Krimi/Thriller Rezensionen

Emma Haughton – The Dark

erschienen bei Droemer Knaur

Als auf einer Forschungsstation in der Antarktis der Stationsarzt bei einem Unfall ums Leben kommt, springt die Notärztin Kate North für ihn ein. Aufgrund von persönlichen Problemen kommt ihr diese Gelegenheit aus ihrem eigenen Leben zu entfliehen gerade recht. Doch als der dunkle Winter beginnt, beginnt Kate zu ahnen, dass der Tod des früheren Arztes kein Unfall war. Und das bedeutet, dass die Crew mit einem Mörder in der Forschungsstation festsitzt.

Ein Krimi, der in der Antarktis spielt – diesen Roman musste ich natürlich unbedingt lesen! Noch dazu dient als Schauplatz die Forschungsstation Concordia, wo auch die Klagenfurter Ärztin Carmen Possnig ein Jahr verbrachte und dann über ihre Erfahrungen in „Südlich vom Ende der Welt“ schrieb. Aber obwohl der Krimi wie für mich prädestiniert schien, hat er mich eher enttäuscht.

Mein größtes Problem damit war die Hauptfigur: Kate ist seit einem persönlichen Schicksalsschlag tablettenabhängig und kämpft auch sonst mit ihrem Leben. Dass sie es durch die notwendigen medizinischen und psychologischen Tests schafft, die sie zu Beginn des Buches sogar erwähnt, halte ich für sehr unglaubwürdig. Und schlimmer noch: Das ganze macht Kate auch sehr unsympathisch. Sie betrachtet den Einsatz vor allem als Möglichkeit, aus ihrem eigenen Leben zu flüchten, und vergreift sich dann in der Station auch am allgemeinen Medikamentenvorrat. Dass sie als einzige Ärztin in einer abgelegenen Gegend so verantwortungslos und egoistisch handelt, aber dennoch die klare „Heldin“ der Geschichte ist, hat mir leider weitgehend das Lesevergnügen genommen.

Die restliche Crew ist zwar großteils auch ein Sammelsurium an Menschen, die nicht gerade die notwendige Stabilität für einen solchen Einsatz zu haben scheinen, aber es ist umgekehrt auch verständlich, dass für einen Krimi möglichst viele Konflikte und Mordmotive geschaffen werden müssen. Darüber konnte ich also leichter hinwegsehen als über die Probleme mit der Protagonistin.

Leider ist Kate nicht die einzige Schwachstelle des Romans: Auch der Kriminalfall selbst ist zwar stellenweise sehr spannend, konnte mich aber im Gesamten nicht überzeugen. Am Ende gipfelt er in einen überdramatisierten Showdown, bei dem endgültig jede Glaubwürdigkeit über den Haufen geworfen wird.

Dabei gäbe der Schauplatz soviel her! Die Monate der Dunkelheit, die feindliche Umgebung, das erzwungene Zusammenleben auf engem Raum – das alles liefert bereits die besten Zutaten für einen klaustrophobischen, psychologischen Krimi. Schade, dass die Autorin diesen Hintergrund meiner Meinung nach nicht gut genutzt hat, obwohl sie das Leben in der Antarktis so anschaulich schildert, dass man sich den Alltag in der Forschungsstation richtig gut vorstellen kann.

Alles in allem ein mittelmäßiger Roman, dessen Schauplatz ich toll fand, der aber sonst über weite Strecken für mich nicht funktioniert hat. Ich würde eher empfehlen, das Buch von Carmen Possnig zu lesen – das fand ich tatsächlich fesselnder als den Krimi.

2 thoughts on “Emma Haughton – The Dark

  1. Ach, wie schade. Das Buch habe ich zu Weihnachten gerade meiner Mutter (einer versierten Krimileserin) geschenkt – nicht ganz uneigennützig, weil ich es später auch unbedingt lesen wollte. Jetzt bin ich direkt weniger euphorisch, wenn ich deine Meinung lese, denn ich kann mir vorstellen, dass mir genau solche Punkte auch am Lesen missfallen würden. Hm. Naja, ich geb dem Buch trotzdem eine Chance, irgendwann. Meine Mutter ist resoluter, die bricht so ein Buch auch schnell ab oder liest nur noch quer bis zum Ende, wenn ihr etwas nicht gefällt 🙂

    1. Ich hoffe, dass deiner Mutter das Buch besser gefällt! Ist ja alles immer sehr subjektiv und möglicherweise sind mir gerade deshalb einige Punkte sehr störend aufgefallen, weil ich eben vorher den Erfahrungsbericht von Carmen Possnig gelesen hatte.

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