Genre: Abenteuerroman
Seiten: 209
Verlag: Diogenes
ISBN: 9783257212679
Meine Bewertung: 3 von 5 Sternchen
Klassiker-Challenge (USA)
Ich wollte den Roman eigentlich im Original lesen, aber dann ist er mir in der Städtischen Bücherei auf Deutsch in die Hände gefallen – tja, und dann hab ich es mir einfach mal leicht gemacht. *hüstel*
Der einzige Roman von Poe ist episodenhaft aufgebaut: Zunächst begibt sich der sechzehnjährige Pym mit seinem Freund Augustus auf eine gefährliche Nachtfahrt in einem Boot. Glücklich überstanden, stürzen sie sich gleich in das nächste Abenteuer. So versteckt Augustus seinen Freund im Bauch eines Walfangschiffes, wo dieser beinahe stirbt. Doch auch nach der Rettung geht es spektakulär weiter: Meuterei, Schiffbruch, Kannibalismus und schließlich eine Fahrt zum Südpol.
Poe beschreibt die Schrecken anschaulich, und oft läuft einem eine Gänsehaut über den Rücken (besonders schaurig fand ich etwa die Begegnung mit dem Totenschiff). Sobald eine Katastrophe überstanden ist, folgt stets eine weitere, die noch schlimmer und gefährlicher ist.
Auf Dauer wurde dieses Schema ein wenig ermüdend – zumal Pym aus jeder Katastrophe völlig unbeschädigt hervorgeht. Er erlebt furchtbare Dinge und ist mehrmals dem Tode nahe, aber das alles hinterlässt bei ihm keine Folgen. Es gibt also gar keine charakterliche Weiterentwicklung, schlimmer noch: Pym hat nicht einmal einen klar erkennbaren Charakter, ebenso wenig wie die anderen Figuren. Alle verhalten sich so, wie es gerade für die Situation passt, allerdings meistens ohne erkennbare Motivation aus ihnen selbst heraus.
Vielleicht kann man keine ausgeklügelten Figuren von einem Abenteuer- und Schauerroman dieser Zeit erwarten, ich weiß es nicht genau, da ich diesem Genre bislang erst durch Jules Verne begegnet bin, der aber meiner Meinung nach durchaus stimmige Figuren entwickelt. Das Problem bei Poes Roman ist, dass mich all die fürchterlichen Erlebnisse als Leserin auch irgendwann kalt ließen, da keinerlei Nähe zu den Figuren aufgebaut wurde.
Das ist schade, da der Roman ansonsten durchaus spannend und lesenswert ist. Viele Schrecken werden sehr realistisch beschrieben, während andere Kapitel (wie etwa die Beschreibung der Südpolarregion) ganz im Bereich des Phantastischen angesiedelt sind.
Alles in allem ist es für mich ein interessanter Roman mit Gänsehaut-Stimmung, der mich aber dennoch seltsam unberührt gelassen hat und bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Mit dem Zuklappen des Buches war es – trotz des offenen Endes – für mich bereits wieder aus dem Kopf und hat mich nicht weiter beschäftigt.
Daher also nur eine durchschnittliche Bewertung.
Hi, Süße! Kannst mir mal bitte ein E-Mail schreiben an: cafe.uranus[at]yahoo.com
ich find hier nämlich keine Adresse von dir.
Danke!
LG, Evi
Schon geschehen. 🙂
Hm, wenn ich so überlege, dann sind es ja generell nicht die Figuren, die Poes Qualität ausmachen, oder (ich habe allerdings eine Weile nichts mehr von ihm gelesen, vielleicht irre ich mich also auch)? Abgesehen von Auguste Dupin vielleicht. Es ist ja tatsächlich sein Einfangen von Atmosphäre und dem absoluten Grauen, das ihn so einzigartig macht. Aber das ist ein interessanter Punkt, ich werde mal auf seine Charaktere achten.
Da hast du sicher Recht und das hab ich mir auch schon gedacht – andererseits hat mich das Grauen dadurch eben auch irgendwann nicht mehr berührt.
Ich weiss, dass ich mal ein Buch von Edgar Allan Poe gelesen habe, doch ist es schon ewigs her, und ich kann dir nicht mal mehr sagen welches es war. *ebenfallshüstel*
Das unterstreicht deine Aussage: "Mit dem Zuklappen des Buches war es für mich bereits wieder aus dem Kopf und hat mich nicht weiter beschäftigt."
Schön geschriebene Rezension!
Wünsche dir ein tolles Wochenende, lg mirjam
Vielleicht ist so ein ganzer Roman auch zu lang für ihn und seine speziellen Fähigkeiten. Auf eine Situation kompensiert, kommt seine Kraft vielleicht besser zur Geltung. Ist ja auch sein einziger Roman …
Ja, ich denke auch, dass es daran liegen könnte. Erst dadurch, dass eine Katastrophe auf die nächste folgt, fällt so richtig auf, dass die Figuren jeweils davon unbeeinflusst bleiben und sich nicht entwickeln. Bei einer Kurzgeschichte wäre das vermutlich anders.