Genre: Sachbuch
Seiten: 143
Verlag: Primus Verlag
ISBN: 9783896783868
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen
Historien-Challenge (Sachbuch – Antike)
Wie mag ein typischer Tag im Leben eines Römischen Kaisers ausgesehen haben? Jörg Fündling (wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Alte Geschichte in Aachen) führt die Leser durch einen solchen möglichen Tag und versucht, einem Kaiser quasi für 24 Stunden über die Schulter zu schauen. Dabei legt er sich nicht auf einen bestimmten Kaiser oder ein Jahr fest, sondern erstellt sozusagen ein Idealbild davon, wie ein typischer Arbeitstag in der Zeit des klassischen Prinzipats (zwischen Augustus und den Severern) ausgesehen haben könnte.
Fündling zeichnet dabei nicht nur einen typischen Tagesablauf nach, sondern bietet ausgehend davon auch einige Exkurse zum Klientelsystem, den Kaiservillen und dem Reisen mit dem Gefolge, zum Rechtswesen und dem Ablauf eines Gastmahls.
Es ist erstaunlich, wieviele Informationen hier auf recht wenigen Seiten untergebracht werden. Nach dem Lesen des Buches hat man wirklich das Gefühl, einen umfassenden Einblick in die Verpflichtungen und üblichen Termine eines Kaisers bekommen zu haben. Ich muss dazu sagen, dass das Buch gerade für mich sehr spannend war, da ich in einem meiner Romane aus der Sicht einer Königin schreibe und hier nun viele interessante Anregungen gefunden habe.
Auch wenn Fündling, wie bereits erwähnt, einen quasi allgemeingültigen Idealtypen entwirft, gibt er doch auch immer wieder konkrete Beispiele aus dem Leben bestimmter Kaiser.
In den Anmerkungen können all jene, die dem ganzen noch genauer auf den Grund gehen wollen, auch die entsprechenden Belege finden. Fündling greift vor allem auf die Historia Augusta, auf Tacitus, Cassius Dio und Herodian zurück. Weitere wichtige Quellen sind für ihn die Briefe Plinius des Jüngeren, die Korrespondenz von Fronto für Antoninus Pius und natürlich die Selbstbetrachtungen von Mark Aurel.
Das Buch kommt in der Gestaltung recht schlicht daher: Neben den Anmerkungen und einer Kaiserliste im Anhang gibt es noch einige schwarz-weiß-Bilder sowie Textkästen mit Originalzitaten aus den oben genannten Quellen.
Sprachlich liest sich das Werk sehr flüssig – Fündling schreibt teilweise recht salopp, dafür aber auch unterhaltsam.
Es handelt sich hier ganz klar um ein populärwissenschaftliches Werkt und nichts, was man etwa problemlos in einer Diplomarbeit zitieren könnte. Das soll nicht heißen, dass dieses Buch schlecht recherchiert wäre, aber es wendet sich eben doch klar an ein zwar geschichtlich interessiertes, aber eher nicht-wissenschaftliches Lesepublikum.
Ein wenig Vorwissen in antiker Geschichte und gewisse Lateinkenntnisse schaden dabei allerdings nicht – letztendlich behandelt das Buch ja doch recht spezielle Themen und ist daher nicht gerade als Einstiegswerk in die Geschichte der römischen Kaiserzeit geeignet.
Ich fand das Buch amüsant zu lesen, dabei durchaus aufschlussreich und informativ. Populärwissenschaftliche Werke über die römischen Kaiser landen sonst immer gern vor allem bei den Exzessen und Skandalgeschichten von Caligula, Nero, Elagabal und anderen berühmt-berüchtigten Kaisern. Die Konzentration auf den Arbeitsalltag ist hier wirklich mal etwas anderes. Für meinen Geschmack könnte die Sprache doch gern etwas weniger salopp sein und manche Darstellungen etwas ausführlicher. Insgesamt aber ein durchaus empfehlenswertes Fachbuch, dem ich 4 von 5 Sternchen gebe.