Historisch Jugendbuch Rezensionen

Dori Jones Yang – Son of Venice

Genre: Historischer Roman/Young Adult
Seiten: 350
Verlag: East West Insights
ISBN: 978-0983527237
Meine Bewertung: 5 von 5 Sternchen


English-Challenge  (Strafbuch für Mai)

Marco Polo, sein Vater und sein Onkel treten nach ihrem Aufenthalt bei Khubilai Khan ihre Rückreise nach Venedig an und Emmajin, die Enkeltochter des Khans, soll sie als Botschafterin begleiten. Als auch eine große Anzahl von Kriegern mit ihnen die Reise antritt, beginnt Marco an einer rein friedlichen Mission zu zweifeln. Und auch sonst entwickelt vieles sich anders als er es sich gewünscht hätte. Anstatt Zeit mit Emmajin zu verbringen, müssen sie beide ihre verbotene Liebe mehr denn je verheimlichen – und werden vor Entscheidungen gestellt, die eine gemeinsame Zukunft unmöglich erscheinen lassen.
„Son of Venice“ schließt beinahe nahtlos an den Vorgänger Daughter of Xanadu an und problemlos fand ich mich gleich wieder in Emmajins Welt ein. Der Roman beginnt eher ruhig und nimmt sich viel Zeit für seine Figuren, ehe dann das Tempo ordentlich an Fahrt gewinnt und die Ereignisse sich überschlagen. Das bedeutet aber nicht, dass der Anfang langweilig wäre, ganz im Gegenteil. Ich habe den ruhigen Einstieg perfekt gefunden, ebenso wie die Steigerung des Tempos im Laufe des Romans. Das war im ersten Band ganz ähnlich, wodurch sich die beiden Romane in der Struktur durchaus ein wenig ähneln, auch wenn sie ansonsten natürlich im Plot ganz unterschiedlich sind.
Ich war zunächst skeptisch, weil in dem Folgeband nun abwechselnd aus der Sicht von Emmajin und Marco erzählt wird, aber ich habe mich auch in Marco Polos Kopf gleich wohlgefühlt. In ihren Anschauungen, Träumen und Idealen sind die beiden so unterschiedlich, dass es faszinierend war, in diese verschiedenen Sichtweisen einzutauchen.
Marco ist ein Träumer und Geschichtenerzähler, der seine Vorstellungen von großer Liebe und edlen Rittern in erster Linie aus höfischen Romanen hat und sich selbst als einen Romanhelden wie Tristan oder Erec sehen will. Emmajin ist praktischer und nüchterner veranlagt und fragt sich, ob sie ihre Familie, ihren Stolz und ihren Wunsch nach Anerkennung tatsächlich für eine unsichere Liebe aufgeben könnte. Beide sind sie noch immer ganz in ihren Kulturen verankert, obwohl sie Verständnis für die unterschiedlichen Denkweisen entwickelt haben.
Dieser Kulturkonflikt hat mir bereits im ersten Band sehr gut gefallen. Obwohl es nicht schwer ist, mit Emmajin mitzufühlen, ist sie kein modernes Mädchen, sondern eine Mongolin im 13. Jahrhundert, für die die Überlegenheit von Khubilai und seiner (und somit auch ihrer) Familie über alle anderen so selbstverständlich ist, dass es oft an Arroganz grenzt. Emmajin ist eben kein schwaches, bescheidenes Mädchen, das ihr alleiniges Glück an der Seite ihres Liebsten sieht und auch bereit ist, für diese Liebe alles andere zu opfern. Obwohl sie ihre Träume von einem Ruhm als Kriegerin aufgegeben hat, ist sie doch noch immer dieselbe stolze, selbstbewusste und mutige Emmajin wie ein Jahr zuvor.
Im Vergleich zu ihr wirkt Marco einige Male deutlich schwächer und auch egoistischer – zumindest egoistischer im Bezug auf seine Liebe zu Emmajin, die er auch über das Wohl anderer Menschen stellen würde. Aber Marco wächst in diesem Roman über sich hinaus und beweist mehr Mut und Tatkraft, als die meisten ihm zutrauen würden.
Wenn ich hier in der Rezension viel über die Liebe zwischen Emmajin und Marco schreibe, dann weniger, weil sie im Mittelpunkt der Handlung steht, sondern mehr, weil es mir sehr gut gefällt, wie sie in dem Roman dargestellt wird und vor welche Probleme sie die Figuren stellt. Tatsächlich sind Emmajin und Marco über weite Teile des Romans voneinander getrennt und es geht ebenso um Verrat, Familienkonflikte, verlorene Träume, Sklaverei und natürlich auch um die Kulturen und Städte an der Seidenstraße im 13. Jahrhundert.
Ich habe nun viel über diesen Roman geschrieben und möchte doch eigentlich nur eins sagen: Er ist von vorne bis hinten schlichtweg perfekt. Die Figuren sind mit all ihren Stärken, Schwächen, Zweifeln und Problemen ebenso interessant wie liebenswert, die Handlung ist spannend und der Schreibstil schön zu lesen (sowie den jeweiligen Perspektiventrägern angepasst). Das Ende schließlich ist bittersüß und wunderbar in sich geschlossen, obwohl es eigentlich sehr vieles offen lässt.
Kurz: Ich bin rundum begeistert von dem Roman und würde mir nur wünschen, er wäre nicht bereits zu Ende.

4 thoughts on “Dori Jones Yang – Son of Venice

  1. Oh mein Gott es gibt eine Fortsetzung des Neyasha-Buches! Das wusste ich gar nicht 😀 Ich will ich will ich will!
    Und wenn du das auch mochtest, muss es mir einfach auch gefallen 😀

  2. Ich muss diese beiden Bücher wohl auch unbedingt lesen. Allerdings schreckt es mich ein bisschen ab, dass es beide derzeit nur in Englisch gibt (oder?), es stapeln sich zu viele ungelesene englische Bücher bei mir.

  3. Es gibt sie bisher nur auf Englisch, das stimmt. Ich weiß nicht, ob irgendwann eine Übersetzung geplant ist, es scheint aber nicht der Fall zu sein. 🙁

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