunkt des Urlaubs gerade zwischen den zwei Impfterminen und wollte nicht unbedingt soviel Zeit in einem vielleicht sehr vollen Zug verbringen.
Ich habe dann über einige andere Wanderwege nachgedacht, aber irgendwie war der Wiener Wallfahrerweg immer in meinem Hinterkopf. Seit ich mich letztes Jahr für die Via Sacra, die eher „kulturelle“ Pilgerroute von Wien nach Mariazell entschieden habe, war ich neugierig auf den angeblich landschaftlich schöneren, aber sportlich auch anspruchsvolleren Wiener Wallfahrerweg. Weitere Argumente für diesen Weg waren die kurze Anreise, die vergleichsweise günstigen Übernachtungspreise im Mostviertel und das Gefühl, mich in dieser Gegend schon etwas auszukennen. Also fiel etwa eine Woche vor dem Aufbruch die Entscheidung für den Wiener Wallfahrerweg.
2. Etappen
Wie schon im letzten Jahr war ich 5 Tage lang unterwegs, wobei ich dieses Jahr der Einfachheit halber ganz die Etappenaufteilung meines Wanderführers übernommen habe.
Hier auf der Überblickskarte aus dem Infofolder seht ihr die Wegvarianten der Via Sacra (lila) und des Wiener Wallfahrerwegs (pink):
Meine Etappen sahen folgendermaßen aus:
- Rodaun – Sittendorf – Heiligenkreuz: 17 km, 524 hm
- Heiligenkreuz – Weißenbach an der Triesting – Schromenau: 21,5 km, 788 hm
- Schromenau – Kieneck – Unterberg – Rohr im Gebirge: 26,5 km, 1328 hm
- Rohr im Gebirge – Kalte Kuchl – St. Aegyd: 20,7 km, 472 hm
- St. Aegyd – Gscheid – Hubertussee – Mariazell: 27,3 km, 846 hm
Meine Etappen waren also zwischen 18 und 27 km lang und meist waren um die 500 bis 800 Höhenmeter zu überwinden, außer am 3. Tag, an dem gut 1300 Höhenmeter auf dem Programm standen. Das war übrigens eine ziemlich höllische Etappe (natürlich musste es genau an diesem Tag 35 Grad haben), bei der ich an meine Grenzen stieß. Sonst ging es mir mit den Tagesetappen aber sehr gut.
Insgesamt waren es 113 Kilometer, knapp 4000 Höhenmeter bergauf und 3300 Höhenmeter bergab. Ich habe dann noch einen Tag in Mariazell drangehängt, an dem ich ebenfalls noch eine Wanderung unternommen habe, aber diese habe ich hier nicht dazugerechnet.
3. Unterkünfte
Wie schon im letzten Jahr habe ich mich dazu entschieden im Voraus alle Unterkünfte zu buchen. Letztendlich hätte ich aber auch problemlos spontan etwas gefunden (nur in Rohr im Gebirge hätte es ev. knapp werden können). In manchen Unterkünften war außer mir kaum jemand untergebracht. Ab und zu wäre ich gern etwas flexibler gewesen und fand es schade, dass ich schon alles fix gebucht hatte, aber alles andere hätte mich vermutlich zu sehr gestresst.
Auf die Unterkünfte werde ich bei den Beschreibungen der einzelnen Etappen noch näher eingehen – vom einfachen Zimmer in einer Pilgerherberge bis zum riesigen Zimmer mit Sofa und Balkon war alles dabei.
Übrigens gibt auch die Möglichkeit über Mostviertel Tourismus zu buchen, damit diese sich um die Unterkunftsanfragen kümmern. Optional kann dabei auch ein Gepäckservice dazugebucht werden.
4. Gepäck und Wanderschuhe
Ich hatte keinen Gepäckservice und war mit einem sehr ähnlichen Gepäck unterwegs wie im letzten Jahr (damals habe ich meine Packliste beschrieben). Am ersten Tag war mein Rucksack etwas schwerer, weil die Pilgerherberge in Heiligenkreuz eine Selbstversorgerunterkunft war und ich daher Abendessen sowie Frühstück mit dabei hatte. Inzwischen wusste ich aber ja schon, dass ich mit diesem Rucksack (Osprey Sirrus 26) und einem Gewicht von +/- 7 kg gut zurechtkomme.
Was ich dieses Mal zuhause gelassen habe, war meine Digitalkamera, da mein Smartphone ganz passable Fotos macht. Lediglich bei schlechten Lichtverhältnissen lassen sie etwas zu wünschen übrig und Panoramaaufnahmen haben leider eine sehr schlechte Auflösung, wohingegen die Panoramafunktion meine Digitalkamera toll ist. Sonst hat sie mir aber kaum gefehlt.
Was ich übrigens erneut wieder mitgenommen habe, war mein Ebook-Reader und das hat sich mehr als gelohnt. Alleine am ersten Abend habe ich wohl an die vier Stunden mit Lesen verbracht – auf meinem Smartphone hätte ich bestimmt nicht so lange gemütlich gelesen.
Ansonsten hatte ich andere Wanderschuhe als im letzten Jahr, da ich damals Schmerzen am Sprunggelenk hatte. Ich war diesmal mit Meindl Houston Mid unterwegs, die ich vorher erst zweimal bei kürzeren Wanderungen getragen habe. Das war also ein gewisses Risiko, aber die Schuhe waren unglaublich bequem und ich hatte damit keinerlei Beschwerden. Ich habe seit letztem Sommer zwar leichte Lederstiefel von Lowa und die sind auch super für gebirgigere Strecken oder kältere Temperaturen, aber für mehrtägige Wanderungen sind sie mir etwas zu schwer und zu steif – und im Hochsommer auch zu warm. Ich bin zuerst davor zurückgeschreckt in diesem Jahr schon wieder Geld für Wanderschuhe auszugeben, aber ich bin froh, dass ich jetzt diese verschiedenen Alternativen habe. Für den Wiener Wallfahrerweg waren die Meindl Houston wirklich perfekt – leicht, mit gutem Profil, ausreichend gedämpft für Asphaltstrecken und erträglich bei hochsommerlichen Temperaturen.
5. Verpflegung (vegetarische Optionen) und Wasser
Ähnlich wie auf der Via Sacra ist man am Wiener Wallfahrerweg nie länger als etwa 10-12 km von Einkehrmöglichkeiten entfernt, wobei man sich über Öffnungszeiten und Ruhetage informieren sollte. In den Ortschaften gibt es auch meistens einen Supermarkt oder zumindest eine kleine Greißlerei. Ich hatte immer Snacks (Müsliriegel, Nüsse, Obst) für tagsüber dabei und habe abends entweder direkt in der Unterkunft oder in einem nahen Gasthof gegessen. Die vegetarischen Optionen waren etwas spärlicher als auf der Via Sacra, aber zumindest eine gab es immer.
Trinkwasserbrunnen waren wieder äußerst rar gesät, aber anders als auf der Via Sacra habe ich dieses Mal auch bei Gasthäusern, in denen ich nicht eingekehrt bin, immer mein Wasser aufgefüllt. Letztes Jahr hatte ich da noch etwas Hemmungen; in diesem Jahr habe ich einfach bei jeder Gelegenheit gefragt, ob ich das WC benutzen und Wasser auffüllen könnte und das wurde mir auch immer ganz selbstverständlich gewährt.
6. Wetter
Während ich im letzten Jahr mit Sonne, aber recht moderaten Julitemperaturen gesegnet war, hatte ich in diesem Jahr fast die ganze Bandbreite. Ein paarmal war es ziemlich bewölkt, was sehr angenehm war, aber zweimal hatte es über 30 Grad. Der Wiener Wallfahrerweg hat zwar viele schattige und bewaldete Abschnitte zu bieten, aber manchmal muss man doch auch längere Strecken auf Straßen oder in der Sonne zurücklegen. Der Hochsommer ist also eventuell nicht die beste aller Jahreszeiten zum Pilgern – es gibt einen Grund, weshalb die meisten geführten Pilgertouren im Frühling oder Herbst stattfinden.
Immerhin bin ich aber nicht nass geworden. Einmal musste ich zwar den halben Vormittag in der Unterkunft ausharren, weil es Unwetter gab und bei meiner Ankunft in Mariazell hat es kurz geregnet, aber alles in allem hatte ich ein ziemliches Glück. Unmittelbar nach meiner Rückkehr haben dann die Unwetter und starken Regenfälle in Österreich begonnen, die unter anderem in Hallein zu Überschwemmungen geführt haben.
7. Wegmarkierungen/Beschilderung
Abgesehen von ein paar Stellen auf der ersten Etappe, bei denen man sehr aufmerksam sein muss, ist der Wiener Wallfahrerweg sehr gut ausgeschildert – alles in allem besser als die Via Sacra. Ich war zwar in diesem Jahr besser vorbereitet und hatte mir auf meinem Smartphone auch offline Karten von Outdooractive gespeichert, habe diese aber kaum benötigt. Auch meinen Wanderführer von Hikeline hätte ich nicht extra mitnehmen müssen, aber manchmal finde ich Kartenabschnitte auf Papier angenehmer als auf dem kleinen Display eines Smartphones. Ich habe auch abends gern im Wanderführer geschmökert, um mich auf die nächste Etappe vorzubereiten.
Am dritten Tag habe ich für den Anstieg auf das Kieneck einen alternativen Weg gewählt, den mir der Herbergswirt empfohlen hat – daher musste ich für einen halben Tag ohne die üblichen Schilder und meinen Wanderführer auskommen. Dieser Weg war aber auch gut zu finden.
Über die Beschilderung auf dem Wiener Wallfahrerweg kann ich mich also nicht beklagen.
8. Alleine auf dem Wiener Wallfahrerweg?
Mittlerweile bin ich an das Wandern alleine gewöhnt und das ist auch gut so, denn auf dem Wiener Wallfahrerweg bin ich oft stundenlang niemandem begegnet. Trotzdem habe ich aber in diesem Jahr öfter andere Pilger getroffen. Manche sind mir nur einmal begegnet, andere mehrmals und manchmal war ich für eine Weile mit anderen Pilgern unterwegs oder habe mit ihnen gemeinsam gegessen.
Diese Begegnungen gehören für mich zu den schönsten Aspekten beim Pilgern/Wandern. Ich würde nicht jeden Tag den ganzen Tag mit anderen gemeinsam gehen wollen. Nicht nur, weil ich gerne in meinem eigenen Tempo unterwegs bin, sondern auch, weil man meist viel weniger auf die Umgebung achtet, wenn man sich mit anderen unterhält. Aber diese kürzeren oder längeren Begegnungen mag ich sehr gerne. Ich habe auch das Gefühl, dass man viel einfacher mit anderen ins Gespräch kommt, wenn man alleine unterwegs ist. Da das anscheinend hierzulande wirklich eine Seltenheit ist (erneut habe ich keine weiteren Solo-Pilger getroffen), führt das fast immer zu Neugierde und dementsprechend auch sehr schnell zu Gesprächen. Dabei finde ich es sonst eher schwierig mit Fremden ins Gespräch zu kommen und ich bin auch kein Fan von Smalltalk, aber beim Wandern ist das anders.
9. Wiener Wallfahrerweg vs. Via Sacra
Falls ihr euch nun fragt, welcher der beiden Wege mir besser gefallen hat, dann kann ich darauf nicht wirklich eine Antwort geben. Beide Wege sind sehr schön und beide haben ihre Vor- und Nachteile. Die Via Sacra hat weniger Steigungen, ist insgesamt etwas einfacher und führt durch mehr Ortschaften, hat aber auch mehr Asphaltanteil. Sie hat kulturell mehr zu bieten (Wallfahrerkirchen, Stift Lilienfeld, Araburg) und ist vielleicht die empfehlenswertere Route, wenn man aus religiösen Gründen pilgert. Der Wiener Wallfahrerweg ist körperlich fordernder, da es deutlich mehr Steigungen gibt und verläuft insgesamt etwas einsamer und hat weniger Straßenabschnitte. Wenn es einem vor allem um das Wandern an sich und um die Natur geht, dann ist vermutlich der Wallfahrerweg mehr zu empfehlen. Ich fand aber beide Wege landschaftlich sehr schön.
Was nun meine persönliche Erfahrung mit den beiden Wegen betrifft, war die Wanderung auf der Via Sacra natürlich etwas besonderes, weil das meine erste längere Wandertour war. Es war eine ganz neue Erfahrung für mich und daher hat der Weg im letzten Jahr auf eine gewisse Weise mehr in mir bewirkt. Ich denke, dass die Via Sacra aus diesen Gründen auch mental die größere Herausforderung für mich war.
Dieses Jahr war ich etwas entspannter und auch mit mehr Selbstsicherheit unterwegs. Ich hatte schon mehr Routine und eine bessere Kondition und das war auch gut, denn körperlich war auf alle Fälle der Wiener Wallfahrerweg die größere Herausforderung. Dass ich ihn trotzdem gut bewältigt habe, hat mir wiederum mehr Selbstbewusstsein für weitere Wanderungen gegeben.
Letztendlich waren beide Wege eine ganz tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte! Ich bin außerdem sehr dankbar, dass mich die Pilgerreise im letzten Jahr, die ich ja letztendlich nur aus einer Not heraus gemacht habe (ohne Pandemie wäre ich stattdessen in Oslo gewesen), zum regelmäßigen Wandern gebracht hat. Mittlerweile bin ich nahezu süchtig danach. In meinem Kopf habe ich schon viele neue (teilweise auch deutlich größere) Pläne – ob und wann ich diese umsetzen kann, wird sich zeigen.
Grundsätzlich ist es schön zu hören, dass deine Wanderung im Großen und Ganzen so gut lief und du sie genossen hast. Auf das Wetter hat man ja leider keinen Einfluss, aber auch da hast du ja recht viel Glück gehabt. 🙂 Besonders spannend finde ich aber zu verfolgen, wie du deine Vorbereitungen, deine Ausrüstung und dein Gepäck so im Laufe der Zeit anpasst und aus welchen Gründen. Ich wünsche dir noch viele weitere tolle Wanderungen – und Spaß am Schreiben deiner Wanderbeiträge. 😉
Ja, wettermäßig hatte ich nun echt schon zum zweiten Mal Glück. Die Woche davor hatte es jeden Tag über 30 Grad, die Woche darauf waren ständig Unwetter. Als Planungsfreak könnte ich ja sehr viel zur Vorbereitung, Ausrüstung, etc. schreiben, versuche aber mich etwas zurückzuhalten, damit das nicht langweilig wird. 😉
Ach, es ist immer wieder schön, von deinen Wanderungen zu lesen. Toll, dass du auch die einzelnen Begegnungen und Gespräche so genießt. Ich kann aber auch total gut verstehen, dass du grundsätzlich gerne alleine unterwegs bist.
Besonders dein letzter Satz macht mich übrigens sehr neugierig, aber ich bin mir sicher, dass du uns an deinen Überlegungen teilhaben lässt, sobald es sich für dich richtig anfühlt. Und darauf freue ich mich schon! 🙂
Diese Begegnungen sind wirklich schön – vor allem, weil man ja durch da gemeinsame Ziel etwas verbindendes hat, über das man sprechen kann, auch wenn man mit diesen Menschen sonst vielleicht wenig gemeinsame Gesprächsthemen finden würde.
Am liebsten würde ich ja meine Überlegungen schon mit allen teilen, aber es ist doch alles noch sehr vage und auch in der Arbeit noch gar nicht geklärt. Daher bin ich mir nicht sicher, wie weit ich schon über ungelegte Eier schreiben möchte.