Genre: Abenteuerroman, Klassiker
Seiten: 937
Verlag: Aufbau Taschenbuch
ISBN: 978-3746661254
Meine Bewertung: 4 von 5 Sternchen
Themen-Challenge (Rache)
Der junge Edmond Dantés scheint vom Glück begünstigt zu sein. Er steigt vom einfachen Seemann zum Kapitän auf und ist im Begriff, sich mit seiner großen Liebe zu vermählen, als er durch eine Intrige verhaftet und in den Kerker des Château d’If geworfen wird. Jahrelang fristet er hier ein elendes Dasein, das ihm nur durch einen Mitgefangenen erträglich gemacht wird. Dieser wird nicht nur sein Lehrmeister, sondern beschreibt ihm auch den Weg zu einem großen Schatz. Mithilfe dieser Reichtümer beginnt Dantés, der sich nun als „Graf von Monte Christo“ bezeichnet, nach seiner Flucht Rache an seinen Feinden zu nehmen.
Eins vorweg zu der Ausgabe, die ich gelesen habe: Erst, als ich schon recht weit im Buch fortgeschritten war, habe ich erfahren, dass es nur eine einzige nicht gekürzte deutsche Ausgabe gibt, und zwar ist es jene von dtv mit gut 1500 Seiten. In den anderen ist meist nicht vermerkt, dass es sich um eine gekürzte Fassung handelt, da meine ebook-Version aber jener des oben angeführten Aufbau-Verlages entspricht, die „nur“ um die 900 Seiten hat, handelt es sich dabei also ebenfalls nicht um die vollständige Fassung.
Ich wollte mir aber nicht extra noch die Ausgabe von dtv kaufen und hatte auch beim Lesen nie das Gefühl als würde an irgendeiner Stelle etwas fehlen. Trotzdem ist also beim Kauf etwas Vorsicht geboten. Es gibt nämlich auch Fassungen, die gerade noch 200-500 Seiten haben, was dann wohl wirklich zu einem massiv verstümmelten Text führen muss.
Nun aber zum Roman an sich: Jahrelang hatte ich an diesem Klassiker der Abenteuerliteratur kein Interesse – noch nicht einmal an den Verfilmungen. Das hat mich jetzt in die glückliche Lage versetzt, dass ich über den Inhalt nur genau soviel wusste, wie ich nun oben darüber geschrieben habe. Ich konnte also recht ahnungslos an den Roman herangehen und war auch fast von der ersten Seite weg gefesselt. Es ist schon länger her, seit ich zuletzt ein Buch in der Hand hatte, das so durchgängig die Spannung gehalten hat.
Das Unglück, das sich anfangs über Dantés zusammenbraut, dann seine hoffnungslose Lage im Gefängnis und schließlich sein Rachefeldzug – all das schildert Dumas so fesselnd, dass ich das Buch immer nur schwer zur Seite legen konnte und am Ende beinahe traurig war, dass es nun aus ist.
Es ist aber nicht nur die Handlung, die den Roman so spannend macht, sondern vor allem auch die Figur des Grafen selbst. Anfangs ein liebenswerter Jüngling, der von den Ereignissen völlig überrollt wird, entwickelt er sich zu einem verbitterten Mann, den nur noch der Gedanke an Rache am Leben erhält. Die anderen Figuren sind großteils recht simpel gezeichnet und meist eindeutig Gut oder Böse zuzuordnen, aber die Titelfigur weist deutlich mehr Facetten auf. Der Graf hat in seinem Rachedurst, aber auch in seinem festen Gedanken, dass seine Hand ihm gewissermaßen von Gott geführt wird, etwas so erschreckendes, dass ich oft nicht wusste, ob ich wirklich mit ihm mitfiebern sollte. Und doch konnte ich mich nie ganz seinem Bann entziehen und wünschte mir einige Male die vollständige Vernichtung seiner Widersacher.
Der einzige Grund, weshalb ich von dem Roman nicht ganz uneingeschränkt begeistert bin, ist die Tatsache, dass mir vieles ein wenig zu extrem war: manche der Schurken zu niederträchtig, die Schätze allzu reich, die jungen Frauen allzu tugendhaft, die Intrigen, mit der der Graf Rache nimmt, zu verwickelt und schließlich seine Feinde oft zu naiv oder arglos. Und ob jemand nach jahrelanger Kerkerhaft mit karger Nahrung tatsächlich vor Kraft strotzend und jung geblieben sein und zudem noch über strahlendweiße Zähne verfügen kann, sei mal dahingestellt …
Manchmal schimmert also doch das abenteuerhafte des Romans ein bisschen zu sehr durch und führt zu gewissen Übertreibungen.
Davon abgesehen ist aber „Der Graf von Monte Christo“ ein sehr fesselnder Roman, der zwar vielleicht schon etwas in die Jahre gekommen, aber noch kein bisschen verstaubt ist. Allen, die ihn noch nicht kennen, kann ich ihn wirklich nur wärmstens empfehlen!
Übrigens wäre ich jetzt doch auch neugierig auf eine Verfilmung, auch wenn ich nicht so recht weiß, welche ich ansehen sollte. Die wohl bekannteste und werkgetreueste dürfte ja die Miniserie von 1998 sein, aber da schreckt mich Gérard Depardieu ein wenig ab, der so gar nicht mit meiner Vorstellung von Edmond Dantés übereinstimmt und den ich außerdem schon in „Les Misérables“ nicht mochte. Die neuere Verfilmung von 2002 dürfte allerdings auch nicht wirklich eine Alternative sein, da James Caviezel für mich zwar rein optisch besser in die Rolle passt, dafür aber die Änderungen der Handlung wohl so massiv sind, dass man nur noch vage Ähnlichkeiten zum Buch erkennt. Es gibt allerdings auch noch zahlreiche ältere Verfilmungen, bei denen ich nicht weiß, wie gut diese sind. Falls ihr mir also eine empfehlen könnt – nur zu!
Ich habe gerade versucht meine Erinnerungen aufzufrischen, aber ich fürchte, dass ich nicht herausfinden kann, welche Filmversion mich als Jugendliche so beeindruckt hat. Es war auf jeden Fall ein schwarzweißer Film (und vermutlich eine französische Produktion). Aber wer weiß, ob ich dir den Film heute überhaupt noch ans Herz legen würde – die aktuelleren Sachen klingen für mich auf jeden Fall auch nicht reizvoll und von Richard Chamberlain würde ich definitiv abraten!
Hm, wie wäre es mit der Anime-Version – dann könntest du mir sagen, ob sich der Import der Serie lohnen würde … *kicher*
Monte Christo als Anime kann ich mir ja so gar nicht vorstellen. *gg*
Vielleicht hast du die Version mit Jean Marais gesehen, die dürfte zumindest eine der bekannteren sein.
Wenn ich das richtig mitbekommen habe, dann wurde die Handlung auch deutlich in die Zukunft versetzt und von einem dazuerfundenen Nebencharakter erzählt. 😀
Ich bin ja immer noch der Meinung, dass du das mal ausprobieren solltest. 😀
Leider kann ich es wirklich nicht mehr sagen, es ist einfach zu lange her. Und jetzt komme ich mir alt vor … 😉
Scheint als hättest du genau die richtige Version gewählt. Der Kaugummi Mittleteil mit 300 Seiten Räubergeschichte scheint bei dir zu fehlen, oder? Den fand ich damals relativ überflüssig. Ansonsten wüsste ich aber nicht, was man noch alles ungestraft weglassen könnte um auf 250-500 Seiten zu kommen! (250? Ernsthaft? Das hört sich an wie eine Schulzusammenfassung).
Freut mich, dass dir das Buch so gefallen hat. Ich hab das auch gern gelesen. Nochmal lesen müsst ichs aber nicht. 😉
Räubergeschichte gabs, aber keine 300 Seiten lang, sondern allerhöchstens 100. Offensichtlich ist das einer der gekürzten Teile – ich könnte aber nicht behaupten, dass mir da großartig was gefehlt hat. 😉
Wie man das so heftig kürzen kann um auf weniger als 500 Seiten zu kommen, kann ich auch nicht nachvollziehen. Anscheinend gibts da so "Kinder"-Versionen (wie auch immer man aus dem Roman überhaupt was kindgerechtes machen will …). Vom tatsächlichen Inhalt kann dann auf alle Fälle nicht mehr viel übrig bleiben. %-)
Die Verfilmung mit Gerard Depardieu hat mir eigentlich sehr gut gefallen, also wenn du keine Alternative findest, trau dich ruhig! 🙂
Es scheint eh als wäre das die "beste" (im Sinn von ausführlichste und somit auch buchnahe) Version. Ich muss mich halt nur irgendwie mit Gerard Depardieu anfreunden …
Er verkleidet sich ja ständig, vielleicht hilft das! 😉
Zu Recht ein ganz großer Klassiker! Was die Verfilmung betrifft, so bin ich auch ein Fan von der mit Depardieu 🙂