Phantastisch Rezensionen Science Fiction

Nnedi Okorafor – Who Fears Death

Genre: Phantastik/Science Fiction
Seiten: 386
Verlag: DAW
ISBN: 978-0756406172
Meine Bewertung: 3,5 von 5 Sternchen

In einer Gegend, die entweder ein postapokalyptisches oder alternatives Afrika darstellt (das bleibt offen), versklaven die Nuru schon seit Jahren die Okeke – legitimiert durch eine religiöse Schrift. Angriffe auf Okeke-Dörfer und systematische Vergewaltigungen kommen immer häufiger vor. Onyesonwu ist das Kind solch einer Vergewaltigung und als solches überall eine Außenseiterin. Als sich herausstellt, dass sie noch dazu eine Magierin ist, scheint jegliche Eingliederung in die Gesellschaft unmöglich. Ihren Fähigkeiten steht sie hilflos gegenüber, da der Dorfmagier sich weigert, eine Frau auszubilden. Aber Onyesonwu gibt nicht klein bei und kämpft um die Ausbildung und um eine Möglichkeit, die Unterdrückung der Okeke zu beenden.

„Who Fears Death“ ist ein sehr ungewöhnliches Buch, das die Geschichte einer jungen Frau, die lernen muss mit ihren magischen Fähigkeiten umzugehen, mit einem afrikanischen Setting und äußerst brisanten Themen verbindet. Dass dieser Roman kein gemütlicher Spaziergang wird, wird schnell klar, als am Anfang die Vergewaltigung von Onyes Mutter und später die Beschneidung der Ich-Erzählerin beschrieben wird. Auch sonst wird eine ganze Reihe von keineswegs phantastischen Problemen thematisiert, wie etwa die Unterdrückung der Frauen, der Konflikt zwischen verschiedenen Völkern und die Ausgrenzung von Menschen rein aufgrund ihrer Herkunft bzw. ihres Aussehens.

Dennoch ist der Roman gerade in der ersten Hälfte keineswegs so düster, wie man nun vielleicht glauben könnte und das liegt vor allem an den interessanten Figuren. Onye ist direkt, kämpferisch, wütend und stößt die Menschen ihrer Umgebung permanent vor den Kopf, sogar jene, die sie liebt. Sie ist dermaßen auf Konfrontationskurs, dass ich sie beim Lesen nahezu bitten wollte, es ihren Mitmenschen doch manchmal ein wenig leichter zu machen. Es ist daher nicht immer einfach, aus ihrer Sicht zu lesen, aber gerade deshalb ist sie eine faszinierende Hauptfigur.

Man kann sich denken, dass sich mit einer solchen Ich-Erzählerin sehr interessante zwischenmenschliche Konflikte ergeben. Bei all dem Streit, der fast allgegenwärtig in der Luft liegt, spielen aber auch Liebe und Freundschaft eine große Rolle. Mit Mwita, der ebenfalls ein Kind beider Völker ist, entsteht ein wunderbar geschilderte Liebesgeschichte, und mit den anderen drei Mädchen, die gemeinsam mit Onye das Ritual der Beschneidung erlebten, verbindet sie fortan eine tiefe Freundschaft.

Als Onye und die anderen schließlich zu einer Reise aufbrechen, geht es weniger um äußere Konflikte, wie ich zunächst erwartet hätte, sondern vielmehr um eine spannende Gruppendynamik. Bald wird klar, dass in Extremsituationen nicht mehr alle freundschaftlichen Bande Bestand haben können, während andere sich umso mehr festigen.

Das Problem ist allerdings, dass die Konzentration auf die Figuren und ihre Beziehungen zueinander auf Dauer doch ein wenig ermüdend ist. Streckenweise scheint die Handlung komplett auf der Stelle zu treten, während in der Gruppe nahezu seifenoperartige Zustände herrschen.

Das bedeutet noch nicht einmal, dass das zum Lesen langweilig ist, aber wenn sich dann auf den letzten Seiten die Handlung dermaßen überschlägt, dass wichtige Ereignisse beinahe in Nebensätzen abgehandelt werden, hat man doch das Gefühl, dass mit dem Erzähltempo etwas nicht stimmt.

Der andere Grund, weshalb der Roman für mich kein wirkliches Highlight war, ist die Magie. Zunächst fand ich sie sehr interessant geschildert, aber ich hatte den Eindruck, dass sie zusehends schwammiger und unbestimmter wurde. Bei Onyes Reisen in eine Art magische Wirklichkeit hatte ich oft das Gefühl, auf der Strecke zu bleiben – und ich kann bis jetzt nicht genau sagen, ob es sprachliche Probleme waren oder ob mir die Szenen an sich einfach zu rätselhaft blieben.

Leider werden dann auch die meisten Probleme auf eine magische Weise gelöst. Das ist einerseits durchaus stimmig, da genau das ja Onyes große Fähigkeit ist, aber manchmal blieb für mich doch ein schaler Nachgeschmack. Ich hatte (gerade zum Ende hin) nicht das Gefühl, als hätten die Menschen wirklich etwas begriffen oder als wären gewisse Probleme tatsächlich an ihrer Wurzel gepackt worden. Vielmehr hat es ein wenig den Eindruck von oberflächlich drübergestreuter magischer Lösung.

Ich bin mir nicht sicher, ob das beabsichtigt ist. Möglicherweise ist genau das die bittere Aussage, die die Autorin einem mitgeben möchte: Manche schwerwiegende (und immer wiederkehrende) Probleme sind praktisch unlösbar und lassen sich nur noch auf magische Art bekämpfen. Aber ehrlich gesagt fände ich das als Aussage dermaßen desillusionierend und entmutigend (zumal der Roman ja auch sonst nicht vor Fröhlichkeit strotzt), dass ich nicht davon ausgehe, dass einem Nnedi Okorofaor das mit auf den Weg geben möchte.

Abschließend kann ich nur sagen, dass „Who Fears Death“ ein faszinierender und streckenweise auch sehr spannender Roman ist, der sich erfreulich von jeglichem Einheitsbrei abhebt. Leider gab es aber auch so einiges, das mir nicht besonders gut gefallen hat und gerade am Ende blieb für mich ein eher schaler Nachgeschmack.

Eine lohnenswerte Lektüre ist es allemal, aber der Beginn verspricht leider mehr als der Roman dann auf dem letzten Drittel zu bieten hat.

3 thoughts on “Nnedi Okorafor – Who Fears Death

  1. Allein schon das afrikanische Umfeld klingt spannend, ebenso wie das Aufgreifen der diversen realen Probleme – allerdings schreckst du mich mit dem "schalen Nachgeschmack" dann wieder ab. Ich finde es immer so frustrierend, wenn aus einem viel versprechenden Anfang am Ende nichts wird.

    1. Falls dir der Roman in der Bücherei über den Weg läuft (ich selbst hatte ihn aus der Bücher ausgeliehen), würde ich es einfach mal damit probieren.
      Nach den Rezensionen zu beurteilen sind viele auch total begeistert davon und hatten auch beim Ende nichts zu bemängeln. Ich selbst war halt ein wenig enttäuscht, auch wenn ich das afrikanische Umfeld und die tollen Figuren auf jeden Fall lesenswert fand.

    2. In der Bibliothek habe ich – natürlich 😀 – schon geschaut, die haben es nicht im Bestand. Und es reizt mich jetzt nicht so, dass ich mir mit der Suche mehr Mühe machen würde. 🙂

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