Schreibgeplauder

[30 Tage übers Schreiben bloggen] 9. Frage

9. Wie kommst du an die Ideen für deine Figuren? Beschreibe den Erschaffungsprozess!
Uff, das ist sehr schwierig zu beantworten, da ich teilweise selbst nicht so genau weiß, woher ich die Ideen für meine Figuren bekomme – gerade bei „alten“ Figuren ist das mittlerweile schwer zu sagen. Bei Riava etwa habe ich gar keine Ahnung mehr, während ich bei Vendalar noch weiß, dass er durch zwei Romanfiguren maßgeblich beeinflusst wurde. Die eine ist aus einem Kinderbuch, die andere aus einer phantastischen Trilogie. Ich glaube aber, dass man inzwischen weder von der einen noch von der anderen Figur Spuren in ihm findet. 😉
Das ist also ein möglicher Weg: Inspiration durch „fremde“ Figuren, wobei ich noch nie Fanfiction oder Vergleichbares geschrieben habe. Wenn ich mich von einer Romanfigur inspiriert fühle, dann ist das immer nur ein kleines Fitzelchen dessen, was letztendlich alles in einen meiner Charaktere einfließt.
Dann gibt es Figuren, die stehen vor mir und sagen: „Hallo, hier bin ich!“ Die tauchen quasi aus dem Nichts auf, sind ganz und gar ungeplant und reißen die Handlung an sich. Das passiert mir am ehesten bei Nebenfiguren, aber es können sich sogar Perspektiventräger daraus entwickeln.
Das andere Extrem sind Figuren, die zu einem bestimmten Zweck angelegt werden – etwa, um bestimmte Handlungspunkte überhaupt erreichen zu können. Sogar Herun, die ja letztendlich zu einem kompletten Selbstläufer wurde, war zunächst eine ganz nüchtern entworfene Figur, die sich aus bestimmten notwendigen Eckpunkten heraus entwickelte. Bei ihr hat das wunderbar geklappt, aber solche „funktionellen“ Figuren sind bei mir auch schon oft völlig schiefgegangen.
Ich bin da eben eher eine Bauchschreiberin und kann gerade meine Figuren nicht besonders gut planen, sondern lerne sie lieber beim Schreiben erst kennen. Da entwickeln sie sich dann in der Regel viel realistischer und dreidimensionaler bei mir.
Und schließlich entstehen manche Figuren bei mir auch aus dem Weltenbasteln heraus. So etwa Andalind, meine Schauspielerin, die schon Jahre vor „Bühnenzauber“ als berühmte Persönlichkeit (naja, so berühmt dann auch wieder nicht) in meiner Fantasywelt existierte.
So unterschiedlich die Ideen für diese Figuren sind, so unterschiedlich ist natürlich auch der Erschaffungsprozess. Wie schon gesagt: Ich lerne meine Figuren am liebsten beim Schreiben selbst kennen. Detaillierte Planungen im Vorfeld gehen bei mir eher in die Hose und führen zu farblosen Figuren, die keinerlei Entfaltungsmöglichkeiten haben. Daher fülle ich auch selten detaillierte Charakterblätter vor dem Schreiben aus.
Natürlich kann es mir bei dieser Methode passieren, dass die Figuren am Anfang noch etwas blass sind und dann erst nach und nach eine wirkliche Persönlichkeit entwickeln. Oder aber ihr Charakter verändert sich zu stark. Aber so etwas kann ich beim Überarbeiten eigentlich ganz gut korrigieren. Wenn der Roman erst einmal steht und ich die Figur durch das Schreiben genau kenne, fällt es mir nicht allzu schwer, sie in manchen Kapiteln „anzupassen“.
Bei all der Bauchschreiberei ist es für mich aber wichtig, Ziel und Motivation der Figur bereits im Vorfeld festzulegen und vielleicht auch schon eine Richtung, in die sie sich entwickeln soll. So ist mir etwa mit meiner Carina aus „Die geraubte Seele“ etwas Seltsames passiert: Ich habe sie vorher sehr genau geplant (tatsächlich auch mit Chrakterblättern), war dabei aber so auf ihren Charakter an sich konzentriert (also darauf, wie sie ist), dass ich ihre innere Motivation und ihre Entwicklung ganz außer Acht gelassen habe.
Und was soll ich sagen: Selten hat mir eine Figur solche Probleme beim Schreiben bereitet wie sie.
Ich überlege mir also natürlich schon gewisse Dinge über die Figur im Vorfeld, vermeide es aber sie zu sehr zu planen, da das Schreiben bei mir einfach besser funktioniert, wenn ich meinen Figuren bis zu einem gewissen Punkt freie Hand lasse.
Und da ich ja eher „character-driven“ als „plot-driven“ schreibe, steht und fällt ein Roman bei mir mit den Figuren. Wenn ich an denen keine Freude habe, wenn sie mich nicht bis tief in die Nacht hinein und in den unmöglichsten Situationen beschäftigen und hinterrücks überfallen, dann läuft das Schreiben bei mir nicht – da kann die Handlung noch so gut funktionieren.
Egal also, woher die Ideen für eine Figur kommen: Sie muss für mich vom Gefühl her passen, dann passt in der Regel auch der Roman.

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